«Viel zu teuer!» – «Schrecklicher Service.» – «Die Pizza war überhaupt nicht gut.» Negative Bewertungen auf Google, Tripadvisor und anderen Plattformen ärgern Fabio Regazzi (61). Der Präsident des Gewerbeverbands ist Mitinhaber von drei Restaurants in der Region Locarno. Wie andere Gastrobetriebe sind auch sie ab und zu mit Beschwerden von Gästen konfrontiert.
Das stört Regazzi nicht. «Berechtigte Kritik ist selbstverständlich in Ordnung», sagt er. Doch teilweise stammten die vernichtenden Bewertungen von Menschen, die gar nie in einem seiner Restaurants waren, ist er überzeugt.
Bis 40 Prozent Fake-Bewertungen
Solche Fake-Bewertungen sind ein grosses Problem – nicht nur für Restaurants, sondern auch für viele andere Unternehmen. Beim Kauf eines neuen Grills, der Wahl eines Coiffeur-Salons oder dem Hotel für die nächsten Sommerferien: Weil die Auswahl meist riesig ist, verlassen sich viele Menschen auf das Urteil anderer.
Untersuchungen zeigen jedoch, dass viele Rezensionen auf Google, Tripadvisor und anderen Plattformen gefälscht sind. Gute Bewertungen – oder schlechte bei der Konkurrenz – lassen sich kaufen. Es gibt auch Firmen, die all jenen eine Belohnung versprechen, die ihr Produkt mit fünf von fünf Sternen bewerten.
Das britische Wirtschaftsministerium kam 2023 in einer Studie zum Schluss, dass 11 bis 15 Prozent der Rezensionen auf E-Commerce-Plattformen, die Elektronik, Haushaltswaren, Sport- und Outdoor-Artikel verkaufen, wahrscheinlich gefälscht sind. Andere Untersuchungen gehen sogar von 30 bis 40 Prozent Fake-Bewertungen auf Plattformen wie Amazon aus.
Bund soll aktiv werden
Für Gewerbeverbandspräsident Regazzi zeigt das: Es besteht dringender Handlungsbedarf. Der Tessiner Mitte-Ständerat will, dass der Bundesrat aktiv wird. In einem Vorstoss fordert er, dass die Regierung prüft, welche Massnahmen man treffen könnte, um den Fake-Rezensionen Einhalt zu gebieten.
Die Verwaltung soll unter anderem abklären, wie die Bewertungsplattformen in die Verantwortung genommen werden können. Regazzi verweist auf Regelungen in anderen Ländern, beispielsweise in Deutschland. Vor gut zwei Jahren trat dort ein Gesetz in Kraft, das Plattformen verpflichtet, offenzulegen, ob und wie sie die Echtheit von Kundenrezensionen überprüfen. Allerdings bringt das im Kampf gegen Fake-Kommentare nur wenig. In Österreich wird darum ein Verbot anonymer Bewertungen diskutiert.
«Hürden höher setzen»
«Wir müssen realistisch sein: Gefälschte Bewertungen ganz zu verhindern, ist nicht möglich. Aber wir müssen versuchen, die Hürden dafür höher zu setzen», findet Regazzi. Sein Tessiner Ständeratskollege Marco Chiesa (49, SVP) und die St. Galler SVP-Ständerätin Esther Friedli (47) unterstützen seine Forderung. Friedli führt gemeinsam mit ihrem Ehemann Toni Brunner (49) den Landgasthof Sonne in Ebnat-Kappel. Bewertung auf Google: 4,7 von 5 Sternen.