Ausgerechnet der russische Präsident wird jetzt zum Garanten für Vernunft
Letzte Hoffnung Putin

So unverhohlen brutal hat noch kein US-Präsident den Russen mit dem Militär gedroht. Selbst während der Berlin- und der Kubakrise waren das Weisse Haus und der Kreml über ein «rotes Telefon» direkt miteinander verbunden. Die Welt kann nur hoffen, dass Putin mehr strategische Vernunft zeigt als Trump.
Publiziert: 11.04.2018 um 23:34 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 05:30 Uhr
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Der US-Zerstörer «Donald Cook» steht vor Syrien in Stellung (Archivbild).
Foto: AFP
Johannes von Dohnanyi

Noch wissen wir nicht, was sich am Samstag vergangener Woche in der syrischen Stadt Duma ereignet hat. War es, wie die USA behaupten, ein Giftgasangriff der syrischen Luftwaffe auf die letzte Islamisten-Bastion in der Gegend um Damaskus? Wollten die Rebellen Präsident Bashar al-Assad ein weiteres Kriegsverbrechen anlasten? Oder steckten, wie das russische Aussenministerium insinuiert, vielleicht sogar die USA selbst hinter dem Angriff?

Sicher ist, dass vor fünf Tagen in Duma fast 50 Menschen starben und weit über hundert verletzt wurden. Ein feiges Verbrechen: Die Weltgesundheitsorganisation spricht von typischen Symptomen eines Giftgasangriffs. Anders als in der Vergangenheit sollen die Experten der Organisation für das Verbot von chemischen Waffen (OPWC) direkt vor Ort in Duma ermitteln dürfen.

Es gibt bisher also weder gesicherte Indizien noch faktische Beweise für Art und Urheberschaft dieser Attacke.

So hat noch kein US-Präsident den Russen gedroht

Und dennoch hat Donald Trump seinen Twitter-Finger mal wieder nicht kontrollieren können und Vergeltungsschläge angekündigt. Damit hat sich der amerikanische Oberbefehlshaber festgelegt. Wenn er bei den eigenen Anhängern nicht als zahnloser Tiger erscheinen will, muss Trump auf seine Drohung jetzt Taten folgen lassen. Mehr noch: Die amerikanische Cruise-Missile-Antwort auf einen mutmasslichen Giftgasangriff vor einem Jahr hat Syrer und Russen offensichtlich wenig beeindruckt. Da muss Trump diesmal kräftig zulegen.

So unverhohlen brutal hat noch kein US-Präsident den Russen mit dem Militär gedroht. Selbst während der Berlin- und der Kubakrise waren das Weisse Haus und der Kreml über ein «rotes Telefon» direkt miteinander verbunden.

Bewaffnete Konflikte entstehen auch aus Dummheit

Heute aber herrscht eisiges Schweigen zwischen den wichtigsten Akteuren. Donald Trump hat in den vergangenen Wochen die meisten moderaten Stimmen in seinem Team entsorgt. Angesichts der Enthüllungen über die russischen Versuche der Einflussnahme auf den US-Wahlkampf kann es sich der impulsive Präsident kaum leisten, bei seinen Anhängern in den Ruf eines politischen Weicheis zu kommen.

Der unmittelbare Profiteur ist Wladimir Putin: Seine Drohantwort, nicht nur alle US-Raketen abzufangen, sondern auch deren schwimmende Abschuss-Plattformen zu zerstören, ist bei den Russen gut angekommen. Auf einmal sind die inländischen Probleme vergessen. Russlands Gesellschaft schart sich um ihren Präsidenten.

Weder Donald Trump noch Putin wollen eine direkte militärische Konfrontation. Aber bewaffnete Konflikte entstehen auch aus Dummheit, Unvorsichtigkeit – oder einfach nur aus männlichem Gorillagehabe.

Es liegt jetzt an Putin die Sache zu richten

Welchen Weg Präsident Trump für die Vereinigten Staaten von Amerika gewählt hat, ist klar. Die Hoffnung der internationalen Gemeinschaft, doch noch in letzter Minute einen Ausweg aus der diplomatischen Sackgasse zu finden, ruht jetzt auf dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem analytisch scharfen Verstand.

Der Besetzer der Krim muss es jetzt richten, der Brandstifter in der Ostukraine. Ausgerechnet! Ob er dieser Rolle gerecht wird? Die nächsten Stunden, höchstens Tage werden es zeigen.

Krieg in Syrien

Seit 2011 tobt der syrische Bürgerkrieg zwischen dem Assad-Regime und verschiedenen Rebellen-Gruppen. Dort engagieren sich auch ausländische Mächte, allen voran Russland und die USA oder die Türkei.

Fast jede dritte weltweit verkaufte Waffe hatte in den vergangenen fünf Jahren einen Abnehmer im Nahen Osten. (Symbolbild)
Fast jede dritte weltweit verkaufte Waffe hatte in den vergangenen fünf Jahren einen Abnehmer im Nahen Osten. (Symbolbild)
KEYSTONE/AP/STR

Seit 2011 tobt der syrische Bürgerkrieg zwischen dem Assad-Regime und verschiedenen Rebellen-Gruppen. Dort engagieren sich auch ausländische Mächte, allen voran Russland und die USA oder die Türkei.

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