Apotheke verweigert Rücknahme von Krebsmedikament
8800 Franken landen im Abfall

Eine Frau kauft ein teures Krebsmedikament. Eine Stunde später will sie es originalverpackt zurückbringen – keine Chance.
Publiziert: 26.02.2024 um 17:32 Uhr
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Aktualisiert: 28.02.2024 um 10:10 Uhr
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Medikamenten müssen oftmals weggeworfen werden.
Foto: Keystone
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Jasmine Helbling
Beobachter

Christian Michel hat Lungenkrebs. Einen, den es möglichst früh zu bekämpfen gilt. Also verordnet die Ärztin Lumykras. Das Medikament soll das Wachstum des Tumors verlangsamen, bestenfalls sogar stoppen. Acht Tabletten muss der 73-jährige Thurgauer täglich schlucken. Kosten: 8800 Franken pro Monat. Mitte Januar bricht der fünfte Behandlungsmonat an. Irene Michel fährt für ihren Mann zur nächsten Apotheke und holt die bestellte Packung ab. So weit, so gewöhnlich. Zurück zu Hause erwartet sie aber eine schlechte Nachricht: «Die Ärztin informierte uns am Telefon, dass die Metastasen weiter gewachsen sind. Die Krebszellen haben nicht auf Lumykras reagiert.» Christian Michel muss das Medikament absetzen und eine Chemotherapie starten.

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Seine Frau reagiert prompt. «Ich rief in der Apotheke an. Es war ja erst eine Stunde vergangen, und die Packung lag sogar noch im Plastiksack.»

Für die Apotheke spielt das keine Rolle. Sie dürfe generell keine Medikamente zurücknehmen, heisst es – ausser zur Entsorgung. So steht es auch in den Leitlinien der Kantonsapothekervereinigung Schweiz. Retouren sind nur dann erlaubt, wenn die Verpackung intakt und eine sachgemässe Lagerung dokumentiert ist. Die zweite Bedingung ist selten erfüllt.

«Sobald ein Medikament die Apotheke verlässt, kann diese die Verantwortung für Lagerung und Hygiene nicht mehr übernehmen», erklärt der Schweizerische Apothekerverband Pharmasuisse. Das Risiko sei bei einem Wiederverkauf zu gross: «Wenn jemand nach der Einnahme schwerwiegende Komplikationen hätte, wäre die Apotheke haftbar.»

Hinzu kommt: Teure Medikamente werden meist für die spezifische Patientin bestellt. Wenn sie vor dem Ablaufdatum nicht an andere Patienten verkauft werden können, bleibt die Apotheke auf den Kosten sitzen. Michels Fall sei unglücklich, wohl aber eine Ausnahme.

8800 Franken für die Tonne. «Wegen einer einzigen Stunde wird ein teures Medikament entsorgt, das eine kranke Person brauchen könnte. Unsere Krankenkasse bezahlt zwar, dafür steigen die Gesundheitskosten stetig an», sagt Irene Michel. Für sie ist klar: Eine Gesetzesänderung wäre nötig.

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