Hunziker, Studer und Brugger moderieren den ESC
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Geheimnis ist gelüftet:Hunziker, Studer und Brugger moderieren den ESC

Stärken und Schwächen des Schweizer ESC-Moderationstrios
Die Souveräne, das Risiko und der Star

Die SRG hat sich für Sandra Studer, Hazel Brugger und Michelle Hunziker als ESC-Moderatorinnen entschieden. Überraschend ist vor allem die Wahl von Brugger. Studer kommt damit zu ihrem absoluten Karriere-Höhepunkt. Und Hunziker ist der grosse Star in der Frauen-Runde.
Publiziert: 26.01.2025 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 26.01.2025 um 08:54 Uhr
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Sandra Studer, Hazel Brugger und Michelle Hunziker (von links) bei der Präsentation als Schweizer ESC-Moderatorinnen am Montag, 20. Januar, auf dem Novartis-Campus in Basel.
Foto: STEFAN BOHRER

Auf einen Blick

  • SRG präsentiert Frauen-Trio als ESC-Moderatorinnen in Basel
  • Hazel Brugger gilt als Überraschungswahl mit wenig Moderationserfahrung
  • Michelle Hunziker moderiert seit 2004 die TV-Show «Striscia la notizia»
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Jean-Claude GalliRedaktor People

Letzten Montag präsentierte die SRG in Basel Sandra Studer (55), Hazel Brugger (31) und Michelle Hunziker (48) als ESC-Moderatorinnen für den kommenden Mai in Basel. Der Entscheid bewegt die Gemüter immer noch.

Viel zu reden gibt, dass es sich dabei um ein reines Frauen-Trio handelt. Der Vorwurf aus einer bestimmten Männer-Ecke, man fühle sich so nicht repräsentiert, ist angesichts der jahrzehntelangen Männerdominanz im Moderationsgeschäft aber müssig. Und reine Frauenbesetzungen bei Shows liegen gerade im Trend. Danach schielt auch die SRG.

Bedenkenswerter wäre wohl der Kritikansatz gewesen, dass es sich bei Studer, Brugger und Hunziker um drei weisse Mütter handelt, die allesamt in der Deutschschweiz aufgewachsen sind und ein mehr oder weniger konformes Lebensmodell gewählt haben.

Karrierehöhepunkt von Studer

Die SRG selber rühmt sich für ihre Wahl und schreibt von «drei aussergewöhnlichen Frauen, die das Schweizer Motto des ESC ‹Welcome Home› auf kongeniale Weise verkörpern». Gerne spielen wir hier aber den Advocatus Diaboli und schauen etwas genauer hin. Immer mit der Vorstellung von einer Moderationsrolle im Kopf, wie sie eigentlich gedacht wäre: als reine Verbinderin der einzelnen Handlungselemente und unauffällige Lenkerin des Publikums, nie als Selbstdarstellerin oder Handlungsträgerin. 

Betrachten wir die Frauen zuerst einzeln. Die eigentliche Gewinnerin dieser Runde ist Sandra Studer. Altersmässig ist sie als Frau im Herbst ihrer TV-Laufbahn angekommen. Das sagen nicht wir, das ist die bittere TV-Realität. Und bei SRF wird sie nur noch selten eingesetzt. «Darf ich bitten?» versandete nach drei Staffeln in der Corona-Zeit. Und bei den Sports Awards wurde sie 2022 nach neun Shows endgültig durch Fabienne Bamert (37) ersetzt.

Jetzt darf Studer noch einmal auf dem ganz grossen Parkett ran. Es ist ihr absoluter Karrierehöhepunkt, den sie verdient hat. Und nach 1991 und ihrem ESC-Start als Sandra Simó («Canzone per te», Rang 5) schliesst sich ein Kreis. Sie ist eine klassische Schweizer Besetzung: gut und passend ausgebildet (Ballett und Klavier, Germanistik und Musikwissenschaften), nie überbordend, was sie aber auch etwas berechenbar macht.

Brugger als Wundertüte

Im Gegensatz zu Studer und auch Hunziker ist die Wahl von Hazel Brugger eine Überraschung. Brugger ist ein im ganzen deutschsprachigen Raum bekannter Comedian-Star mit wenig einschlägiger Moderationserfahrung. Ihre Leistung an den Swiss Music Awards von 2020, die als Vergleich mit dem ESC einigermassen statthaft ist, war zweifelhaft. Mit ihren Sprüchen, für die sie ihre Fans lieben, wirkte sie bei einem heterogenen Gala-Publikum wie ein Fremdkörper.

Sie für den ESC zu verpflichten, ist ein «Sicherheitsrisiko» und könnte je nach Ausgang ein Fehler oder ein gelungener Überraschungscoup sein. Ihren schrägen, intellektuell unterfütterten Humor wird sie in Basel massiv zurückfahren müssen. Ironie funktioniert bei einem solchen Riesenpublikum kaum. Im Fussball wäre sie eine hochtalentierte Flügelstürmerin, die nun in der Verteidigung aushilft. Doch sie zu verpflichten, war für die SRG unter der Prämisse «jung, frech, frisch» offensichtlich zu verlockend. Hoffen wir, der Wagemut zahlt sich aus.

Hunziker und die Zwischentöne

Michelle Hunziker schliesslich ist DER Star, der Studer und Brugger bei weitem überstrahlt. Zu hoffen ist, dass sie dies nun nicht auch mit dem ESC versucht, sondern sich wirklich vergegenwärtigt, wie gross diese Kulisse ist und wie klein der Spielraum für eine Moderatorin. Ihre letzte vergleichbare Leistung, bei der Udo-Jürgens-Gala auf SRF von vor einem Monat, wurde nicht überall gleich gut aufgenommen und als «abgehoben» und «gestelzt» kritisiert.

Was Hunziker abgeht, sind die Zwischentöne. Entweder gibt sie Vollgas, oder die Garage bleibt zu. Das hat natürlich auch mit ihrem schon vielfach beschriebenen Werdegang zu tun, wo wenig über Ausbildung und Talent, jedoch viel übers Aussehen lief. Und auch die Strahlkraft von Ehemann Eros Ramazzotti (61) als Popstar war in ihren Karriere-Anfängen ein wichtiger Faktor.

Doch sie hat aus dieser Steilvorlage auch etwas Bemerkenswertes erschaffen. In Deutschland und vor allem Italien ist sie seit Jahrzehnten eine feste Grösse und moderiert unter anderem seit 2004 die legendäre TV-Show «Striscia la notizia» vor einem Millionenpublikum. Dies hindert sie gemäss SRG auch, schon bei den Halbfinalen vom 13. und 15. Mai dabei zu sein, wo jetzt «nur» Studer und Brugger zu sehen sind.

Vermutungen, bei diesem Entscheid hätten auch Hunzikers Gagenforderungen eine Rolle gespielt, will die SRG nicht kommentieren. Allerdings lässt sich der Gedanke nicht ganz unterdrücken, ob es eventuell – die nötigen finanziellen Mittel vorausgesetzt – nicht doch möglich gewesen wäre, bei «Striscia la notizia» zugunsten der ESC-Halbfinale einmalig eine andere Lösung zu finden.

Sicher wirkt sich der Umstand, dass Hunziker erst beim Finale vom Samstag, 17. Mai, dazustösst, auf die Dynamik aus. Stänkerer würden es wohl so beschreiben: Am Dienstag und Donnerstag dürfen Brugger und Studer zu zweit die Kohlen aus dem Feuer holen, bevor am Samstag die Meisterin kommt. Und Optimisten freuen sich auf alle drei Abende.

Wenig Platz für Sololäufe

Wirklich wichtig ist grundsätzlich zweierlei: Funktionieren Studer und Brugger zu zweit und funktionieren alle drei zusammen? Unsere Prognose: Das Duo vermutlich eher und besser als das Trio, wo das Absturz-Potential und die Gefahr, dass das Gefüge in zwei ungleiche Teile zerfällt, naturgemäss grösser ist.

Doch am Schluss ist es auch so, dass Duo und Trio beide keinen allzu starken Hebel haben. Der ESC hat einen fixen raum- und zeitfüllenden Ablauf, der wenig Platz für Sololäufe und kühne Experimente lässt. Und der Druck von rund 160 Millionen TV-Zuschauerinnen und -Zuschauern ist mächtig.

Eine Blamage scheint aber ausgeschlossen. Alle Frauen haben ihre Qualitäten, alle sind einzeln erprobt. Ihr erster gemeinsamer Auftritt in Basel vom Montag zeigte zudem, dass sie sich untereinander verstehen. Optisch wirken sie als Ganzes stimmig. Und am Schluss bleibt sowieso die Siegerin oder der Sieger in den Köpfen. Allein durch den ESC wurde noch nie eine Moderatorin zum Star.

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