Bericht zu Bersets Ex-Sprecher Lauener
Bund verletzt Persönlichkeitsrechte von Tausenden

Das Fachamt für Informatik hat nicht gewusst, dass es technisch möglich ist, Mails nur für eine bestimmte Frist auszuhändigen. Weil es darum alle Mails von Alain Bersets Ex-Sprecher Peter Lauener veröffentlichte, hat es die Persönlichkeitsrechte von Tausenden verletzt.
Publiziert: 08.05.2023 um 16:42 Uhr
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Aktualisiert: 08.05.2023 um 18:08 Uhr
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Im Fall Peter Lauener (links), dem Ex-Sprecher von Bundesrat Alain Berset (rechts), habe das Informatikamt mehrfach Persönlichkeitsrechte verletzt.
Foto: Keystone
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Pascal TischhauserStv. Politikchef

Die Herausgabe des ganzen Mailbox-Inhalts von Peter Lauener (52) verletzte nicht bloss die Persönlichkeitsrechte des früheren Chefkommunikators von Innenminister Alain Berset (51), sondern auch der zahlreichen Mailempfänger, wie es im Bericht zur «Informationsherausgabe durch das BIT bei Editionsverfügungen in Strafverfahren» heisst. Diesen haben Blick und andere vom Finanzdepartement (EFD) gestützt aufs Öffentlichkeitsgesetz herausverlangt. Nun drohen dem BIT Klagen.

Statt wie von Sonderermittler Peter Marti (72) verlangt für sechs Wochen lieferte das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) Laueners Mails über Jahre. Der Untersuchungsbericht legt nahe, dass es Tausende Mailempfänger gibt, darunter Journalistinnen und Journalisten, deren Persönlichkeitsrecht vom BIT verletzt wurde. Sonderermittler Marti hatte sich darauf sogar wegen der zu umfangreichen Lieferung beim BIT beklagt, doch genutzt hatte er die Mails dennoch. Marti will in Laueners Mails Anhaltspunkte dafür gefunden haben, dass dieser Marc Walder (57), dem Chef des Blick-Verlangs Ringier, Vorabinfos zu Corona-Massnahmen schickte.

«Freispruch» für Maurer & Co.

Wie die zuständige Bundesrätin Karin Keller-Sutter (59) dem BIT-Direktor Dirk Lindemann am 11. April 2023 schrieb, äussert sich der Bericht nicht zur Verantwortlichkeit einzelner Personen im Bundesamt. Dennoch hält der 19-seitige Bericht fest, dass man untersuchte, ob es aus der damaligen Departementsführung unter Vorsteher Finanzminister Ueli Maurer (72) politisch motivierte Anweisungen gab, mehr Informationen herauszugeben als von Sonderermittler Marti verlangt. Das verneinten sowohl das BIT als auch das Generalsekretariat des EFD. Das decke sich auch mit den Feststellungen der Untersuchung.

Die Herausgabe des gesamten Mailbox-Inhalts entsprach der gängigen Praxis. Laut einer vom BIT vorgelegten Übersicht gingen zwischen 2018 und Anfang 2023 insgesamt 26 Editions- und Sicherungsverfügungen in Strafverfahren ein. Dabei ging es auch in anderen Fällen um Amtsgeheimnisverletzungen, aber auch um Betrug, Urkundenfälschung und Pornografie.

Technisch limitiert?

Das BIT begründete die Praxis primär mit dem Argument, dass eine Beschränkung auf einen bestimmten Zeitraum nur mit Einsichtnahme in die Mails möglich sei. Jedoch ergaben Abklärungen, dass man durchaus technisch eine Einschränkung auf einen festgelegten Zeitraum vornehmen kann. Mit dabei wären dann aber auch Mails, die in dieser Zeit gelöscht wurden.

Darüber, dass die Herausgabe widerrechtlich war, hatte das «Rendez-vous» von Radio SRF zuerst berichtet. Dabei wurde schon bekannt, dass das im EFD zu keiner Strafanzeige führte. Dem Bericht ist nun zu entnehmen, dass das Finanzdepartement davon ausging, dass die Strafverfolgungsbehörden tätig werden.

Auch in anderen Fällen

Wie Blick berichtete, hat die Bundesanwaltschaft tatsächlich Vorabklärungen für ein Strafverfahren aufgenommen. Schliesslich liegt eine Strafanzeige gegen Unbekannt im BIT von Peter Lauener vor.

Dass das Bundesamt immer stets den gesamten Mailinhalt herausgab – was Keller-Sutter nun abgestellt hat – macht die Sache nicht besser. Somit wurden nämlich auch in mehreren anderen Fällen die Persönlichkeitsrechte von Mailempfängern verletzt.

Warten aufs Strafverfahren

Und dass das Fachamt für Informatik nichts von technischen Möglichkeiten weiss, um eine zeitliche Mailauswahl zu treffen, wirft kein gutes Licht auf das BIT. Die gute Nachricht aber: Es gibt keine Anzeichen dafür, dass eine böse Absicht hinter der Herausgabe aller Mails von Lauener stand.

Nur: Durchgeführt hat die Untersuchung die EFD-Rechtsabteilung. Sie spricht somit die eigenen Chefs und die Kollegen des BIT von den Vorwürfen frei. Sollte es zu einem Gerichtsverfahren gegen Mitarbeitende kommen, wird interessant sein, ob die Richter zur selben Ansicht gelangen.

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