Die Pandemie – vielleicht auch nur die Schliessung der Grenzen – hat die Lust von Schweizerinnen und Schweizern auf einheimischen Käse erhöht. Derzeit vertilgen sie Gruyère und Appenzeller gar in solchen Mengen, dass zu wenig Milch übrig bleibt, um Butter herzustellen.
Die Folge: Das Kuhland Schweiz muss ausländische Butter importieren. Ähnlich ist das Bild beim Rindfleisch. Auch dort ist die Nachfrage grösser als das inländische Angebot; 2020 wurden deshalb 24'000 Tonnen Rindfleisch eingeführt.
Nun warnt der Bauernverband: Eine Annahme der Trinkwasser-Initiative würde die Importe noch erhöhen. Direktor Martin Rufer (44) verweist auf eine Studie von Agroscope, der landwirtschaftlichen Forschungsstelle des Bundes, laut der die Milchproduktion bei einem Ja zur Vorlage um fünf bis zehn Prozent abnehme, das Rindfleischangebot sogar um neun bis 21 Prozent.
«Gemäss Trinkwasser-Initiative dürfen Bauern, die Direktzahlungen erhalten, nur so viele Kühe halten, wie sie mit dem Futter des eigenen Betriebs ernähren können», erklärt Rufer. Das faktische Verbot, den Kühen zugekauftes Futter zu geben, führe zu tieferen Tierbeständen: «Dadurch werden wir mehr Fleisch aus Ländern importieren, die deutlich weniger strenge Tierschutzvorschriften haben als die Schweiz.» Dem Vieh sei damit kaum gedient. Zudem gebe es hierzulande grosse Flächen, auf denen kein Gemüseanbau möglich sei. «Dort macht es Sinn, Kühe weiden zu lassen.»
Jetzige Nutztieranzahl ist nicht nachhaltig
Initiantin Franziska Herren (53) bestätigt, dass mit der Trinkwasser-Initiative die Nutztieranzahl abnehme. «Genau das ist ja unser Ziel», sagt die Bernerin. «Heute halten wir in der Schweiz so viele Kühe, Schweine und Hühner, dass wir die Wiesen überdüngen, die Waldböden versauern, die Biodiversität abnimmt.» Die heutige Politik führe zur Verschmutzung des Trinkwassers, langfristig zum Kollaps des Ökosystems.
Dass die Tierschutzvorschriften im Ausland oftmals laxer seien, lässt Herren nicht gelten. «Der Bundesrat könnte schon heute beschliessen, nur Importe zu erlauben, die gewisse Standards erfüllen.» Dass er das nicht tue, liege am mangelnden politischen Willen.
Es sei eine Irreführung der Konsumenten, hierzulande produziertes Fleisch als Schweizer Fleisch zu verkaufen – ein grosser Teil der Futtermittel werde importiert. Daher wäre es laut Herren sinnvoller, die Tiere dort zu halten, wo ihr Futter wachse: «Importiertes Fleisch kann nachhaltiger sein als Schweizer Fleisch.»
Am 13. Juni stimmt die Schweiz über die Trinkwasser- und die Pestizid-Initiative ab. Worum gehts bei den beiden Initiativen? Warum sind die Bauern dagegen? Und worin unterscheiden sie sich? BLICK liefert die Antworten auf die drängendsten Fragen.
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