8-Millionen-Klage wegen Lockdown
Immobilien-Tycoon zieht Bundesrat vor Gericht

Der Bundesrat wies seine Staatshaftungsklage ab – jetzt geht der Zürcher Immobilientycoon Urs Ledermann vor Bundesgericht.
Publiziert: 22.05.2021 um 19:59 Uhr
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Aktualisiert: 25.05.2021 um 10:27 Uhr
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Bundespräsident Guy Parmelin unterzeichnete die Absage an Ledermann.
Foto: keystone-sda.ch
Reza Rafi

Seine Aktion hatte zu Jahresbeginn für Aufsehen gesorgt: Der Immobilienunternehmer Urs Ledermann aus dem Zürcher Seefeld reichte Staatshaftungsklage gegen den Bundesrat ein. Gefordert werden im «Gesuch um Leistung von Schadenersatz und Genugtuung» vom 12. Januar acht Millionen Franken.

Anlass waren Verluste des Textilreinigungsunternehmens Cleaning Store Company. Der Betrieb musste wegen des Lockdowns gemäss Eigenangaben 30 Stellen abbauen.

1965 vom Schwiegervater gegründet, hatte Ledermann die Firma zusammen mit den heutigen Besitzern – seine Tochter und sein Schwiegersohn – zum florierenden Geschäft mit acht Filialen und 74 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausgebaut.

Gegen Verhältnismässigkeitsprinzip verstossen

Ledermann argumentiert, dass der Schaden auf die Corona-Politik des Bundesrats zurückzuführen sei. Und dieser habe laut dem Kläger unter anderem gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip verstossen sowie aufgrund mangelnder oder fehlerhafter wissenschaftlicher Grundlagen entschieden.

In ihrer Antwort vom 31. März wehrt sich die Landesregierung: Die Verordnungen des Bundesrats seien durch das vom Parlament am 25. September 2020 beschlossene Covid-19-Gesetz gestützt. Durch das Parlament legitimierte Erlasse wiederum seien einer Staatshaftung nicht zugänglich – pikant ist, dass gegen dieses Gesetz noch ein Referendum hängig ist, über das am 13. Juni abgestimmt wird.

In ihrem Schreiben, das von Bundespräsident Guy Parmelin höchstpersönlich unterzeichnet ist, erinnert die Regierung ausserdem an die Härtefallmassnahmen und die Kurzarbeit, die für Unternehmen wie jenes von Ledermann eingerichtet wurden. Darüber hinaus hätten die Geschäftsprüfer des Parlaments bislang «keine unrechtmässige Anwendung von Notrecht durch den Bundesrat» feststellen können. Punkto wissenschaftlichen Rückhalts wird an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Swiss Science Task Force verwiesen.

Schliesslich weist die Exekutive Ledermanns Begehren ab, da dieser mit einem «pauschalen und unsubstanziierten Vorwurf» operieren würde.

Klage beim Bundesgericht

Nun lässt sich Ledermann von der kalten Dusche aus Bern nicht abschrecken, im Gegenteil: Er zieht die Sache nach Lausanne weiter. Am Donnerstag hat Ledermanns Anwalt, der Berner Fürsprecher Patrik Kneubühl, Klage beim Bundesgericht eingereicht. Das 52-seitige Dokument liegt SonntagsBlick vor.

Interessant ist, dass es sich um ein sogenannt kontradiktorisches Verfahren handelt: Die Klägerseite kann unabhängige Sachverständige benennen – und die Parteien werden sich direkt gegenüberstehen.

Für Rechtsvertreter Kneubühl kommt die Sache einem bemerkenswerten Rollentausch gleich: Einst stand er, als Chefjurist des damaligen Justizministers Christoph Blocher, in den Diensten des Bundesrats.

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