Gänsehaut, Freudentränen, Euphorie: Das sind die drei Worte, die meinen Besuch beim ersten Semifinale des Eurovision Song Contest 2021 in Rotterdam (Niederlande) am besten beschreiben. Ohne Maske und Abstand wieder mit anderen, fremden Menschen die Musik feiern – das ist derzeit dank dem Modellversuch der niederländischen Event-Industrie in Zusammenarbeit mit der Regierung wieder möglich. Der ESC ist in diesem Jahr ein Testlabor, um zu erforschen, wie die Branche schnell wieder den Betrieb aufnehmen kann.
Insgesamt 3500 Zuschauer sind vor Ort zugelassen. «Im Publikum ist es nicht weniger sicher als daheim auf dem Sofa», versichert mir der Verantwortliche für den Versuch, Dimitri Bonthuis. «Mit den Corona-Tests, einem obligatorischen Fragebogen über den Gesundheitszustand vier Stunden vor dem Anlass und dem Ausschluss von vulnerablen Personen liegt das Risiko für einen Spitalaufenthalt praktisch bei null.»
Negativer Corona-Test und vier Apps benötigt
Um dabei sein zu können, musste ich mich am Veranstaltungstag in der Nähe meines Hotels auf das Coronavirus testen lassen und eine Wartezeit von vierzig Minuten in Kauf nehmen.
Zusätzlich braucht es ganze vier Apps auf dem Smartphone: In einer wird das negative Corona-Test-Ergebnis hinterlegt, eine ist die Contact-Tracing-App der Niederlande, eine zeichnet die Bewegungen des Publikums auf und eine dient zur Kommunikation der Veranstalter mit dem Publikum – dort ist auch das Ticket hinterlegt.
Teststrategie sei für die nächsten Monate sehr wichtig
Die ersten Minuten in der Menschenmenge sind seltsam. «Ich soll nun so nah bei einer fremden Person sitzen? Und dann noch ohne Maske?», sind Gedanken, die mir durch den Kopf gehen. Doch schon beim ersten lauten Bass durch die Boxen ist das alles vergessen: Es wird kräftig gejohlt und gefeiert, als hätte es die Pandemie nie gegeben.
Um das Risiko bei einer Grossveranstaltung richtig einzuschätzen, werden die Bewegungen der Gäste gemessen. Insgesamt drei verschiedene Modelle für den Einlass werden geprüft, zusätzlich wird ermittelt, wie viele Risikokontakte (weniger als 1,5 Meter während mehr als 15 Minuten) es in der Halle gibt. «Wir denken, dass diese Teststrategie in den nächsten paar Monaten sehr wichtig sein wird, um die Pandemie im Griff zu halten», sagt Bonthuis. Fünf Tage nach der Veranstaltung müssen sich die Gäste erneut einem Schnelltest unterziehen.
Mehr zum Eurovision Song Contest
Aktueller ESC-Gewinner hat Corona
Dass der Eurovision Song Contest trotzdem nicht vor Corona-Fällen sicher ist, zeigt das aktuelle Beispiel des amtierenden Eurovision-Gewinners Duncan Laurence (27). Er wurde gestern positiv auf Corona getestet, befindet sich nun in Isolation und darf im Finale von morgen Samstag (21 Uhr, SRF 1) nicht auftreten.
Ich selbst fühlte mich – dank meiner überstandenen Corona-Erkrankung im Dezember und meiner ersten Impfung – im Publikum sicher. Überwältigend waren die Emotionen, wieder bei einem Livekonzert dabei sein zu können. Der organisatorische Aufwand für den Eventbesuch ist allerdings nicht zu unterschätzen: Es erfordert technisches und organisatorisches Talent. Trotzdem: Von mir gibt es für dieses Erlebnis «12 Points».
Heute um 11.30 Uhr berichtet Blick TV über das Schweizer Ergebnis im zweiten Halbfinale vom Eurovision Song Contest. Zu Gast sind unter anderen Sandra Studer (52, ESC-Teilnehmerin 1991), Luca Hänni (26, ESC-Teilnehmer 2019) und Zibbz-Sängerin Co Gfeller (35, ESC-Teilnehmerin 2018).
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