Kein anderer Bundesrat ist im letzten Jahr mehr geflogen als Ignazio Cassis (61), das offenbart die Statistik des Lufttransportdienstes des Bundes. Knapp eine Woche verbrachte der Aussenminister letztes Jahr in der Luft. 156 Stunden, um genau zu sein.
2021 war Cassis aber noch nicht Bundespräsident. Das ist er erst in diesem Jahr. Die vielen Flugstunden lassen sich also nicht mit dem Präsidium erklären. Und auch nur zum Teil dadurch, dass er als Aussenminister häufiger reisen muss als andere Bundesräte. Der Tessiner flog denn auch nicht nur in ferne Länder, sondern zehn seiner Flugreisen führten von Bern ins Tessin.
Cassis hat den längsten Heimweg
Zwar bereiste der jetzige Bundespräsident letztes Jahr Libyen, Thailand, Frankreich und weitere 19 Staaten. Aber die Strecke von Bern-Belp nach Lugano-Agno, dem nächsten Flughafen von seinem Zuhause in Montagnola TI, flog der Südschweizer besonders häufig. Das bestätigt das Departement von Cassis auf Anfrage von Blick.
Der Tessiner hat mit dreieinhalb Stunden mit Zug und Bus natürlich den längeren Nachhauseweg als seine Bundesratskolleginnen und
-kollegen. Böse Zungen in der Bundesverwaltung spotten dennoch übers Taxi Ticino – und meinen damit den Falcon, den Lieblingsjet von Cassis.
Zugutegehalten werden muss Cassis, dass er spätabends keine guten Verbindungen mehr hat und bei einer Abreise um 22 Uhr von Bern erst um 1.30 Uhr in Lugano wäre. Aber: Der Tessiner besitzt auch eine Wohnung in der Bundesstadt. Die Heimreise in die Südschweiz ist also nicht zwingend, wenn es einmal spät wird.
Das EDA weist darauf hin, dass die Flüge «praktisch immer in Verbindung mit einer Verpflichtung im Tessin oder in Bern stattgefunden haben».
Oft abgehoben ist auch Parmelin
Eigentlich würde man annehmen, dass der Bundespräsident wegen seines Amts besonders häufig mit dem Flugzeug verreisen muss. Doch Wirtschaftsminister Guy Parmelin (62), der damals Bundespräsident war, flog im letzten Jahr nur am zweitmeisten. Für die tiefe Zahl dürfte auch Corona mit ein Grund gewesen sein. Auf Parmelin folgt Finanzminister Ueli Maurer (71). Dies geht aus der Statistik des Verteidigungsdepartements hervor.
Dem Lufttransportdienst des Bundes stehen acht Luftfahrzeuge ständig zur Verfügung. Damit flogen die Bundesrätinnen und Bundesräte letztes Jahr während 462 Flugstunden. Über 200 Stunden waren sie mit dem Falcon 900EX unterwegs, dem früheren Flugzeug des Fürsten von Monaco. Insgesamt flog die Regierung deutlich mehr als im Pandemiejahr 2020 (185 Stunden), jedoch weniger als 2019 (554 Stunden).
Angestellte nehmen den Zug
Mit nur elf Flugstunden hob Verteidigungsministerin Viola Amherd (59) am wenigsten ab. Justizministerin Karin Keller-Sutter (58) ist die einzige Bundesrätin, die weniger Zeit in der bundeseigenen Flugzeugflotte verbrachte als ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
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Während die Bundesräte auch für kurze Strecken in den Bundesratsjet einsteigen dürfen, ist das deren Mitarbeitenden nicht erlaubt. Mit dem «Aktionsplan Flugreisen» will die Verwaltung die Treibhausgasemissionen der Bundesverwaltung bis 2030 um 30 Prozent senken.
Der Aktionsplan schreibt den Bundesangestellten vor, dass sie nur mit dem Flugzeug reisen können, wenn die Reise mit der Bahn von Tür zu Tür länger als sechs Stunden dauert und dank dem Flug keine zusätzlichen Übernachtungen verursacht werden. Diese Regelung gilt seit Mitte 2020.