Es ist auch ein Sieg für Parteipräsident Gerhard Pfister (58): Mit 325 von 383 Stimmen bei einer Enthaltung haben die CVP-Delegierten am Samstag deutlich Ja zum Namenswechsel zur «Mitte» gesagt. Bei einer Urnenabstimmung im Oktober hatte sich die Parteibasis zwar auch schon für den neuen Namen und der Fusion mit der BDP ausgesprochen – doch um daraus beschlossene Sache zu machen, brauchte es auch den Segen von zwei Dritteln der Delegierten.
Auch die Fusion mit der BDP winken die Delegierten nach kurzer Diskussion mit 336 Ja-Stimmen durch. Pfister zeigt sich zufrieden: «Ich freue mich. Packen wir es an!» Bundesrätin Viola Amherd (58), die aus Luzern zugeschaltet wird, stolpert noch kurz bei «unsere Partei, die Mitte». Daran müsse man sich erst gewöhnen, sagt sie, und lacht. «Doch es lohnt sich, mutig und entschlossen Neues zu wagen.»
Ein bisschen wagt Amherd auch gleich selbst: Ausgerechnet, nachdem sich die Partei vom Christentum im Namen verabschiedet hat, zitiert die Bundesrätin in ihrer Rede das geistliche Oberhaupt einer anderen Religion, den Dalai Lama: «Öffne der Veränderung deine Arme, doch verliere deine Werte nicht!»
13 verschiedene Standorte
Ganz so zuversichtlich wie er sich noch in seiner Rede zum Auftakt gegeben hat, war Parteipräsident Pfister offenbar nicht. Kurz vor Bekanntgabe des Resultats muss er sich noch bei den französischsprachigen Journalisten versichern, ob denn der französische Ausdruck für das erreichte Quorum das richtige ist.
Auch den Delegierten ist der Abschied vom C teilweise nicht leichtgefallen. An der dezentral geführten Versammlung wird ausgiebig über den Namenswechsel debattiert. Die einen sitzen dabei in Turnhallen, die anderen in Gemeindesälen: Corona-bedingt ist die Delegiertenversammlung an 13 verschiedenen Standorten abgehalten worden – verbunden per Videoübertragung.
Lange Diskussionen
Dafür, das C zu Grabe zu tragen, nimmt sich die Partei Zeit. Volle 40 Redner legen ihre Pro- und Kontra-Argumente dar. Protest kommt unter anderem aus Luzern, wo aber auch ein eigens gegründetes Komitee im Vorfeld gegen den Namenswechsel gekämpft hat. «Warum dürfen wir nicht zum Begriff christlich stehen?», so der Redner.
Auch aus dem Wallis –wo der Oberwalliser Ständerat Beat Rieder bereits im Vorfeld Protest angemeldet hat – kommen kritische Voten, ebenso aus dem Jura. So mancher befürchtet Profillosigkeit – und warnt davor, dass ein Namenswechsel wenig an den Problemen der Partei ändern wird. Noch ist der Namenswechsel aber nur auf nationaler Ebene gültig. Die Kantonalparteien haben nun vier Jahre Zeit, sich dafür oder dagegen zu entscheiden.
Keine Alternativen zum Namenswechsel
Gleichzeitig warnen die «Mitte»-Befürworter, dass bei einem Festhalten am C die Partei in die Krise schlittern würde. «Seit 35 Jahren politisiere ich in der CVP», sagt etwa der Schwyzer Nationalrat Alois Gmür (65). «Und seit 35 Jahren verliert die Partei.» Das C aber, das dränge die Partei in die «katholische Kirchenecke.»
Und auch Parteipräsident Gerhard Pfister macht zum Auftakt in Zug klar: «Es gibt keinen Plan B». Ohne Ja zum Namenswechsel müsse die Strategie neue ausgearbeitet werden – und zwar kaum von ihm persönlich.
Junge weibeln für «Die Mitte»
Deutliche Voten kommen von den jüngeren CVP-Vertreterinnen und Vertreter, die wenig Lust haben, wegen dem christlichen Namen als «rückständig» zu gelten, wie so einige klar machen.
«Immer wieder werde ich gefragt, warum ich als junge Frau bei der CVP engagiert bin», sagt Sarah Bünter, Präsidentin der Jungen CVP (27). Und das gebe zu denken. Die neue Generation werde die Werte auch unter dem Namen «Mitte» weitertragen, betont Bünter.
Vielleicht habe der Name «Mitte» weniger Profil, räumt eine andere Jung-CVPlerin ein. «Aber es ist an uns, ihn mit Inhalten zu füllen!»
Meinungen klaffen auseinander
Trotz am Schluss klarem Ja zeigt die Diskussion eine Partei mit auseinanderklaffenden Meinungen. Eine, bei der so mancher Redner punkto «Mitte» die Lust an Sprachbildern verbindet, aber sonst wenig. «Wenn wir die Etikette bei einer Flasche Wein wechseln, bleibt der Inhalt immer noch Wein!», wirbt der eine aus Sargans. Ein anderer klagt: «Die CVP ohne C ist wie ein Kompass ohne Nadel!»
Aus dem Vollen schöpfen kann keiner: Pro Redner gibt es drei Minuten Zeit, die strikte eingehalten werden. Was auch dazu führt, dass einem Tessiner Senior das Wort abrupt abgeschnitten wird – weil irgend jemand ihm kurzerhand das Mikrofon abstellt.