Auf einen Blick
- Bern könnte erstmals eine Stadtpräsidentin erhalten
- Linke Frauen könnten durch Trump-Effekt mehr Stimmen erhalten
- Drei der fünf bisherigen Regierungsmitglieder treten zurück
Am 24. November werden die Regierung und das Parlament der Stadt Bern erneuert – und es könnte sein, dass die Bundesstadt zum ersten Mal in ihrer Geschichte eine Frau als Stadtpräsidentin erhält.
Der bisherige Stadtpräsident Alec von Graffenried (62, Grüne Freie Liste) will seinen Sitz zwar keineswegs freiwillig hergeben. Doch die SP greift mit ihrer bisherigen Gemeinderätin Marieke Kruit (56) nach dem Amt. Jetzt droht von Graffenried, dass ihm die stärkste Partei der Stadt den Sitz abjagt. Das wäre für ihn auch deshalb ein schwerer Schlag, weil Rot-Grün in Bern bisher enge Verbündete waren.
«Linkem Milieu drückt Trumps Wahl auf die Stimmung»
Gerade mit Blick auf die USA vermuten Berner Politikbeobachter, dass sich in der Bundesstadt nun auch noch ein Trump-Effekt breitmachen könnte: Dass linke Frauen aus Solidarität – in der eh schon linksten Stadt der Schweiz – noch mehr Stimmen bekommen. «Dem linken Milieu drückt Trumps Wahl auf die Stimmung, das könnte Marieke Kruit helfen», sagt auch Politologe Michael Hermann (53). Zudem spiele ihr auch der allgemeine Trend in die Karten, dass die Grünen auf Kosten der SP Stimmen verlieren.
Vor vier Jahren konnte alt Nationalrat von Graffenried beim Kampf um das Stadtpräsidium auch noch auf die Unterstützung der Bürgerlichen zählen, welche die SP-Kandidatin Ursula Wyss (51) als Stadtpräsidentin unbedingt verhindern wollten.
Doch dieser Support bleibt dem Stadtpräsidenten dieses Jahr verwehrt. Denn die SVP tritt mit ihrem Kandidaten Janosch Weyermann (29) fürs Stadtpräsidium an, die GLP mit Nationalrätin Melanie Mettler (46).
Von Graffenried droht gar die Abwahl
Mettlers Chancen aufs Stadtpräsidium sind eher klein, gut ist jedoch ihre Aussicht, dass sie es in die Stadtregierung schafft. Denn heuer treten die bürgerlichen Parteien von GLP bis SVP geschlossen mit einer gemeinsamen Liste für die Regierungswahl an. Weil diese im Proporzsystem gewählt wird, zahlt es sich für Parteien aus, sich zu möglichst breiten Bündnissen zusammenzuschliessen.
Gemäss einer Tamedia-Umfrage droht von Graffenried möglicherweise sogar die Abwahl aus der Regierung, wenn die Rot-Grüne-Liste nicht wieder vier Sitze für sich gewinnt. Denn die Befragten bevorzugten ihm gegenüber die stramme Feministin Ursina Anderegg (43), vom Grünen Bündnis. Sollte das eintreten, wäre das eine grosse Überraschung.
Momentan besetzt das linke Lager vier der fünf Sitze in der Regierung. Mit dem breiten bürgerlichen Bündnis könnten ihm aber ein Regierungssitz verloren gehen. Neben Mettler dürfen sich Florence Pärli (34) von der FDP und Mitte-Frau Béatrice Wertli (48) gute Chancen dafür ausrechnen. Damit würde die Stadt künftig wieder von einer Frauenmehrheit regiert.
Matthias Aebischer ist in den Startlöchern
Der Berner Regierung steht eine grosse Rochade bevor: Gleich drei der fünf Bisherigen treten nicht mehr an. Franziska Teuscher (66, Grüne), Michael Aebersold (62, SP) und Reto Nause (53, Mitte) treten zurück.
Ausgezeichnete Aussichten hat darum SP-Nationalrat Matthias Aebischer, (57) er dürfte von Michael Aebersold den SP-Sitz erben und so den Sprung vom Nationalrat in die Stadtberner Regierung schaffen.