Baufirma zofft sich mit Stadt
Bald keine Grossanlässe mehr in Bern wegen Formel-E-Rennen?

Das Formel-E-Rennen 2019 in der Stadt Bern hat viele begeistert – und massive Kritik hervorgerufen. Nun kommt es knüppeldick: Bern sieht sich mit einem Rechtsstreit konfrontiert, der sich auf die gesamte Veranstaltungslandschaft in der Schweiz auswirken könnte.
Publiziert: 30.01.2023 um 19:26 Uhr
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Aktualisiert: 30.01.2023 um 21:01 Uhr
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Das Formel-E-Rennen im Jahr 2019 in der Stadt Bern wurde mit viel Pomp inszeniert.
Foto: imago images / Manuel Winterberger

Das Formel-E-Rennen, das im Juni 2019 in Bern stattfand, gibt bis heute zu Reden. Erst waren die Anwohner muff, weil sie von ihrer linksgrünen Stadtregierung nie gefragt worden sind, ob sie den E-Prix-Event überhaupt wollen.

Dann muckte das Gewerbe auf, das in der unteren Altstadt durch das Rennen litt.

Schliesslich bemühte sich Sicherheitsdirektor Reto Nause (51, Mitte) um Schadensbegrenzung. Er räumte damals ein: «Es sind Fehler passiert, das bedaure ich. Die Anwohnenden des Rennquartiers und die Geschäfte in der unteren Altstadt sind kurz vor dem Event nicht ausreichend informiert worden.»

Trotzdem gab er dem Anlass das Prädikat «ausgezeichnet»: Er wertete den E-Prix als Erfolg. Sagte, die Bilder von der Berner Altstadt im Grün innerhalb der Aareschlaufe seien um die Welt gegangen. Und: Der Anlass würde die Stadt nichts kosten.

Baufirma wartet noch immer auf Geld

Nun, vier Jahre später, droht der Stadt neues Ungemach – und zwar vor Gericht. Die Marti AG klagt gegen die Stadt Bern, wie die «Berner Zeitung» am Montag berichtet. Die Baufirma aus Moosseedorf BE baute 2019 Berns Strassen zur Rennstrecke um. Doch: Das Geld für die Arbeiten kriegte der Bauriese nie.

Denn: Die Veranstalterin Swiss E-Prix Organisations machte sich quasi durch die Hintertüre davon – wenig später war sie Pleite. Firmen, die für den Anlass arbeiteten, blieben auf ihren Forderungen sitzen. Auch die Marti AG. Darum will sie sich die offene Summe von 225’000 Franken von der Stadt Bern holen. Die Parteien werden sich in einigen Monaten vor Gericht wiedersehen.

Die Marti AG beruft sich auf ein sogenanntes Bauhandwerkerpfandrecht. Dieses im Zivilgesetzbuch festgeschriebene Recht gibt einem Handwerker ein Pfandrecht auf dem Grundstück, auf dem er gearbeitet hat. Ein juristischer Kniff, der in einem solchen Zusammenhang wohl erstmals zur Anwendung kommen dürfte.

Stadt Bern hat profitiert – und soll haften

Die Strassen, auf denen die Marti AG für das Rennen gearbeitet hat, gehören der Stadt Bern, so die Argumentation der Baufirma. Auch wenn die Arbeiten der Baufirma nach den Rennen wieder zurückgebaut wurden, so habe die Stadt dennoch davon profitiert.

Die Stadt Bern ihrerseits sieht sich nicht in der Schuld. «Ein Veranstalter vergibt Aufträge an Dritte, und die Stadt soll dafür haften? Wir können doch nicht geradestehen für etwas, das wir nicht unterschrieben haben» sagt Reto Nause der «Berner Zeitung».

Es sei ganz klar der Veranstalter, der seine Verpflichtungen nicht wahrgenommen habe, nicht die Stadt, betonte Nause. Würde die Baufirma mit ihrer Argumentation beim Gericht Gehör finden, wäre das für Bern ein Fiasko. Oder um es in den Worten Nauses zu sagen: «der Todesstoss» für Grossanlässe in der Hauptstadt. Denn: «Bei jedem Anlass, für den Arbeiten am Stadtboden nötig sind, könnten Baufirmen künftig die Stadt haftbar machen.»

Der Berner Sicherheitsdirektor zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass es nicht so weit kommt. «Das wäre ein Präzedenzfall, der auf den gesamten Veranstaltungsort Schweiz erhebliche Auswirkungen hätte», sagte Nause. (oco)

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