Herr Couchepin, was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie die Bilder von Donnerstagabend gesehen haben?
Pascal Couchepin: Ich war sehr überrascht, als ich die Medienberichte gelesen habe. Es ist erschreckend, dass die Massnahmenkritiker so viele Menschen mobilisieren können. Entweder, es sind Fanatiker aus der ganzen Schweiz angereist, oder es gibt im Raum Bern eine viel grössere Szene impfkritischer Menschen als angenommen.
Die Demonstrierenden haben «Ueli! Ueli!» gerufen – in Bezug auf Ueli Maurers Provokation, sich ein Trychler-Hemd überzuziehen.
Es ist offensichtlich, dass die SVP versucht, auf der Welle der Corona-Skeptiker zu reiten. Maurer ist da ein bisschen wie ein Teenager: Er spielt mit den Grenzen dessen, was erlaubt ist und was nicht. Auf der anderen Seite ist da der liebe Parmelin, der als Bundespräsident die Linie halten muss.
Sie waren selbst zweimal Bundespräsident. Wäre es nicht an Guy Parmelin, Maurer zur Räson zu rufen?
Nein, diese Provokationen von Maurer sollte man einfach ignorieren. Das ist das übliche SVP-Spiel, Provokationen hat es in der Vergangenheit auch von anderen Parteien gegeben. Unsere Institutionen sind stark genug, das auszuhalten.
Der Walliser Pascal Couchepin wurde im März 1998 zum Bundesrat gewählt. Im Oktober 2009 endete seine Amtszeit. Ueli Maurer seinerseits wurde im Dezember 2008 gewählt. Die beiden verbrachten also knapp ein Jahr gemeinsam in der siebenköpfigen Landesregierung.
Der Walliser Pascal Couchepin wurde im März 1998 zum Bundesrat gewählt. Im Oktober 2009 endete seine Amtszeit. Ueli Maurer seinerseits wurde im Dezember 2008 gewählt. Die beiden verbrachten also knapp ein Jahr gemeinsam in der siebenköpfigen Landesregierung.
Gerade diese Institutionen wurden am Donnerstag angegriffen. Die Provokationen haben also durchaus Folgen.
An einer Demonstration lassen sich die Leute von der Stimmung mitreissen. Gerade, wenn viele junge Menschen teilnehmen, passiert das schnell einmal. Ich würde das nicht überbewerten.
Die Stimmung bleibt allerdings aufgeheizt, die Gesellschaft zunehmend gespalten. Wie sollte die Schweiz denn damit umgehen?
Man muss vor allem nüchtern bleiben. Was mich nachdenklich macht: Vor zwei Jahren sprach man nur von der Klimakrise, jetzt ist die Gesundheitskrise im Fokus. Es gibt eine Grundbewegung von einem Thema zum anderen. Man sollte aber beide nicht vergessen – und praktische Lösungen finden.