Analyse: Gelungener WEF-Auftritt der Schweiz
Jetzt muss der Bundesrat liefern

Die Schweiz hatte sich im Januar 2023 heftige Kritik am WEF gefallen lassen müssen. Als zu passiv galt ihre Haltung der Ukraine gegenüber. Nun ging der Bundesrat in die Offensive – und das mit Folgen. Eine WEF-Bilanz aus Schweizer Sicht.
Publiziert: 18.01.2024 um 20:14 Uhr
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Aktualisiert: 18.01.2024 um 20:44 Uhr
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Verstanden sich gut: Bundespräsidentin Viola Amherd mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Foto: AFP
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Lea HartmannRedaktorin Politik

Das letztjährige Weltwirtschaftsforum (WEF) hatte noch nicht einmal richtig begonnen, da kam es zu einem peinlichen Fauxpas: An einer gemeinsamen Medienkonferenz bezeichnete der deutsche Vizekanzler Robert Habeck (54, Grüne) Bundesrat Albert Rösti (56, SVP) versehentlich als «Kollege Röstli»

Auch dieses Jahr haben sich die beiden Umweltminister, gemeinsam mit Wirtschaftsminister Guy Parmelin (64, SVP), am Rande des WEF getroffen. Ob der deutsche Bundesminister dieses Mal die Aussprache der Namen seiner Amtskollegen im Griff hatte, ist nicht überliefert. Doch fest steht: Der Bundesrat machte heuer in Davos GR eine bessere Figur.

Schweiz setzte Ausrufezeichen

Der «Röstli»-Versprecher Mitte Januar 2023 war dabei nur ein Detail. Die Schweiz stand wegen ihrer Weigerung, Hand zu bieten für die Lieferung von Schweizer Munition in die Ukraine, in der Kritik. Nicht nur Habeck drängte öffentlich zu einem Umdenken. Der Bundesrat geriet am WEF auch von anderer Seite in die Defensive.

Im Kontrast dazu steht der diesjährige Auftritt. Erst empfängt der Bundesrat den chinesischen Premierminister Li Qiang (64) vor dessen Weiterreise nach Davos. Und wenige Stunden später macht ihm der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (45) seine Aufwartung. Damit nicht genug: Gemeinsam mit Selenski verkündet die Bundespräsidentin Viola Amherd (61, Mitte), in der Schweiz einen Friedensgipfel zu planen. So setzte die Landesregierung schon vor dem eigentlichen WEF-Beginn international ein Ausrufezeichen. Selbst der französische Staatspräsident Emmanuel Macron (46), der das Rampenlicht gerne für sich allein beansprucht, musste dem Bundesrat zugestehen, dass diese Friedensinitiative «nützlich» ist.

«Ich ziehe eine positive Bilanz»

Die sechs Bundesrätinnen und Bundesräte – einzig Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider (60) liess sich nicht in Davos blicken – wirkten selbstbewusst und wussten sich in Szene zu setzen. «Ich ziehe eine positive Bilanz vom diesjährigen WEF», sagt Amherd denn auch an einer Medienkonferenz am Donnerstagmittag. Die Verteidigungsministerin hat in ihrer aktuellen Funktion als Bundespräsidentin zig bilaterale Gespräche geführt, unter anderem mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (65), Uno-Generalsekretär António Guterres (74), US-Aussenminister Antony Blinken (61) und mehreren Premierministern.

Aussenminister Ignazio Cassis (62, FDP) tauschte sich unter anderem mit dem Maroš Šefčovič (57) aus, dem für die Schweiz zuständigen Vizepräsidenten der EU-Kommission. Neo-Bundesrat Beat Jans (59, SP) sprach mit dem irakischen Aussenminister über ein Migrationsabkommen. Und Finanzministerin Karin Keller-Sutter (60, FDP) wiederum war unter anderem im Gespräch mit dem Finanzminister von Saudi-Arabien.

Amherd redete Politik und Wirtschaft ins Gewissen

«Die Gespräche haben gezeigt, dass das Engagement, die Verlässlichkeit und die Neutralität der Schweiz bei der Konfliktlösung gefragt sind», zog Amherd ein positives Fazit. Anders als vor einem Jahr habe sie dieses Mal eine «sehr positive und konstruktive Stimmung» der Schweiz gegenüber wahrgenommen, erklärte die Mitte-Bundesrätin auf Blick-Nachfrage. «Es wurde explizit in allen Gesprächen anerkannt, was die Schweiz in der Ukraine leistet, auch im humanitären Bereich.» Sie habe jedes Gespräch genutzt, um für den geplanten Friedensgipfel für die Ukraine zu werben. Ein Thema sei stets auch die Situation im Nahen Osten gewesen.

In ihrer Eröffnungsrede hatte die Bundespräsidentin den Politikern und Managerinnen in Davos ins Gewissen geredet. Wer fordert, solle auch leisten, sagte sie. Und sie schloss ihre Rede mit den Worten: «Machen wir uns an die Arbeit.»

Das gilt nun auch für den Gesamtbundesrat. Mit dem angekündigten Friedensgipfel hat die Schweiz Erwartungen geschürt. Nun muss der Bundesrat liefern. 

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