Die Schweiz ist auf gutem Weg: Der R-Wert, der angibt, wie stark sich das Coronavirus weiterverbreitet, liegt im nationalen Durchschnitt zurzeit bei 0,78. Das bedeutet, dass 100 neu Infizierte 78 Menschen anstecken. Auf seinem Höhepunkt Ende September lag der Wert noch bei 1,78.
Für Taskforce-Chef Martin Ackermann (49) ist das ein Grund zur Freude: Halte sich der R-Wert von 0,78, würden sich Neuinfektionen alle zwei Wochen halbieren. Und Anfang Januar auf unter 500 pro Tag fallen, prognostiziert die Taskforce. Zum Vergleich: Am Mittwoch wurden 4876 neue Corona-Fälle gemeldet.
Musterknabe Romandie
Ackermanns Lob für diesen Fortschritt gilt aber nicht allen Kantonen. «Die verschiedenen Regionen der Schweiz unterscheiden sich im R-Wert», sagt er. Und wie der neuste Lagebericht der Taskforce zeigt, ziemlich stark. Auf die Schulter klopfen dürfen sich nur die sechs französischsprachigen Kantone inklusive Wallis. Zwar sind ihre Fallzahlen immer noch hoch. Sie haben aber R-Werte deutlich unter dem nationalen Schnitt, bringen also die Pandemie am besten unter Kontrolle.
Und noch mehr: «Diese Kantone tragen dazu bei, den R-Wert gesamtschweizerisch in dem Mass runterzudrücken, das es erlaubt, das Etappenziel der Schweiz einer Halbierung der Fallzahlen alle zwei Wochen zu erreichen», so Ackermann. Anders formuliert könnte man sagen: Die Romandie sorgt für den Corona-Rückgang. Von den restlichen Kantonen liegen lediglich die kleinen Landkantone Glarus (0,7), Appenzell Innerrhoden (0,71) und Nidwalden (0,73) unter dem Schweizer R-Wert.
Ein gelungenes Comeback
Der R-Wert zeigt aber noch mehr: dass nämlich Mini-Lockdowns und strenge Massnahmen wirklich helfen, die Pandemie zu bekämpfen. Beispiel Freiburg: Seit dem 3. November befindet sich der Kanton in einem Teil-Lockdown. Restaurants und Bars, Museen, Kinos, Theater, Schwimmbäder und andere Freizeiteinrichtungen sind geschlossen. Freiburg ist Spitzenreiter mit dem tiefsten R-Wert von 0,45. Damit sollten sich die Fallzahlen im Kanton alle sechs Tage halbieren.
Alle acht Tage halbieren sich die Corona-Zahlen zurzeit im Wallis. Der Kanton kommt auf einen R-Wert von 0,64. Und auch hier herrscht ein strenges Regime, das der Staatsrat kürzlich bis am 13. Dezember verlängerte. Noch besser beim R-Wert schneiden Genf und die Waadt ab – wo das öffentliche Leben ebenfalls sehr eingeschränkt wurde. Die einstigen Sorgenkinder sind nun also die Vorbilder im Kampf gegen Corona.
Höchstwert in Uri: Die Fallzahl verdoppelt sich alle zwei Wochen
Der Weiterverbreitungsfaktor in den übrigen Kantonen gibt hingegen zu denken. Den absolut höchsten R-Wert vermeldet Uri mit 1,27. Werden keine Massnahmen ergriffen, werden sich die Corona-Zahlen im Innerschweizer Kanton alle zwei Wochen verdoppeln.
Auch Baselland (1,12), Schaffhausen (1,09) und Basel-Stadt (1,05) katapultieren sich mit hohen R-Werten weit weg vom Schweizer Durchschnitt. Letzterer hat nun ebenfalls einen Mini-Lockdown ausgerufen, um diese Entwicklung zu bremsen. Die anderen Kantone haben die Reissleine bis jetzt noch nicht gezogen.
Knapp am R-Wert 1 vorbei schrammen die Kantone Aargau (0,99), Thurgau (0,99), Appenzell Ausserrhoden (0,99), Obwalden (0,99) und St. Gallen (0,95). Hier möchte man erst mal «so weitermachen wie bis jetzt».
Ob es dieser Druck aus dem Osten ist, der die Westschweiz nun wieder dazu bringt, Massnahmen zu lockern? In Genf dürfen die nicht-lebenswichtigen Geschäfte, die seit Anfang November geschlossen waren, am Samstag wieder öffnen. Und ab dem 10. Dezember werden dort sowie in Waadt, Neuenburg, Freiburg, Genf und Jura die Restaurants wieder Gäste bewirten. Bleibt zu hoffen, dass aus den Vorbildern nicht wieder Sorgenkinder werden.