Aber ist sie wirklich gefährlich?
Taskforce warnt vor Monsterwelle

Jeder Zweite dürfte sich in den nächsten Wochen mit Omikron anstecken. Wie viele im Spital landen, wissen aber auch die Experten des Bundes nicht.
Publiziert: 12.01.2022 um 00:33 Uhr
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Kommt vor dem Ende noch der Schrecken? Die Taskforce warnt, dass allein eine «Superinfektionswoche» bis zu 300 zusätzliche Intensivpflege-Patienten verursachen könnte.
Foto: keystone-sda.ch
Gianna Blum, Sermîn Faki

Bis jetzt war Corona ein Schrecken ohne Ende. Folgt jetzt noch das Ende mit Schrecken? Denn ein Ende ist gemäss Tanja Stadler (41) in Sicht. Im Sommer könnte wieder ein einigermassen normales Leben möglich sein, sagte die Präsidentin der wissenschaftlichen Taskforce am Dienstag.

Doch bevor es so weit ist, wird die Omikron-Welle erst noch in schwindelerregende Höhen steigen. Das zeigen Modelle der Taskforce. Bis Ende Januar werde es zu einer «Superinfektionswoche» kommen. «Während des Höhepunkts werden sich in einer einzigen Woche 10 bis 30 Prozent der Bevölkerung anstecken», so Stadler.

Ende Februar haben sich 50 Prozent infiziert

Aktuell verdoppeln sich die Infektionen alle acht bis zehn Tage. Geht es so weiter, wird sich bis Ende Februar mehr als die Hälfte der Schweizer Bevölkerung anstecken, wie die Wissenschaftler ausrechnen.

Dabei wird man nur einen Bruchteil davon auch an den bestätigten Fallzahlen ablesen können – wegen fehlender Testkapazitäten und weil sich relativ gesehen weniger Menschen testen lassen. Die Taskforce und auch das Bundesamt für Gesundheit gehen davon aus, dass die Dunkelziffer von Infizierten dreimal so hoch ist wie die Fallzahlen.

Grosse Unsicherheit bei Spitälern

Die grosse Frage in diesem Szenario: Was heisst das für die Spitäler? Zwar geht das Expertengremium davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit, ins Spital eingewiesen werden zu müssen, bei Omikron 33 Prozent tiefer ist als bei Delta. Doch das könnte die schiere Anzahl Fälle wieder ausgleichen. Und so spuckt das Modell, das die Taskforce für die kommenden Wochen vorlegte, eine enorm grosse Bandbreite aus.

Am unteren Ende des Szenarios verursacht die Super-Infektionswoche 1500 Spitaleinweisungen und etwa 80 zusätzliche Intensivpflege-Patienten pro Woche. Nicht viel mehr, als «was die Intensivstationen schon seit langem bewältigen müssen», wie Stadler anmerkte.

Sollte es aber schlimm kommen, dann richtig: Die Taskforce-Chefin sprach von bis zu 10’000 Spitaleinweisungen und 300 zusätzlichen Intensivpflege-Patienten wöchentlich, die zwei bis vier Wochen nach dem Infektions-Gipfel behandelt werden müssten.

Bei aktuell knapp 280 Patienten in Intensivpflege könnten dereinst also um die 600 Corona-Patienten die Intensivstationen füllen – so viele wie noch nie zuvor in der Pandemie. Zum Vergleich: In der zweiten Welle Ende Oktober 2020 mussten innerhalb einer Woche knapp 1800 Menschen hospitalisiert werden.

«Wir sehen Omikron noch nicht»

Was verwundert: Noch gehen die Hospitalisierungen zurück, obwohl Omikron schon seit etwa drei Wochen dominant ist. Wird die Gefährlichkeit der neuen Variante überschätzt, wie der deutsche Virologe Klaus Stöhr (62) letzte Woche im Blick sagte?

BAG-Frau Virginie Masserey kontert: «Wir sehen Omikron in den Spitälern noch nicht.» Was man derzeit sehe, sei das Abflachen von Delta. Stadler konnte das mit Daten aus dem Unispital Genf unterlegen, wo jeder Corona-Patient auf die Virusvariante untersucht wird. Dort zeige sich, dass Delta sinke, Omikron aber steige. «In der Dynamik von Omikron müssen wir davon ausgehen, dass die Hospitalisierungen wieder steigen.»

Nachher sind wir immun – für eine Weile

Beim Bund geht man kein Risiko ein: Masserey jedenfalls forderte die Spitäler auf, sich vorzubereiten, mehr Kapazitäten zu schaffen und für genügend Personal zu sorgen. Was für alle Branchen gilt, die mit Omikron-bedingtem Mangel rechnen müssen. Es wird damit gerechnet, dass bis zu 15 Prozent der Arbeitnehmer zeitweise ausfallen wird.

Immerhin: Die Monsterwelle werde riesig, aber dafür nur kurz sein, so Stadler. Zwei bis vier Wochen, nachdem der Kamm erreicht sei, würden die täglichen Infektionen wieder auf unter 10’000 fallen. Und dann seien, zumindest für einige Zeit, 65 bis 80 Prozent der Bevölkerung immun gegen Omikron und könnten für ein paar Monate durchatmen. Gegen Herbst, so Stadler, müsse man dann die Immunität der Bevölkerung genau analysieren und wenn nötig frühzeitig Massnahmen ergreifen.

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