Olga Plastun (28), ihre Mutter und ihre Grossmutter gehörten zu den ersten Flüchtlingen, die aus der Ukraine in die Schweiz einreisten. Bereits am 6. März kamen die drei Frauen in Biel BE an – noch bevor der Bundesrat am 12. März beschloss, für Ukraine-Flüchtlinge den vereinfachten Schutzstatus S anzuwenden.
Die Ukrainerinnen landeten deshalb im regulären Asylverfahren, als sie sich bei den Behörden meldeten. Mit dem Resultat, dass der Bund – wie bei allen Asylbewerbern – die Pässe der drei einzog. Nur: Bis heute haben Olga Plastun und ihre Familie ihre Ausweise nicht zurückerhalten.
Der fehlende Pass hatte zur Folge, dass die junge Frau eine temporäre Stelle nicht antreten konnte, die ihr Schweizer Bekannter Andreas Gosch (54) für sie organisiert hatte. Auch der Kauf einer SIM-Karte war ohne Pass nicht möglich, ebenso wenig wie das Eröffnen eines Bankkontos.
Gosch, der die Reise der Ukrainerinnen in die Schweiz organisierte, zeigt Verständnis dafür, dass die Behörden angesichts der vielen Ankommenden gefordert seien. Aber er findet: «Ich sehe nicht ein, warum man den Flüchtlingen den Pass überhaupt wegnimmt. Oder warum man ihnen im Gegenzug nicht einen provisorischen Ausweis gegeben hat.»
Laut Daniel Bach, Sprecher des Staatssekretariats für Migration, handelt es sich um «relativ wenige Personen», die in derselben Situation wie Olga Plastun und ihre Familie seien. Die grosse Mehrheit der Ukrainerinnen sei erst nach dem 12. März, nach der Aktivierung des S-Status, in die Schweiz gekommen und habe ihren Ausweis deshalb nicht abgeben müssen. Bach geht davon aus, dass «in den nächsten Tagen» alle betroffenen Personen ihren Pass zugestellt bekommen, zusammen mit der Bestätigung des S-Status.
Immerhin: Olga Plastuns Freundin Vesta Brandt (36) und ihre Tochter – mit denen sie gemeinsam in die Schweiz geflüchtet war und die sich am selben Tag bei den Behörden gemeldet hatten – erhielten ihren Pass mittlerweile zugeschickt. Nun hofft Olga Plastun, dass auch ihr Pass bald im Briefkasten liegt.