Bundesrat will von Kopftuchverbot nichts wissen
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Bei Post, SBB und Co
Bundesrat will von Kopftuchverbot nichts wissen

Post oder auch SBB erlauben Angestellten das Tragen religiöser Symbole. Der SVP ist das ein Dorn im Auge. Doch ihre Forderung nach einem Verbot stösst beim Bundesrat auf taube Ohren.
Publiziert: 06.09.2020 um 20:10 Uhr
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Die Post erlaubt ihrem weiblichen Personal, Kunden am Schalter mit einem Kopftuch zu bedienen – genauso die SBB.
Foto: Keystone

Nein, der Bundesrat hat nicht im Sinn, der Post oder den SBB auf die Finger zu klopfen. Die beiden staatsnahen Betriebe erlauben ihrem weiblichen Personal, Kunden am Schalter auch mit einem Kopftuch zu bedienen. Das aber ist der SVP ein Dorn im Auge. Ihre Begründung: Das islamische Symbol stehe für die Unterdrückung der Frau. Die Post dagegen argumentiert mit der Wahrung der Glaubens- und Gewissensfreiheit.

Der Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (56) will das nicht akzeptieren. Er hat deshalb den Bundesrat aufgefordert, ein Verbot durchzusetzen, «damit die Kundinnen und Kunden, die auf die Dienstleistungen dieser Unternehmen angewiesen sind, nicht schockiert werden oder sich unwohl fühlen». Kopftücher und andere islamische Schleier widersprächen hiesigen Traditionen sowie dem verfassungsmässigen Grundsatz der Gleichheit von Mann und Frau. In öffentlichen Unternehmen dürften sie deshalb nicht toleriert werden.

Jeder Fall wird einzeln beurteilt

Der Bundesrat aber will davon nichts wissen. Einerseits gebe er bundesnahen Unternehmen wie Post oder SBB einzig strategische Ziele vor. «Die Personalpolitik liegt uneingeschränkt in der Verantwortung der Unternehmen», betont er.

Bei den Konzernen sei unter Berücksichtigung der verfassungsmässig geschützten Glaubens- und Gewissensfreiheit das Tragen unterschiedlichster religiöser Zugehörigkeitssymbole am Arbeitsplatz grundsätzlich gestattet. Aber: «Das Tragen eines Kopftuches wird insbesondere bei Mitarbeitenden mit Kundenkontakt individuell beurteilt, um den Schutz des Personals vor allfälligen negativen Reaktionen sicherzustellen», versichert der Bundesrat. Er erkennt für sich also keinen Handlungsbedarf.

Die Regeln sind sehr unterschiedlich

Die Föderation islamischer Dachorganisationen begrüsst das Vorgehen der bundesnahen Betriebe. Aus ihrer Sicht soll die Kompetenz entscheiden, ob jemand eine Stelle erhält, und nicht die Kleidung.

Die Regeln aber sind sehr unterschiedlich. Auch andere staatsnahe Betriebe erlauben religiöse Symbole. In den Solothurner Spitälern etwa dürfen Musliminnen ein weisses Kopftuch tragen. Auch am Unispital Basel ist es gestattet, einzig das Gesicht muss sichtbar bleiben. Im Kanton Genf dagegen ist es verboten, im öffentlichen Dienst religiöse Symbole wie Kopftücher zu tragen. Das hat die Bevölkerung im vergangenen Jahr beschlossen.

Ähnlich sieht es beispielsweise bei Migros oder Coop aus. An deren Kassen sind keine Angestellten mit Kopfbedeckung zu sehen, da sie nicht zur Verkaufsuniform gehört. Hinter den Kulissen dagegen sei Kopfbedeckung durchaus erlaubt. (dba)

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