Bundesrat passt Recht an
Was der EU-Migrationspakt für die Schweiz bedeutet

Der neue EU-Migrationspakt hat auch für die Schweiz Konsequenzen. Nun ist klar, welche. Blick ordnet den Bundesrats-Entscheid ein.
Publiziert: 14.08.2024 um 20:02 Uhr
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Aktualisiert: 15.08.2024 um 14:32 Uhr
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Geflüchtete auf der Balkan-Route Richtung Europa. Mit dem Migrationspakt will die EU die irreguläre Migration eindämmen.
Foto: Getty Images
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Lea HartmannRedaktorin Politik

Jahrelang hat sich die EU über ein neues, gerechteres und effizienteres Asylsystem gestritten. Seit einigen Monaten liegt der neue Migrations- und Asylpakt nun auf dem Tisch. Das betrifft auch die Schweiz. Nun hat der Bundesrat das weitere Vorgehen festgelegt.

Worum gehts beim EU-Migrationspakt?

Die EU hat den Migrations- und Asylpakt vergangenen Mai verabschiedet. Er umfasst ein ganzes Bündel an Massnahmen, die zum Ziel haben, die Aussengrenzen der EU besser zu schützen und die irreguläre Migration einzudämmen.

Neu soll ein Teil der Asylverfahren direkt an den Aussengrenzen durchgeführt werden. Unter anderem bei Personen, die kaum Aussicht auf Asyl haben. Das Verfahren soll maximal zwölf Wochen dauern, währenddessen sollen die Migranten in Zentren an der Grenze untergebracht werden. Ausserdem sollen die Asylsuchenden solidarischer auf die EU-Mitgliedsstaaten verteilt werden.

Ist ein Staat mit besonders vielen Asylsuchenden konfrontiert, können die anderen Mitgliedsstaaten verpflichtet werden, Flüchtlinge zu übernehmen. Tun sie das nicht, werden Strafzahlungen fällig.

Wie betrifft der Migrationspakt die Schweiz?

Der Pakt sei ein «historischer Meilenstein», sagte Justizminister Beat Jans im Frühling. Werde er gut umgesetzt, profitiere davon auch die Schweiz.

Die Schweiz war bei der Erarbeitung des Pakts dabei, denn auch sie hat ein Interesse an einem besser funktionierenden Asylwesen in Europa. Als Teil des Schengen-Raums und als Dublin-Mitgliedsstaat ist die Schweiz zudem verpflichtet, einige neue Regelungen zu übernehmen. Während das Schengen-Abkommen den freien Personenverkehr innerhalb Europas regelt, legt die Dublin-Verordnung fest, welcher Staat für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist. Das neue Grenzverfahren muss und will die Schweiz hingegen nicht umsetzen. Ob sie sich in Krisensituationen an Solidaritätsmassnahmen beteiligt und freiwillig Flüchtlinge zum Beispiel aus Italien oder Griechenland übernimmt, will der Bundesrat weiterhin von Fall zu Fall entscheiden.

Was ändert sich konkret für die Schweiz?

Es sind kleinere, vielfach sehr technische Änderungen, die die Schweiz betreffen. Künftig wird zum Beispiel noch klarer geregelt, welches Land für die Bearbeitung eines Asylgesuchs zuständig ist. Es gelten kürzere Fristen bei der Überstellung eines Asylsuchenden in einen anderen Staat, der fürs Asylgesuch zuständig ist. Eine weitere Änderung: Befragungen von Asylsuchenden im Dublin-Verfahren dürfen neu aufgezeichnet werden. Und von allen Personen über sechs Jahren – bisher lag die Grenze bei 14 Jahren – wird neben den Fingerabdrücken neu auch das Gesichtsbild in der europäischen Asyl-Datenbank gespeichert.

Der Bundesrat befürwortet diese Änderungen.

Gibt es nicht auch einen Migrationspakt der Uno?

Doch! Schon 2018 hat die Uno-Generalversammlung einen globalen Migrationspakt verabschiedet. Auch er hat zum Ziel, die irreguläre Migration besser in den Griff zu kriegen. Obwohl er im Gegensatz zum EU-Pakt nicht verbindlich ist und die Schweiz massgeblich an dessen Erarbeitung beteiligt war, ist eine Teilnahme der Schweiz äusserst umstritten. Das Parlament stellte sich bisher quer – bis heute steht ein Entscheid aus.

Wie geht es nun weiter?

Die EU-Mitgliedsstaaten haben zwei Jahre Zeit, die neuen Regelungen umzusetzen. Diese Frist gilt auch für die Schweiz. Der Bundesrat hat die Änderungen, die die Schweiz betreffen, jetzt in Vernehmlassung geschickt. Kantone, Verbände und andere interessierte Kreise haben bis Mitte November Zeit, Stellung zu den geplanten Änderungen zu beziehen. Gut möglich, dass am Schluss das Volk entscheidet. Gegen die Änderungen wird man das Referendum ergreifen können.

Gibt es erste Reaktionen?

Aus Sicht der SVP handelt es sich beim Migrationspakt um nichts anderes als einen «teuren Rohrkrepierer». Die Kosten für die Teilnahme an Schengen/Dublin beliefen sich für die Schweiz inzwischen auf Hunderte Millionen Franken. Allerdings: Eine Nichtteilnahme dürfte den Bund noch viel teurer zu stehen kommen, wie eine Studie einst ergeben hat.

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe kritisiert hingegen, dass sich der Bundesrat nicht verpflichten will, sich an Solidaritätsmassnahmen zu beteiligen. Sie fordert eine verbindliche Teilnahme, damit die Schweiz ihre politische Mitverantwortung an der europäischen Migrationspolitik auch wirklich wahrnehme.

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