Bündner Corona-Krisenmanager Martin Bühler wird Politiker
Massentest-Pionier will in die Regierung

In der Krise galt er als Massentest-Pionier: Martin Bühler, Chef des Bündner Corona-Stabs. Nun will der Beamte in die Politik einsteigen.
Publiziert: 08.05.2022 um 19:03 Uhr
|
Aktualisiert: 08.05.2022 um 19:39 Uhr
1/7
Wahlplakat für den Kandidaten Martin Bühler (FDP), dieser will bei den Wahlen 15. Mai in die Bündner Regierung gewählt werden.
Foto: keystone-sda.ch
Sophie Reinhardt

Genug getestet, jetzt will er als Regierungsmitglied über die Zukunft des Kantons Graubünden mitentscheiden. Martin Bühler (45) war der Corona-Krisenmanager aus dem Bündnerland, der mit seiner Teststrategie schweizweit für Aufsehen sorgte. Die Krise gab auch den Ausschlag, weshalb er nun kandidiert: «In der Pandemie habe ich gesehen, wie wichtig es ist, was politische Würdenträger entscheiden», so der Leiter des Bündner Amts für Zivilschutz und Militär.

Bei den Wahlen vom 15. Mai will er den FDP-Sitz von Christian Rathgeb (52) verteidigen. Dessen Amtszeit geht im Dezember nach gut elf Jahren zu Ende.

«Testen, testen, testen»

In Graubünden setzten Bühler und sein Team sehr früh auf eine grossflächige Teststrategie. Schulen, Unternehmen und ganze Dörfer – überall wurden Massentests durchgeführt. Das Ziel: asymptomatische Personen finden, so Übertragungsketten unterbrechen. Dies ordnete Bühler zu einem Zeitpunkt an, als Massentests noch einen schlechten Ruf hatten.

Nicht alle waren Fans dieser Pandemiepolitik. Der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (59, SVP) etwa kritisierte die Tests an den Schulen. Bühler schoss daraufhin scharf zurück: «Wenn man die Augen schliesst, sieht man nichts», sagte er an die Adresse Schnegg. «Wir bevorzugen es, hinzuschauen und rechtzeitig zu reagieren.»

Zivilschutzanlage wurde sein Zuhause

Bald galt das Churer Testkonzept jedoch in anderen Kantonen als wegweisend – und überzeugte später den Bund. Die liberale Denkfabrik Avenir Suisse lobte die Bündner Corona-Strategie rückblickend in den höchsten Tönen: «Graubünden war stets einen Schritt voraus, etwa mit der Teststrategie oder der raschen Impfung älterer Personen», hiess es in einem Bericht.

Für diesen Erfolg arbeitete Bühler während der Pandemie fast Tag und Nacht. Er übernachtete monatelang im Zivilschutzzentrum, auch damit er seine Frau Sandra und seine drei Kinder Adelina (5), Maria (11), und Timo (19) in Fideris nicht mit dem Virus ansteckte.

Kindergarten in Afrika

Seine Kindheit verbrachte der Bündner bis zur Einschulung in Afrika, da sein Vater im Albert-Schweitzer-Spital in Lambarene (Gabun) als Chefarzt tätig war. Schweitzers Gedanken «Ehrfurcht vor dem Leben» ist ihm bis heute ein Wegweiser, wie er sagt.

Wann immer in Graubünden eine Katastrophe geschah, war der Leiter des Amts für Zivilschutz und Militär zur Stelle. Etwa beim Felssturz von Bondo, bei welchem 2017 acht Menschen ihr Leben verloren. Genauso bei Waldbränden im Misox oder dem tragischen Absturz der Ju-Air bei Flims, bei dem 20 Menschen starben.

Zuvor leistete der Grenadier-Offizier Auslandseinsätze im Nahen Osten und auf dem Balkan. Für den Bund arbeitete der studierte Politologe etwa an Abrüstungsprojekten in Bosnien mit. Er sagt, diese Erfahrungen hätten ihn gelehrt, auch in schwierigen Situationen einen ruhigen Kopf zu bewahren.

Wahlchancen intakt

Gemäss einer repräsentativen Wahlumfrage des Meinungsforschungsinstituts Sotomo, die von Somedia und Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR) in Auftrag gegeben wurde, stehen die Chancen gut, dass der Krisenmanager die Wahl in die fünfköpfige Regierung schafft. Nur die beiden bisherigen Marcus Caduff (Mitte) und Peter Peyer (SP) schneiden gemäss Umfrage besser ab. Bühler macht von den neuen Kandidaten das beste Resultat und vereint 44 Prozent der Stimmen auf sich. Der bisherige Jon Domenic Parolini (Mitte) muss gemäss Umfrage um seine Wiederwahl bangen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?