Bundesgericht beschliesst Neustart – wegen Fedpol-Fehlern
Postauto-Skandal wird zum Desaster

Dass tatsächlich jemand für die Millionen-Betrügereien bei Postauto bestraft wird, wird laufend unwahrscheinlicher. Wie das Fedpol selbst sagt, haben die Fehler des Bundesamts für Polizei dazu geführt, dass die Beschuldigten ihre Aussagen angleichen können.
Publiziert: 11.05.2022 um 16:20 Uhr
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Aktualisiert: 11.05.2022 um 19:31 Uhr
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Die Postauto AG hatte seit mindestens 2007 widerrechtlich zu hohe Subventionen kassiert und Gewinne versteckt.
Foto: Siggi Bucher
Pascal Tischhauser

Zurück auf Start. Jetzt ist es besiegelt: Das Verfahren zum Postauto-Skandal muss definitiv neu aufgerollt werden. Das hat das Bundesgericht Anfang April entschieden, wie das heute publizierte Urteil zeigt.

Damit muss die Schweiz weiterhin auf die juristische Aufarbeitung des grössten Subventionsskandals der Geschichte warten. Verschiedene Manager im Post-Konzern, vor allem bei Postauto, sollen Gewinne bei der Verkehrssparte des gelben Riesen jahrelang verschleiert haben, wodurch sie für den subventionieren Personenverkehr zu hohe Abgeltungen erhielten. Sechs frühere Manager von Post und Postauto stehen im Verdacht, sich so des Leistungsbetrugs schuldig gemacht zu haben.

Über 200 Millionen Franken an Steuergeldern hat die Post der öffentlichen Hand – vor allem den Kantonen – zurückzahlen müssen.

Zückerli statt Strafe

Das Bundesamt für Polizei hat im März 2018 zwei externe Ermittler eingesetzt, um den Skandal juristisch aufzuarbeiten. Doch nun hält auch das Bundesgericht als letzte Instanz fest: Das hätte das Fedpol gar nicht tun dürfen!

Statt dass bis heute auch nur einer des Sextetts bestraft wird, erhält laut Bundesgerichtsentscheid erstmal jeder der Beschuldigten eine Parteientschädigung von 4000 Franken – Steuergeld natürlich.

Delikte drohen zu verjähren

Das Fedpol muss einen beachtlichen Teil der Ermittlungsarbeiten nun nochmals neu machen. Laut eigener Angaben hatten die Fedpol-Ermittler über 25 Millionen Datensätze analysiert und rund 70 Befragungen durchgeführt. Das Verfahren zu wiederholen bedeutet einen riesigen zusätzlichen Arbeitsaufwand, der seinerseits wieder hohe Mehrkosten nach sich ziehen wird.

Damit nicht genug: Einerseits könnten damit Delikte verjähren – was das Bundesgericht aber für unwahrscheinlich hält. Andererseits bringt das Urteil auch die Post in Bedrängnis. Sie hält Bonuszahlungen von früheren Managern zurück, die mutmasslich an den Betrügereien bei Postauto beteiligt waren. Es ist offen, wie lange der gelbe Riese diese Boni noch verweigern kann, wenn keine Verurteilung in Sicht ist.

Auch Schadenersatzklagen wollte die Post einreichen. Damit wartet der Staatsbetrieb ebenfalls zu, solange keine juristische Entwicklung absehbar ist.

Beschuldigte können Aussagen ändern

Obendrein befürchtet das Fedpol laut Gerichtsurteil nun, dass die neue Strafuntersuchung von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Dies, weil die Beschuldigten inzwischen Akteneinsicht gehabt haben und – im Gegensatz zu ihrer ersten Befragung – nun wissen, was die anderen zu Protokoll gegeben haben. So können die Beschuldigten ihre Aussagen entsprechend anpassen.

Ob es letztlich zu Verurteilungen kommt, wird immer fraglicher.

Pneus erfunden, Gewinne versteckt, Subventionen erschlichen

Die Bombe platzte an einem Dienstag: Am 6. Februar 2018 gibt Peter Füglistaler (62), Direktor des Bundesamts für Verkehr (BAV), bekannt, Postauto hat im subventionierten Personenverkehr unerlaubte Gewinne geschrieben und diese versteckt.

Wenig später sagt die damalige Post-Konzernchefin Susanne Ruoff (64): «In einer Ecke der Postauto AG ist etwas Unrechtes geschehen.» Sie habe erst im November 2017 durchs BAV davon erfahren.

Nur: So stimmt das nicht. Es war kein kleiner Verkehrsunfall in einer Ecke von Postauto! Mehr als 200 Millionen Franken hat das Unternehmen vom Staat erschlichen. Und noch im Februar machte Blick mit internen Dokumenten publik, dass die Post-Spitze im Bild sein musste über die Vorgänge. Schon im Mai 2013 hatte sie an einer Klausur unter dem Traktandum «Gewinnsicherung» beraten, wie sich die Gewinne im subventionierten Regionalverkehr verstecken lassen.

Dabei war Postauto beim Verstecken einfallsreich: Für jede einzelne Buslinie machte Postauto zwei Rechnungen – und betrog in beiden. So bekamen Bund, Kantone und Gemeinden, die die Postauto-Linien subventionieren, nur zu sehen, was sie sehen sollten – Zusatzkosten für erfundene Pneus, für Diesel und Personal. «Kreative Buchhaltung» halt.

Mitte Februar reichte der Bund Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft (BA) und bei der Berner Staatsanwaltschaft wegen der Gewinnumbuchungen ein – und zwar gegen alle Organe der Post, auch gegen die Geschäftsleitung und die Verwaltungsratsratsmitglieder. Doch weder die BA noch die Berner Staatsanwälte wollten ermitteln, worauf der Bundesrat dem Bundesamt für Polizei (Fedpol) unter der Leitung von Nicoletta della Valle (61) befahl, ein Verwaltungsstrafverfahren zum Postauto-Bschiss durchzuführen.

Am 10. Juni verkündete Susanne Ruoff (64) ihren Rücktritt als Post-Chefin. Einen Tag später stellte der Post-Verwaltungsrat die Geschäftsleitung der Postauto AG per sofort frei.

Das Fedpol beauftragte mit alt Bundesrichter Hans Mathys und dem Neuenburger Kantonsrichter Pierre Cornu zwei externe Verfahrensführer – wofür es aber keine Rechtsgrundlage gibt.

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Die Bombe platzte an einem Dienstag: Am 6. Februar 2018 gibt Peter Füglistaler (62), Direktor des Bundesamts für Verkehr (BAV), bekannt, Postauto hat im subventionierten Personenverkehr unerlaubte Gewinne geschrieben und diese versteckt.

Wenig später sagt die damalige Post-Konzernchefin Susanne Ruoff (64): «In einer Ecke der Postauto AG ist etwas Unrechtes geschehen.» Sie habe erst im November 2017 durchs BAV davon erfahren.

Nur: So stimmt das nicht. Es war kein kleiner Verkehrsunfall in einer Ecke von Postauto! Mehr als 200 Millionen Franken hat das Unternehmen vom Staat erschlichen. Und noch im Februar machte Blick mit internen Dokumenten publik, dass die Post-Spitze im Bild sein musste über die Vorgänge. Schon im Mai 2013 hatte sie an einer Klausur unter dem Traktandum «Gewinnsicherung» beraten, wie sich die Gewinne im subventionierten Regionalverkehr verstecken lassen.

Dabei war Postauto beim Verstecken einfallsreich: Für jede einzelne Buslinie machte Postauto zwei Rechnungen – und betrog in beiden. So bekamen Bund, Kantone und Gemeinden, die die Postauto-Linien subventionieren, nur zu sehen, was sie sehen sollten – Zusatzkosten für erfundene Pneus, für Diesel und Personal. «Kreative Buchhaltung» halt.

Mitte Februar reichte der Bund Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft (BA) und bei der Berner Staatsanwaltschaft wegen der Gewinnumbuchungen ein – und zwar gegen alle Organe der Post, auch gegen die Geschäftsleitung und die Verwaltungsratsratsmitglieder. Doch weder die BA noch die Berner Staatsanwälte wollten ermitteln, worauf der Bundesrat dem Bundesamt für Polizei (Fedpol) unter der Leitung von Nicoletta della Valle (61) befahl, ein Verwaltungsstrafverfahren zum Postauto-Bschiss durchzuführen.

Am 10. Juni verkündete Susanne Ruoff (64) ihren Rücktritt als Post-Chefin. Einen Tag später stellte der Post-Verwaltungsrat die Geschäftsleitung der Postauto AG per sofort frei.

Das Fedpol beauftragte mit alt Bundesrichter Hans Mathys und dem Neuenburger Kantonsrichter Pierre Cornu zwei externe Verfahrensführer – wofür es aber keine Rechtsgrundlage gibt.

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