Der AHV-Fonds gerät schon 2019 in Schieflage – es braucht eine schnelle Reform
Der Renten-Zoff geht in die nächste Runde

Die Rentenreform ist gescheitert, jetzt pocht die FDP auf ihren Plan B. Sprich: Frauenrentenalter 65 und tieferer Umwandlungssatz. Das 70-Franken-AHV-Zückerli löst sich in nichts auf.
Publiziert: 25.09.2017 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 15:28 Uhr
Sermîn Faki und Ruedi Studer

Das Nein war nicht wuchtig, aber deutlich genug: Die Schweizerinnen und Schweizer wollen nichts wissen vom Frauenrentenalter 65, von der Senkung des BVG-Umwandlungssatzes und von 70 Franken mehr AHV im Monat. Mit 52,7 Prozent Nein schickte das Stimmvolk das Rentenreform-Gesetz bachab.

Auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der AHV fiel mit 50,05 Prozent Nein durch – bei einem hauchdünnen Mehr von 2357 Stimmen –, wobei das Stände-Nein mit 13½ zu 9½ klarer ausfiel. 

Sieger sind die Bürgerlichen: FDP, SVP und die Deutschschweizer Wirtschaftsverbände. Bei ihnen liegt nun die Deutungshoheit darüber, wie die nächste Rentenreform aussieht.

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FDP-Präsidentin Petra Gössis Plan B sieht zuerst die Rettung der AHV vor, dann die Sanierung der zweiten Säule.
Foto: Keystone

Zuerst die AHV, dann die zweite Säule

Ihr Plan B will vor allem die Verknüpfung von erster Säule (AHV) und zweiter Säule (Pensionskassen) vermeiden. «Unsere Idee ist, dass wir uns zuerst um die AHV kümmern, weil hier der Handlungsbedarf dringender ist», sagt FDP-Präsidentin Petra Gössi. «Und danach um die zweite Säule.»

Dabei hat die FDP schon im Vorfeld skizziert, wie sie sich die Reform vorstellt. Sie will das Frauenrentenalter auf 65 sowie die Mehrwertsteuer zugunsten der AHV um 0,6 Prozent erhöhen. Bei den Pensionskassen soll der Umwandlungssatz auf 6,0 Prozent sinken. Um die damit drohende Rentensenkung auszugleichen, sollen die Beiträge steigen.

Der Plan B baut damit auf der gescheiterten Reform auf, verzichtet aber auf den 70-Franken-AHV-Zustupf. FDP-Chefin Gössi geht davon aus, dass separate Reformen in den beiden Säulen rasch möglich sind. Ob sich das so durchsetzen lasse, hänge aber vom politischen Willen der anderen Parteien ab.

SP definiert rote Linien

Klar ist jetzt schon: Auf den Goodwill der Linken kann Gössi nicht zählen. Jegliche Reform ohne Gegenleistungen bedeute einen Rentenabbau und werde frontal bekämpft, kündigt die SP an. 

SP-Chef Christian Levrat (47, FR) nennt drei rote Linien: «Erstens keine Rentensenkungen, zweitens kein Rentenalter über 65 und drittens kein Abbau in der ersten Säule.» Das bedeutet auch ein Nein zur blossen Erhöhung des Frauenrentenalters. «Rentenalter 65 für alle bedeutet einen Rentenabbau – denn die Frauen erhalten nichts dafür, dass sie ein Jahr länger arbeiten. Das werden wir bekämpfen», droht er.

AHV dreht ins Minus

Doch auch die Linke fürchtet sich vor dem Ruin der AHV. Nach Berechnungen des Bundes sinkt der AHV-Fonds schon 2019 unter 100 Prozent. Das heisst, dass die erste Säule dann weniger als eine Jahresausgabe in Reserve hat. Ohne Reform droht allein im Jahr 2030 ein Sieben-Milliarden-Franken-Defizit. Ohne Gegenmassnahmen ist der AHV-Fonds im Jahr 2031 leer.

Deshalb verlangt auch die Linke rasche Sanierungsmassnahmen, aber auf der Einnahmenseite: Die weitgehend unbestrittene Mehrwertsteuererhöhung zugunsten der AHV soll schnell wieder auf den Tisch. Aber ohne Verknüpfung mit einem höheren Rentenalter.

Doch lässt sich die Rechte darauf ein? Gössi wagt sich nicht auf die Äste hinaus: «Das muss man in der Diskussion anschauen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich das noch nicht beurteilen.»

«Es darf keine reine Abbauvorlage geben»

Linke und Rechte stehen sich also weiterhin unversöhnlich gegenüber. Damit kommt nun der CVP die entscheidende Rolle zu. Macht sie mit bei einer bürgerlich geprägten Vorlage ohne linke Zückerchen? «Wir bieten Hand zu Kompromissen. Klar ist für die CVP aber, dass es keine reine Abbauvorlage geben darf», sagt CVP-Chef Gerhard Pfister (54).

Er will rasch vorwärtsmachen: «Wir werden bereits am Montag eine parlamentarische Initiative einreichen, damit die Neuauflage der Reform nicht mehr vom Bundesrat ausgeht, sondern gleich die Parlamentskommissionen die Arbeit aufnehmen.» Schliesslich liege alles auf dem Tisch und eine neue bundesrätliche Botschaft koste nur unnötig Zeit. 

«Ziel muss sein, bis Ende 2018 eine referendumsfähige Vorlage zu haben», gibt Pfister den Fahrplan vor. «Spätestens 2019 sollten wir wieder abstimmen.»

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