Armee warnt Ständerat
Keine RS wegen Asyl-Ansturm?

Der Ständerat will keine Containerdörfer für Asylsuchende. Doch die Armee warnt: Das könnte zur Folge haben, dass man wegen Platzmangels die Rekrutenschule aussetzen müsste.
Publiziert: 05.06.2023 um 09:42 Uhr
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Die Armee stellt dem Bund derzeit Hunderte Plätze für Asylsuchende zur Verfügung.
Foto: keystone-sda.ch

Mit seinem Entscheid stiess der Ständerat nicht nur die Kantone, sondern auch die Armee vor den Kopf. Vergangene Woche hat sich die kleine Kammer gegen Containerdörfer für Asylsuchende ausgesprochen. Der Bundesrat hatte einen Nachtragskredit von 133 Millionen Franken beantragt, um temporäre Unterkünfte für Asylsuchende aufzustellen.

Die Mehrheit der Ständerätinnen und Ständeräte schmetterte den Antrag ab. Sie sind der Meinung, dass der Bund, statt Container aufzustellen, besser die vorhandenen Zivilschutzanlagen nutzt. Im Gegensatz zu Asylministerin Elisabeth Baume-Schneider (59, SP) sieht man kein Problem darin, auch Kinder unterirdisch unterzubringen.

Keine RS wegen Asylsuchenden?

Das Verteidigungsdepartement (VBS) allerdings warnt. Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, gelangte es an die zuständige Finanzkommission des Ständerats. Mehrere Quellen würden bestätigen, dass es in einem Dokument zuhanden der Kommission darauf hinweise, was die Konsequenzen eines Neins wären: Müsse die Armee im Herbst gleich viele Plätze für Asylsuchende zur Verfügung stellen wie heute, müsse die Rekrutenschule ausgesetzt werden. Für die Rekruten hätte man keinen Platz mehr.

Auch der Bundesrat hatte den Bau der Containerdörfer damit begründet, dass die Armee die aktuell zur Verfügung gestellten Unterkünfte teilweise wieder für eigene Zwecke brauche.

Die Armee wollte gegenüber dem «Tages-Anzeiger» keine Stellung zu den Aussagen der Finanzkommission nehmen.

Kantonsvertreter verstimmen Kantone

Wie die Armee haben auch die Kantone Platzsorgen. Steigt die Zahl der Asylsuchenden im kommenden Herbst wirklich so stark wie vom Bund erwartet, brauchen die Kantone und Gemeinden die Zivilschutzanlagen selbst.

Dass nun ausgerechnet die Ständerätinnen und Ständeräte als Vertreter der Kantone einen Entscheid treffen, der entgegen der Interessen der Kantone ist, sorgt für Verstimmung.

Karin Kayser-Frutschi (56), Co-Präsidentin der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD), sagte dem SonntagsBlick: «Ich wünsche mir, dass die Ständeräte mit uns Rücksprache nehmen, bevor sie das Geschäft am Dienstag nochmals behandeln.»

Ständerat soll Entscheid revidieren

Auch die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren appelliert im «Tages-Anzeiger» an den Ständerat. In einem Brief rufen sie die Parlamentarierinnen und Parlamentarier «dringend» dazu auf, dem Kredit zuzustimmen.

Geht der Ständerat noch einmal über die Bücher? Morgen wird sich zeigen, ob die Warnungen von Armee, Kantonen und Gemeinden erhört werden. (lha)

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