Rund 100 Seiten umfasst der Bericht von CVP-Nationalrat Claude Béglé (69), fast eine Stunde dauert die Präsentation davon: Der Politiker erklärt dort seine Sicht auf Nordkorea und die umstrittene Reise, für die er nach positiven Tweets über das Land von Diktator Kim Jong Un einen Shitstorm erntete.
Bei der Präsentation des Berichts gibt sich Béglé kritischer als in den Tweets. «Ich bin kein Fan des Kommunismus. Und ich bin kein Bewunderer totalitärer Regimes!» Die Propaganda im Land sei omnipräsent und die Freiheit der Bürger werde eingeschränkt.
Alter Kampf taut wieder auf
Dass Béglé sich gerade jetzt rechtfertigt, ist kein Zufall. Die CVP im Kanton Waadt ist unter Druck, ihr droht ein Sitzverlust. Doch selbst wenn sie den Sitz halten können, ist nicht sicher, dass Béglé nach Bern zurückkehrt. Denn mit Jacques Neirynck (88) kandidiert auch ein erbitterter Gegner aus den eigenen Reihen.
Béglé und Neirynck verbindet die Partei, doch nicht viel mehr. Neirynck gilt als hochgebildet, hat als Wissenschaftler und Autor Erfolge gefeiert, schreibt die «Aargauer Zeitung». Béglé ist durchsetzungsstark, hat aber einen Hang zu Skandalen und musste als Post-Chef bereits nach zehn Monaten wieder gehen, weil er über nicht deklarierte Nebenjobs in Indien stolperte.
Bereits 2011 wollte Béglé in den Nationalrat einziehen und griff mit einer grossen Wahlkampfkasse den Sitz von Neirynck an. Erfolglos. Neirynck gewann und eine Schlammschlacht sondergleichen begann. Der schon damals über 80 Jahre alte Nationalrat wurde zum Rücktritt aufgefordert, was dieser jedoch ablehnte. Die Quittung kam bei den Wahlen 2015: Neirynck wurde auf eine Seniorenliste versetzt und verpasste dadurch die Wiederwahl. Béglé profitierte und erbte den Sitz. In diesem Jahr stellte die CVP wieder beide auf die gleiche Liste — die späte Rache von Neirynck könnte gelingen.
Keine Kommunikationsfehler
Damit dies nicht passiert, muss Béglé seine Nordkorea-Tweets vergessen machen. Kommunikationsfehler streitet er allerdings ab. «Ich habe schon viele Reisen in kritische Gebiete gemacht, zum Beispiel in den Niger, wo die Terrororganisation Boko Haram aktiv ist. Eine solche Reaktion wie auf diese Tweets habe ich allerdings noch nie erlebt», sagt Béglé.
Ob seine Tweets ihm das Nationalratsmandat kosten könnte, weiss Béglé selbst nicht. «Schlussendlich wird der Wähler entscheiden.» Die zehntägige Reise selbst würde er aber wieder machen.