Die Corona-Pandemie hat beim Fitnesscenter von Claude Ammann (56) in Zuchwil SO bleibende Spuren hinterlassen. Geschäftlich sei man noch lange nicht auf dem Niveau von vor der Krise, sagt der Solothurner, der als Präsident des Fitnesscenter- und Gesundheitscenter-Verbands amtet. Im Schnitt seien von einst zehn Kunden nur acht bis neun zurückgekehrt.
Ammann ist darum froh, weiter auf Unterstützung des Bundes zählen zu können. Wie über 100'000 weitere Firmen hat er noch immer einen Covid-Kredit. Insgesamt haben sich Firmen 9,4 Milliarden Franken vom Bund geliehen.
Plötzlich wird Zins fällig
Bisher musste Ammann darauf keinen Zins zahlen. Vergangene Woche allerdings entschied der Bundesrat, das zu ändern. Neu werden auf Kredite bis 500'000 Franken 1,5 Prozent Zinsen fällig. Kredite über eine halbe Million wurden schon jetzt verzinst, allerdings nur mit 0,5 Prozent. Auf den 31. März hat sich der Zins auf 2 Prozent erhöht.
Der Bundesrat hat das Recht, einmal jährlich die Zinshöhe anzupassen. Doch was die betroffenen Unternehmen ärgert: Weder der Bund noch die Bank hat sie vorher über die Änderung informiert. Mehrere Firmen bestätigen Blick, erst über die Medien und eher per Zufall von den plötzlichen Zinsen erfahren zu haben. Offenbar beginnen einige Banken erst jetzt, eine Woche nach der Erhöhung, ihre Kunden darüber in Kenntnis zu setzen.
Raiffeisen beispielsweise teilt mit, gleichzeitig wie die Öffentlichkeit vom Bund definitiv über die Zinserhöhung informiert worden zu sein. Man werde den betroffenen Firmenkundinnen und -kunden «in den kommenden Tagen» Bescheid geben. Die Zürcher Kantonalbank hingegen schreibt, schon vergangene Woche informiert zu haben.
«Das ist unsensibel vom Bundesrat»
Gewerbeverbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler (65) findet das Vorgehen «stossend». Noch mehr stört ihn aber, dass der Bundesrat überhaupt auf die Idee kommt, die Zinsen zu erhöhen. «Das ist unsensibel vom Bundesrat.» Schliesslich habe der ehemalige Finanzminister Ueli Maurer (72) im Herbst 2020 beteuert, beim Festlegen des Zinssatzes die Interessen der KMUs höher zu gewichten als jene der Banken.
Verschaukelt fühlt sich auch Fitnesscenter-Betreiber Ammann. «Das ist eine Ohrfeige des Bundesrats», sagt er wütend. Der Bund hatte in seiner Mitteilung vergangene Woche geschrieben, die Anpassung der Zinssätze biete «einen Anreiz, Covid-19-Kredite nicht länger als notwendig zu beanspruchen». Auf diese Weise Druck zu machen, sei zynisch, findet Ammann. Niemand habe ein Interesse, den Kredit länger zu behalten als nötig.
Behörden gehen Covid-Betrüger ins Netz
Bund schiebt Verantwortung auf Banken und Nationalbank
Der Bund verweist auf Nachfrage aufs Gesetz. Dort ist festgehalten, dass das Finanzdepartement die Zinssätze jährlich per 31. März anpassen kann. Weil der Leitzins erhöht wurde, habe man sich für eine Zinserhöhung entschieden. «Der relativ späte Zeitpunkt des Beschlusses und der Publikation ist auf die erst am 23. März erfolgte Bekanntgabe des neuen Leitzinses durch die Schweizerische Nationalbank zurückzuführen.»
Die Schweizerische Bankiervereinigung habe die Banken über die Zinserhöhung informiert. «Wie sich die Banken intern organisiert haben, um sowohl ihre Firmenkundenberater als auch ihre Kunden zu informieren, ist uns nicht bekannt.»
Milliarden für CS, knausrig beim Gewerbe
Besonders stossend ist für die Gewerbler, dass der Bundesrat den Zinsentscheid traf, nachdem er eben erst bereit war, notfalls über 200 Milliarden Franken für die Rettung der Credit Suisse zu sprechen.
«Es scheint, der Bundesrat hat den Kontakt zum Gewerbe in der Schweiz verloren und weiss nicht, was seine Entscheidungen für kleine und mittlere Unternehmen bedeutet», wettert Ammann.