Noch lange keine 100 Tage im Amt, tritt Justizminister Beat Jans (59) im Tessin vor die Medien – und spricht Klartext: «Wer denkt, linke Politik heisst Wegschauen von Problemen, irrt sich», schraubt er die Erwartungen an ihn als SP-Bundesrat hoch.
«Asylzentren sind keine Notschlafstellen», so der Basler weiter. Dass Migranten am Freitagabend bei Bundesasylzentren anklopfen und am frühen Montagmorgen wieder verschwinden, bevor die Behörden mit der Abnahme von Fingerabdrücken starten, ginge so nicht.
Jans macht deutlich, dass diese Übernachtungsgäste vor allem auftauchen, wenn in der Nähe des Zentrums ein Grossanlass stattfindet. Er breitet aus, was er wohl mehrfach von den Sicherheitsbehörden berichtet bekam: Viele von dieser Migranten tauchen nur auf, um das Getümmel für Taschendiebstähle zu nutzen.
Dass ein Linker die Probleme im Asylwesen so offen benennt, wird bei der SP zu reden geben. Der SVP nimmt er damit den Wind aus den Segeln. Sie kann nur noch verlangen, dass auf die schönen Worte Taten folgen. Dabei ist man im zuständigen Staatssekretariat für Migration (SEM) schon sicher: «Jetzt läuft ein anderer Film.» Der neue Asylminister höre zu und handle, wie sich die Migrationsbehörden das wünschten.
Nicht alle Massnahmen, die Jans vorstellt, sind seine Ideen. Manches hatte bereits Vorgängerin Elisabeth Baume-Schneider (60) aufgegleist. Beispielsweise das 24-Stunden-Schnellverfahren für aussichtslose Gesuche. Aber Jans hat entschieden, dies schweizweit zu einzuführen.
Pendenzen abbauen
Werden diese Gesuche schneller erledigt, schafft das Kapazitäten für tatsächlich an Leib und Leben bedrohe Migranten. Und es soll Ressourcen freischaufeln, um die 15'000 Asylgesuche abzuarbeiten, die sich angestaut haben.
Ziel der 24-Stunden-Verfahren ist letztlich, möglichst keine aussichtslosen Gesuche mehr zu bekommen. Denn dieser kleine Teil von Asylsuchenden, die oft wissen, dass nicht bleiben können, ist für den Grossteil der Probleme verantwortlich. Über sie gehen die meisten Beschwerden ein. Sie bereiten der Polizei besonders viel Arbeit, machen in Asylzentren am meisten Ärger und unter ihnen leiden all die anderen Asylsuchenden.
Darum will Jans bei den Problemfällen die Schraube anziehen. Es sollen sämtliche straf- und ausländerrechtlichen Massnahmen «bis hin zur Administrativ- oder Ausschaffungshaft» ausgeschöpft werden, um diese Leute von weiteren Delikten abzuhalten, stellt der Justizminister klar. Hier nimmt er die Kantone in die Pflicht.
Ein neues Kapitel?
Zudem lässt er die Möglichkeit prüfen, den Eintritt in die Asylzentren auf Montag bis Freitag zu beschränken und obligatorisch zu machen, Asylanträge mit sehr geringen Erfolgschancen schriftlich zu begründen. Sollte das klappen, würde die Schweiz im Asylwesen ein völlig neues Kapitel ausschlagen.
Es ist Aufbruchstimmung spürbar. Jans will auch die Kantone wieder an Bord holen. Weil die frühere Justizministerin Karin Keller-Sutter (60) ihnen 2022 schneller als vereinbart und damit mehr Asylsuchende zugewiesen hat, waren diese nachhaltig erbost. Auch Nachfolgerin Baume-Schneider hatte nicht immer ein glückliches Händchen. Auf Vorrat Asylcontainer aufstellen zu wollen, kam schlecht an.
«Es kommt noch mehr»
Jans weiss aus eigener Erfahrung als früherer Regierungspräsident Basels, wovon er redet, und wo die Kantone an Grenzen stossen: Auf dem Gebiet seines Stadtkantons steht ein grosses Bundesasylzentrum – mit allen Problemen.
Und so hört man aus dem Departement, dass es griffige Massnahmen für die Probleme im Asylwesen dem neuen Chef wirklich ein Anliegen seien. Und dass er noch viele Ideen habe. «Bei seiner 100-Tage-im-Amt-Ansprache Anfang April muss er auch noch was zu erzählen haben.»