Die deutsch-italienisch-französische Schlager-Ikone, Tänzerin und Schauspielerin Caterina Valente, die am Montag 93-jährig in ihrem Domizil in Lugano TI starb, hatte sich seit längerem komplett aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Das letzte Foto, das kurz vor ihrem 90. Geburtstag im Januar 2021 von ihren Angehörigen freigegeben wurde, vermittelte einen Eindruck wie aus einer anderen Welt: ihr Haar kurz und silbern, der Blick hellwach.
Caterina Germaine Maria Valente, geboren am 14. Januar 1931 in Paris, war die vielleicht universellste Unterhaltungskünstlerin überhaupt. Akribisch hatte das einstige Artistenkind nach dem Krieg seine Karriere geplant. Und genauso konsequent sagte Valente dem Showzirkus schliesslich Adieu. Interviews gab die Künstlerin, die einst mit ihren Hits die Fernweh-Sehnsüchte der Nachkriegsgeneration bediente und ab den 1960er-Jahren als Jazzsängerin die USA eroberte, schon länger keine mehr.
Aus den Augen, aber nicht aus dem Sinn
Ganz sporadisch meldete sie sich noch auf Facebook zu Wort. «Mein Arzt hatte mich vor einigen Jahren darauf aufmerksam gemacht, dass ich langsam daran denken sollte, mit der Fahrerei aufzuhören. Am nächsten Tag habe ich meinen Führerschein zurückgegeben», schrieb sie zum Beispiel. Oder sie informierte ihre Fans darüber, dass sie ihr Haus in Kalifornien verkauft habe und auch nicht mehr fliege. «Der Grund ist die jetzige US-Regierung, aber ich mag nicht über Politik reden», meinte sie, als noch Donald Trump (78) an der Macht war.
Dass die Sängerin, die in den USA mit Stars wie Dean Martin (1917–1995) oder Bing Crosby (1903–1977) gegen hundert Shows bestritt, sich später derart rar machte, schadete ihr nicht – ganz im Gegenteil. Ihr Ruf und Renommee blieben so absolut intakt. «Für mich ist sie heute noch ein Weltstar. Sie hat Charme und Humor. Sie ist mit nichts zu vergleichen, was heute auf Showbühnen abgeht», schwärmte ihr Freund Pepe Lienhard (78) zu ihrem 90. Geburtstag 2021.
Abenteuerliche Herkunft
Gegenüber Blick erinnerte sich der Bandleader daran, wie sie 1980 in einer Sendung des Schweizer Fernsehens plötzlich zur Gitarre griff und ihn spontan aufforderte, sie beim Latin-Hit «One Note Samba» zu begleiten. «Sie zog in einem Affenzahn los – und ich hetzte mit der Querflöte hinterher.» In den 1980er-Jahren waren er und seine Band auch in ihr damaliges Haus in Montagnola TI eingeladen. «Wir plantschten alle im Pool. Und am Schluss hat sie mir sogar die Haare frisiert.» Sie habe sich aber immer über sein «Français fédéral» geärgert und gemeint: «Als Musiker musst du akzentfrei auf der Bühne sprechen können.»
Dem Tessin blieb die Valente immer treu. «Ich bin eine Pariserin mit italienischer Abstammung, die in der Schweiz lebt und einen deutschen Pass hat», sagte sie einmal über ihre abenteuerliche Herkunft. Ursprünglich entstammten sie und ihre drei Geschwister der schillernden Welt des Variétés. Ihr Vater Giuseppe war Akkordeonist, die Mutter der berühmteste Musik-Clown der 1920er-Jahre. Mit fünf stand die kleine Caterina zum ersten Mal auf der Bühne. Dann kamen schwere Zeiten für die Familie. Die Nazis entzogen den Valentes die Auftrittserlaubnis. Caterina musste sogar im Lazarett arbeiten.
Nie eine Schule besucht
Valentes rasanter Aufstieg begann nach Kriegsende. Ab 1948 nahm sie über Jahrzehnte hinweg fast 1400 Songtitel auf und war damit regelmässig in den Charts vertreten. Mit ihren Hits trat sie ab Mitte der 1950er-Jahre auch in zwölf Spielfilmen auf. Diese gehörten zum damals boomenden Genre der Schlagerfilme und befeuerten das Aufkommen der Vinylplatten.
Aus künstlerischer Sicht waren Werke wie «Liebe, Tanz und 1000 Schlager» von 1955 mit Peter Alexander (1926–2011) jedoch wenig anspruchsvoll. Nach dem Gebrüder-Grimm-Klamauk «Schneewittchen und die sieben Gaukler» 1962 wandte sich Valente vom Kino ab und konzentrierte sich voll auf TV-Shows, Konzerte und Tourneen. Damit sorgte sie in ganz Europa und Übersee für Begeisterungsstürme. Kein Wunder: Die Frau, die nie eine Schule besuchte, konnte die Menschen in 13 Sprachen perfekt unterhalten. Einen kongenialen Bühnenpartner fand sie in ihrem älteren Bruder Silvio Francesco (1927–2000), der für sie bis zu seinem Tod ein Vorbild war.
Allein fühlte sie sich nie
«Silvio fehlt mir jeden Tag, aber ich bin deswegen weder deprimiert oder was mir sonst noch so nachgesagt wird. Ich erfreue mich an jedem Tag, an dem ich am Morgen aufwache», sagte sie in einem ihrer letzten Interviews.
Eine Stütze waren ihr die beiden Söhne und Musiker Eric van Aro (66) und Alexander Budd (50) aus zwei Ehen. Allein fühlte sie sich daher nie. Die Spontaneität habe sie nie verlassen, beteuern Freunde. Paola Felix (73) erinnerte sich anlässlich ihres 90. Geburtstages 2021, wie sie bei ihrem Bühnenabschied von Valente überrascht wurde. «Ich sang eine Strophe ihres Liedes ‹Musik ist die Erinnerung an eine schöne Zeit›, dann den Refrain, als plötzlich hinter mir eine zweite Stimme erklang. Ich drehte mich um und traute meinen Augen nicht. Caterina Valente kam auf mich zu, und wir sangen gemeinsam.» Sie habe sie ein Leben lang inspiriert. «Danke, liebe Catrin, ich verneige mich vor deinem Schaffen», sagte Felix gegenüber Blick.
Dieser Text erschien erstmals im Januar 2021 und wurde aus aktuellen Gründen angepasst und neu publiziert.
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