Blick hat den Europa-Vergleich gemacht
Die Schweiz gehört zu den Post-Billigländern

Die Post will die Brief- und Päcklipreise erhöhen. Hierzu muss Preisüberwacher Stefan Meierhans grünes Licht geben. Für seine Beurteilungen zieht Monsieur Prix gerne Ländervergleiche heran. Auch Blick hat die Vergleiche konsultiert.
Publiziert: 11.03.2023 um 00:35 Uhr
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Aktualisiert: 11.03.2023 um 10:56 Uhr
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Post-Chef Roberto Cirillo will die Portopreise erhöhen.
Foto: Keystone
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Pascal TischhauserStv. Politikchef

Post-Konzernchef Roberto Cirillo (51) fürchtet sich: Es fehlt das Geld, 2023 werde «besonders anspruchsvoll». Darum sollen wir bald tiefer ins Portemonnaie greifen, wenn wir einen Brief oder ein Päckli aufgeben.

Blick hat den Vergleich gemacht: Wir müssen uns gleich mehrfach geschlagen geben. Bei der inflationsbereinigten Briefpreissteigerung schlägt Litauen die Schweiz. Zwischen 2012 und 2021 stieg das Briefporto in Litauen bloss um 5 Prozent an. Bei uns sind die Briefe in dieser Zeit um 11,8 Prozent teurer geworden – wenn man die Teuerung berücksichtigt. In allen anderen europäischen Ländern war die Preissteigerung aber höher.

Das Schlusslicht ist Finnland: Dort stiegen die Briefpreise im selben Zeitraum um 281,5 Prozent an. Im europäischen Schnitt erhöhten sie sich gar um 85,21 Prozent, wie Zahlen der Deutschen Post zeigen.

1,39 Minuten Arbeit für einen Brief

Laut den Vorgaben der EU soll in den Staaten der Europäischen Union das Versenden eines Standardbriefes innerhalb des Landes «erschwinglich» sein. Um den unterschiedlichen Einkommen Rechnung zu tragen, wird verglichen, wie lange man in den verschiedenen Staaten arbeiten muss, um einen Standardbrief zu verschicken.

Im Durchschnitt musste ein europäischer Industriearbeiter im Jahr 2022 genau 4,44 Minuten arbeiten, damit er sich das Briefporto leisten konnte. Ganz knapp schlägt uns hier Malta. Dort musste ein Arbeiter bloss 1,37 Minuten im Einsatz stehen, damit es für eine Briefmarke auf einem Standardbrief reichte. In der Schweiz waren es 1,39 Minuten. In Estland hingegen steht der Arbeiter fast 10 Minuten an der Maschine, um seiner Liebsten ein paar Zeilen schicken zu können. 9,46 Minuten, um genau zu sein.

Brief braucht bis zu fünf Tage

Von Platz zwei auf drei rutscht die Schweiz, wenn beim Briefpreis neben den Arbeitskosten auch noch die Kaufkraft einberechnet wird: Bei diesen konsolidierten Briefpreisen zahlt eine Malteserin bloss 0,48 Euro für einen Standardbrief. Eine Zyprerin bezahlt 0,65 Euro. Und eine Schweizerin würde natürlich mit Franken bezahlen, doch in der Aufstellung der Deutschen Post sind es auch Euro, nämlich 0,76. Eine Dänin zahlte mehr als viermal mehr: 3,33 Euro.

Wie die Schweiz kennen laut der deutschen Bundesnetzagentur auch andere Länder eine günstigere Briefvariante, bei der die Zustellung länger dauert als bei der teureren Variante – wie bei uns also mit A- und B-Post. In einigen Ländern benötigt die Schneckenpost-Variante bis zu fünf Werktage, bis sie beim Empfänger im Briefkasten ist. Bei uns liegt sie im Normalfall am übernächsten Tag im Briefkasten – und das sollte sogar in einem Bergtal der Fall sein.

Auch bei Päckli vorn

Angesichts der hohen Schweizer Qualität bei der Postzustellung – und des europaweiten Spitzenplatzes beim Preis – wird die von der Schweizerischen Post geforderte Preiserhöhung wegen der gestiegenen Kosten nachvollziehbarer.

Die Post verlangt aber eben nicht nur höhere Briefpreise, sondern auch mehr Geld fürs Päckli. Hier sei ein Ländervergleich schwieriger, da unterschiedliche Gewichtsgrenzen bestünden und die Zustellbedingungen sich unterscheiden – sagt zumindest die Schweizerische Post. So sei beispielsweise die Zustellung an Paketboxen in anderen Staaten üblich. Und unserer Post ist auch kein unabhängiger Ländervergleich für Päckli bekannt.

So lässt die Schweizerische Post von der Uni Freiburg einen Paketpreisindex erstellen. Dieser zeigt für 2022 Folgendes: Nimmt man fürs Schweizer Preisniveau einen Wert von 100, ist Grossbritannien mit 78 günstiger. Auch Österreich mit 80, Belgien mit 82 und Deutschland mit 91 sind billiger. Die nordischen Staaten, aber vor allem die Mittelmeerländer sind teurer. So liegt der Wert für Spanien gar bei 275.

Bundesrat nennt Porto «günstig»

Diesen Paketpreisindex legt die Post jeweils auch den Unterlagen bei, die dem Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation sowie dem Finanzdepartement als Vertreter der Eigentümerschaft der Post zugestellt werden. Auch aufgrund dieser Unterlagen kam der Bundesrat 2022 zum Schluss: «Die Preise der Post bei den Briefen und Paketen sind im internationalen Vergleich eher günstig.»

Post-Chef Roberto Cirillo (51) hat im Blick-Interview gar vor «französischen Verhältnissen» gewarnt, sollte der Preisüberwacher die Porto-Erhöhung ablehnen. In Frankreich gebe es nämlich günstige Tarife für Lieferungen in den Städten und hohe für solche auf dem Land.

Preisüberwacher Stefan Meierhans (54) dürfte Cirillo gehört haben – und die Ländervergleiche wie üblich in seine Überlegungen einfliessen lassen.

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