«Die Wahl bedeutet mir viel»
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Neuer Bundesrat Pfister:«Die Wahl bedeutet mir viel»

Bundesrat Pfister – was für ein Experiment!
Ein Aussenseiter für den härtesten Job der Schweiz

Martin Pfister wurde souverän in den Bundesrat gewählt. Noch vor wenigen Wochen war er in der Schweiz unbekannt. Das sagt Blick zur Wahl.
Publiziert: 11:29 Uhr
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Aktualisiert: 12:38 Uhr
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Vor fünf Wochen kannte ihn kaum jemand ausserhalb der Zentralschweiz, jetzt ist Martin Pfister (61) Bundesrat.
Foto: AFP

Darum gehts

  • Martin Pfister übernimmt als neuer Verteidigungsminister das skandalgeplagte VBS-Departement
  • Pfister steht vor grossen Herausforderungen wie Korruptionsskandal und Armeereform
  • Sieben dringende Aufgaben warten auf den neuen VBS-Chef
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Lucien FluriCo-Ressortleiter Politik

Er weiss, was er zu tun hat. Selten hatte ein neuer Bundesrat ein so klares Aufgabenheft vor sich wie Martin Pfister (61). Denn gesucht wurde in den letzten Wochen kein Bundesrat, sondern ausdrücklich ein Verteidigungsminister. Einer, der das Militärdepartement (VBS) mit all seinen Problemen übernimmt. 

Damit der Neue nicht vergisst, was ihm blüht, knallte ihm Viola Amherd Woche für Woche einen Knüller auf den Tisch. Skandalmeldung folgte auf Skandalmeldung. Was sich die Walliserin in sechs Jahren Amtszeit an Renommé aufgebaut hatte, brach unter dem Druck immer neuer Enthüllungen in kurzer Zeit zusammen. 

Die Favoriten der Mitte-Partei schreckte dies ab. Nicht aber den Aussenseiter Martin Pfister. Der schweizweit wenig bekannte Oberst aus Zug positionierte sich als Stratege mit Regierungserfahrung. In letzter Sekunde sah er seine Chance, stieg ins Rennen gegen Markus Ritter (57) ein und holte auf. Das Parlament schenkte ihm nun das Vertrauen. 

Ein sehr mutiger Entscheid

Was für ein Experiment geht das Parlament ein! Das konfliktreiche, skandalgeplagte und grösste Departement führt jetzt ein Mann, der in der Bundespolitik keine Erfahrung hat und im Parlament wenig vernetzt ist. Auf gewichtige Fragen zog er eben erst noch den Joker. 

Hier wird Martin Pfister vereidigt
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Als Bundesrat gewählt:Hier wird Martin Pfister vereidigt

Dabei kann man kurz und knapp sagen: Verteidigungsminister, das ist aktuell der härteste Job in Bundesbern. Was auf den bisherigen Zuger Gesundheitsdirektor jetzt zukommt, würde selbst einen gestandenen Bundesrat massiv fordern:

  • Ein Korruptionsskandal in Millionenhöhe, der aufzuarbeiten ist.
  • Riesenprojekte, die stocken und noch für Schlagzeilen sorgen könnten.
  • Der Armeechef, der von Bord geht.
  • Ein Nachrichtendienst, in dem miese Stimmung herrscht und der Chef die Nase voll hat.
  • Eine Armee mit massiven Nachwuchsproblemen, während die Pläne zum neuen Dienstmodell abgeschmettert wurden.
  • Die einst angeblich «beste Armee der Welt», die ihre Verteidigungsfähigkeit erst wieder herstellen muss.
  • Ein F-35-Kampfjet aus den USA, dessen Beschaffung nachträglich immer umstrittener wird.

Als ob das alles nicht schon genug wäre – es kommt noch weit mehr auf den neuen VBS-Chef Pfister zu. Die Armee hat ein Finanzierungsproblem, gleichzeitig muss bald – für viel Geld und mit neuen komplexen Beschaffungsprojekten – noch mehr aufgerüstet werden. Die Rüstungsindustrie in der Schweiz ist in der Krise, das Ausland schneidet sie wegen Einschränkungen bei den Waffenausfuhren.

Gleichzeitig verändert Donald Trump die Welt, wie wir sie kannten. Welchen Platz die Schweiz in einer neuen europäischen Sicherheitsarchitektur haben soll (oder ob überhaupt), wird Martin Pfister ausarbeiten müssen. Mit Blick auf die Neutralität wird dies zweifellos grosse Diskussionen auslösen. 

Es braucht mehr als einen Verteidigungsminister

Viola Amherd startete als Gefeierte und geht unter dem Druck all dieser Aufgaben nun beinahe als Gefallene. Ihr Nachfolger bekommt keinen regulären Start. Verschnaufpause gibt es jetzt keine mehr. Das VBS wurde seit dem Angriff auf die Ukraine zum Schlüsseldepartement, die offensichtlich gewordenen Probleme müssen rasch angegangen werden. Martin Pfister muss innert Kürze von null auf 250 hochfahren. Er wird sich zuerst einmal in Bern ein Machtnetz erarbeiten müssen. Ehrgeiz, Willen und Durchsetzungsstärke wird er beweisen müssen. 

Doch Pfister muss mehr sein als ein Verteidigungsminister. Gefragt ist jetzt ebenso eine starke Rolle als Mitglied des Gesamtbundesrates. Viola Amherd scheiterte zuletzt auch daran, dass sie im Gremium keine Mehrheiten mehr fand. Auch wenn sie nur rund 40 Prozent des Wahlvolks repräsentieren, dominieren SVP und FDP mit Karin Keller-Sutter (61), Albert Rösti (57), Guy Parmelin (65) und Ignazio Cassis (63) den Bundesrat. 

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Der neue Mitte-Mann wird Allianzen schmieden und den Viererblock aufbrechen müssen. Auf ihm lastet die Aufgabe, dass sich ein grosser Teil der Bevölkerung besser im Bundesrat vertreten fühlt. Auch das keine einfache Aufgabe. Als Regierungsrat bringt Pfister hier Erfahrung mit. Ja, er machte sich für Mitte-links wählbar, weil seine Positionen zu Europa oder in Gesellschaftsfragen nicht so auf der Linie des Viererblocks waren wie diejenigen seines Konkurrenten Ritter. Das Parlament hat heute mit Pfister nicht in erster Linie einen Verteidigungsminister, sondern einen Bundesrat gewählt. 

Martin Pfister ist nicht zu beneiden. Heute tritt er den härtesten Job der Schweiz an. Als Verteidigungsminister und als Bundesrat. 

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