Anti-Nato-Demo vor Botschaft in Wien
Darum protestieren Österreicher gegen die Schweiz

Demonstration vor der Schweizer Botschaft in Wien: Protestiert wurde gegen die Beteiligung am europäischen Raketen-Schutzschirm Sky Shield – wenn auch mit einer merkwürdigen Begründung.
Publiziert: 10.07.2023 um 17:10 Uhr
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Aktualisiert: 10.07.2023 um 17:39 Uhr
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Die Schweiz will beim europäischen Luftverteidigungssystem Sky Shield mitmachen – genauso wie Österreich.
Foto: EPA
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Auch das noch! Als müsste sich Verteidigungsministerin Viola Amherd (61) nicht schon im eigenen Land mit genug Widerstand herumschlagen. Von ganz rechts und ganz links wird der geplante Beitritt zum europäischen Raketen-Schutzschirm Sky Shield als «Natoisierung» der Schweiz angeprangert. Die SVP warnt vor dem Todesstoss für unsere Neutralität.

Am Freitag unterzeichnete Amherd mit dem deutschen Amtskollegen Boris Pistorius (63) und Österreichs Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (53) eine Absichtserklärung.

Doch nun muss sich der Bundesrat auch noch Angriffe aus unserem östlichen Nachbarland gefallen lassen. Nato-Skeptiker im ebenfalls neutralen Österreich nehmen der Schweiz ihre Sky-Shield-Pläne übel. Am Freitag rief die Initiative «Selbstbestimmtes Österreich» (SebÖ) gar zur Protestkundgebung vor der Schweizer Botschaft in Wien auf.

Eigentlich sei Bern schuld

Der konkrete Vorwurf? Ausgerechnet der Schweiz, die bisher standhaft die Weitergabe von Waffen und Munition in die Ukraine verwehrt habe, sei mit ihren Sky-Shield-Plänen eingeknickt – was von der österreichischen Regierung als Vorwand genutzt werde, die eigene Neutralität weiter zu untergraben. Ein schwer nachvollziehbarer Vorwurf.

Während die Veranstalter von rund 150 Demonstrierenden sprechen, schätzt das Schweizer Aussendepartement (EDA) die Zahl auf 60 bis 80. Zu direktem Kontakt mit dem Botschaftspersonal sei es nicht gekommen, sagt EDA-Sprecher Andreas Heller. Auch sonst habe es keine Zwischenfälle gegeben. «Die Demonstration war von der Polizei genehmigt und verlief ruhig.»

Ganz anders als die Nato-Skeptiker sieht Mitte-Bundesrätin Amherd die Neutralität wegen Sky Shield nicht in Gefahr. Die Schweiz und Österreich hätten in einer Zusatzerklärung gewisse Vorbehalte bezüglich Neutralitätsrecht festgehalten. «Jegliche Teilnahme an internationalen Konflikten wird explizit ausgeschlossen», betonte sie. «Wir werden selber entscheiden, in welchem Ausmass wir uns hier beteiligen wollen.»

Vorwürfe gehen viel weiter

Die Vereinigung «Selbstbestimmtes Österreich» aber lässt sich davon nicht beruhigen. Sie wirft Bundeskanzler Karl Nehammer (50) vor, sich weiter der Nato anzunähern und so zum Totengräber der österreichischen Neutralität zu werden. Die Beteiligung der Schweiz werde von der Regierung dabei als Freifahrschein betrachtet.

Und es geht noch viel weiter: Für SebÖ-Mitstreiter Martin Weinberger diene Sky Shield nicht nur zur Abwehr von Raketen, wie stets behauptet. Vielmehr sei es «ein Instrument zur Vorbereitung der Möglichkeit eines atomaren Erstschlags der Nato gegen Russland». Deshalb dürfe Österreich keinesfalls mitmachen. Und die Schweiz auch nicht! Diese Behauptung dürfte in Bern aber nur auf noch mehr Unverständnis stossen.

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