Das wichtigste Argument für den Einsatz von Sozialdetektiven ist, dass dank ihnen die Sozialversicherungen nicht ungerechtfertigt Millionenbeträge verpulvern. Die Befürworter des neuen Gesetzes beriefen sich dabei immer auf Zahlen der Invalidenversicherung (IV), die zwischen 2009 und 2016 Erfahrungen mit Observationen sammelte.
Laut diesen hätte die IV in dieser Zeit missbräuchliche Renten in der Höhe von fast 1,2 Milliarden eingespart. Rund 320 Millionen Franken davon dank der Versicherungsschnüffler.
Die letztgenannte Zahl ist jedoch falsch, wie Rolf Camenzind, Kommunikationschef des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV), eingesteht. Er bestätigt einen Bericht des SonntagsBlick, nachdem die kantonalen IV-Stellen viel weniger häufig observieren liessen als vom BSV berechnet. So weist die BSV-Statistik für Freiburg rund 70 Observationen aus, laut der IV-Stelle Freiburg waren es aber nur jeweils acht pro Jahr. Auch die Zahlen aus Baselland, St. Gallen oder Bern stimmen offensichtlich nicht.
Alle Zahlen verschwinden von der Webseite
Das Bundesamt hat die falschen Zahlen deshalb aus den Informationen auf ihrer Webseite entfernt. «Zudem haben wir alle IV-Stellen aufgefordert, ihre Zahlen in unserer Statistik zu überprüfen und Fehler zu korrigieren», so Camenzind. «Wir wollen, dass unsere Zahlen stimmen, etwas anderes ist nicht in unserem Sinne.» Sobald man die neuen Berechnungen habe, werde man die Zahlen publizieren.
Politisch wird die falsche Statistik dem BSV und den Befürwortern des Gesetzes aber trotzdem Probleme bereiten. Das ist sich auch Camenzind bewusst: «Immerhin waren unsere Zahlen zu hoch und nicht zu tief. Sonst hätte man uns vorgehalten, wir würden Observationen verheimlichen.»
Gegner kritisieren die IV-Zahlen noch aus anderem Grund
Die Gegner des neuen Überwachungsartikels bemängelten die Zahlen des BSV schon zuvor – wegen der Hochrechnungen: Fliegt zum Beispiel ein Betrüger mit 25 Jahren auf, rechnet die IV, dass sie ungerechtfertigte Renten über 40 Jahre verhindert hat. Gegner kritisieren, dass so vor allem junge Betrüger ins Gewicht fallen, obschon es unwahrscheinlich sei, dass jemand die IV so lange belügen könne. Zudem führten medizinische Fortschritte und neue Gesetze dazu, dass die Rentenansprüche sich veränderten.
Laut BSV-Sprecher Camenzind läuft diese Kritik jedoch ins Leere. «Bei den Hochrechnungen haben wir Korrekturfaktoren angewendet, die genau solche Entwicklungen berücksichtigen.» So werde zum Beispiel einkalkuliert, dass IV-Rentner teils schon vor dem 65. Altersjahr sterben.
Das neue Versicherten-Überwachungsgesetz macht SP-Nationalrat Adrian Wüthrich (38, BE) Sorgen: «Wir haben jetzt schon zu wenig Polizisten. Es ist absehbar, dass das neue Gesetz die Polizeibestände weiter schwächt», sagt der Präsident des Polizeiverbands Bern-Kanton.
In der geplanten Verordnung verlangt der Bundesrat nämlich, dass die neuen Versicherungsdetektive «über eine Polizeiausbildung oder eine gleichwertige Ausbildung» verfügen. «Das könnte für die Polizeikorps zum Bumerang werden», warnt Wüthrich.
Die Versicherungen könnten gut ausgebildete Polizisten abwerben, für deren Ausbildung die Öffentlichkeit viel Geld ausgegeben habe. Um diese Leute zu ersetzen, müsse wieder viel Aufwand betrieben werden. Wüthrich hofft daher auf ein Nein am 25. November. «Das macht den Weg frei für ein besseres Gesetz.»
Das neue Versicherten-Überwachungsgesetz macht SP-Nationalrat Adrian Wüthrich (38, BE) Sorgen: «Wir haben jetzt schon zu wenig Polizisten. Es ist absehbar, dass das neue Gesetz die Polizeibestände weiter schwächt», sagt der Präsident des Polizeiverbands Bern-Kanton.
In der geplanten Verordnung verlangt der Bundesrat nämlich, dass die neuen Versicherungsdetektive «über eine Polizeiausbildung oder eine gleichwertige Ausbildung» verfügen. «Das könnte für die Polizeikorps zum Bumerang werden», warnt Wüthrich.
Die Versicherungen könnten gut ausgebildete Polizisten abwerben, für deren Ausbildung die Öffentlichkeit viel Geld ausgegeben habe. Um diese Leute zu ersetzen, müsse wieder viel Aufwand betrieben werden. Wüthrich hofft daher auf ein Nein am 25. November. «Das macht den Weg frei für ein besseres Gesetz.»