Der Einfluss des US-Verteidigungsministeriums ist gross. Und das Pentagon ist nicht bereit, darauf zu verzichten. Seit Jahren kontrollieren die Amerikaner weltweit von ihnen gelieferte Rüstungsgüter – auch in der Schweiz. Sie wollen sicherstellen, dass kein Käuferland gegen US-Interessen verstösst. Darüber berichtete kürzlich der «Tages-Anzeiger».
Das Thema ist brisant, denn am 27. September stimmt die Schweiz über den Kauf neuer Kampfflugzeuge ab. Welcher Typ es aber sein soll, entscheidet alleine der Bundesrat. Vier Modelle stehen zur Auswahl – mit der F/A-18 Super Hornet und der F-35 auch zwei amerikanische Modelle.
Bei früheren Beschaffungen den Neutralitätsgedanken verletzt
Klar ist: Entscheidet sich die Schweiz für einen amerikanischen Jet, muss sie über die gesamte Nutzungsdauer US-Recht akzeptieren. Umstritten ist dabei, welchen Einfluss die USA über die Kontrollen hinaus behalten. So dürften die Schweizer einige Schlüsselgeräte nicht öffnen und analysieren. Damit sei auch die technische Abhängigkeit gross.
Bereits 2015 berichtete die «Aargauer Zeitung», dass die USA etwa das militärische GPS in den F/A-18 jederzeit manipulieren könnten. Auch Bordcomputer würden regelmässig neu programmiert. Gleiches gelte für die Lenkwaffe Amraam, deren Updates ebenfalls alleiniger US-Kontrolle unterliegen. So sei denkbar, dass die Amerikaner die Raketen in ihrem Sinne beeinflussten. Das Verteidigungsdepartement (VBS) und Schweizer Armee aber wollen von Abhängigkeiten in solchem Ausmass jeweils nichts wissen.
Bei der Beschaffung neuer Kampfjets soll die Schweiz aber schon viel weitergegangen sein. Darauf deuten brisante Enthüllungen des Fachmagazins «Flugzeug Classic». 1959 habe die Schweiz «willentlich ihren Neutralitätsgedanken verletzt», schreiben die deutschen Autoren. Mitten im Kalten Krieg habe sie sich vom US-Rüstungskonzern Lockheed zur Verteidigung des Luftraums beraten lassen – und dabei Intimes zur eigenen Wehrbereitschaft verraten.
US-Studie bleibt 80 Jahre lang geheim
Die im Januar 1959 abgelieferte Geheimstudie «Planning Factors for Swiss Air Defense» («Planungsfaktoren für die Luftverteidigung der Schweiz») von Lockheeds Operations Research Division soll auch heute noch reichlich Zündstoff bergen. So reichlich, dass es das VBS streng unter Verschluss hält.
Klar ist: Das Dokument existiert tatsächlich. Unter dem Aktenzeichen 562.7 liegt es gut verschlossen im Bundesarchiv. Ein Einsichtsgesuch von BLICK wird verweigert. Das Dossier unterstehe einer Schutzfrist von 80 Jahren, heisst es vom VBS: «Das Dossier ist damit grundsätzlich frühestens ab 2040 zugänglich.»
Amerikaner empfahlen der Schweiz 150 Abfangjäger
Eingefädelt hätten den bis heute geheimnisumwitterten Deal hohe Schweizer Militärs. Der US-Flugzeugbauer Lockheed hatte schon damals beste Beziehungen ins Pentagon und zur CIA. Basierend auf Geheimdienst-Informationen über den kommunistischen Gegner entstand so das Lockheed-Dossier LAC 541593 – massgeschneidert auf die Bedrohungslage, in der sich die Schweiz gegenüber dem Warschauer Pakt befand.
Die Studie habe geraten, dass für eine kurze Reaktionszeit «rund um die Uhr in 11'000 Meter Höhe auf einem Dreieckskurs über der Schweiz patrouillierende Abfangjäger eine gute Raumüberwachung über dem ganzen Land gewährleisten würden». Lockheed habe rund 150 Jets empfohlen, um 90 Prozent aller fremden Einflüge identifizieren zu können.
Heute plant das VBS den Kauf von 30 bis 40 neuen Jets. Dass ihre Rüstungsgüter regelmässig von den USA kontrolliert würden, mutet dabei fast schon harmlos an.
Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.
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