Das war Phä-nemo-nal! Nemo (24) schaffte am Eurovision Song Contest 2024 das Wunder von Malmö: Zuletzt sahen Wettbüros den Kroaten Baby Lasagna (28) mit dem Titel «Rim Tim Tagi Dim» mit über 50 Prozent Gewinnchance als grossen Favoriten, abgeräumt hat am Ende der Schweizer ESC-Act mit dem Titel «The Code». «Ich bin komplett überfordert mit allem, was gerade abgeht», sagte Nemo nach dem Finale zu Blick. «Es ist sehr schwierig, das alles zu verarbeiten, was passiert ist.»
Für Nemo ist der Sieg am grössten Musikwettbewerb der Welt ein riesiger Meilenstein. Offen verpackte das Gesangstalent aus Biel BE die Geschichte zur Findung der eigenen Non-Binarität in das Lied. Den Menschen der nicht-binären Gemeinschaft eine Stimme zu geben, sei sehr wichtig, betonte Nemo immer wieder.
Nemo
Spitzenwerte für Nemo
Das kam vor allem bei der professionellen Musikjury des ESC an. 22 der 37 Teilnehmer vergaben die Höchstpunktzahl an den Schweizer Act – neuer Rekord! Nemo sicherte sich mit 365 Punkten zudem die zweithöchste Juroren-Wertung aller Zeiten. Mehr Punkte erreichte mit 382 Punkten bisher nur der Portugiese Salvador Sobral (34) mit der Ballade «Amor Pelos Dios» im Jahr 2017. Und über die gesamte Wertung gesehen sichert sich Nemo in der ewigen Bestenliste den vierten Platz, direkt vor der letztjährigen Gewinnerin Loreen (40, «Tattoo»), die den ESC für Schweden nach Malmö holte.
Der ESC-Triumph stellt sich in die Reihe vieler Erfolge, die das Musiktalent aus dem Kanton Bern feierte. 2013 machte Nemo im Alter von 13 Jahren im Musical «Ich war noch niemals in New York» mit und legte dabei einen riesigen Enthusiasmus an den Tag. Allein fuhr Nemo jeweils mit dem Zug von Biel zu den Proben nach Zürich, um spätabends müde, aber glücklich wieder ins Seeland zurückzukehren. Damals habe Nemo für die Kunst so richtig Feuer gefangen und die Magie des Augenblicks gespürt. «So was möchte ich später machen! Ich will auf einer grossen Bühne stehen», sagte Nemo rückblickend.
2015 folgte ein Auftritt in der Castingshow «Die grössten Schweizer Talente». In der dritten Staffel stellte Nemo sich damals der prominenten Jury um DJ Bobo. Zwar schaffte Nemo den Cut nicht. «Aber ich wusste, dass es DJ Bobo gefallen hat, darum liess ich mich nicht entmutigen.»
Begegnung mit Dodo und «SRF Bounce Cypher»
Im selben Jahr traf Nemo erstmals den Hitsänger und Hit-Produzenten Dodo (47). «Schon damals sprudelte Nemo nur so von Ideen und Kreativität», erzählte Dodo jüngst Blick. Nemo schaue nicht nach links oder nach rechts, sondern mache das, was Nemo für richtig hält. «Nemo schaut nicht darauf, was andere denken, sondern geht in sich hinein und produziert Musik, die direkt aus dem Inneren kommt. Das ist genial.»
2016 präsentierte sich Nemo beim «SRF Bounce Cypher», der wichtigsten Talentshow und Battle der Schweizer Rapszene und verschaffte sich als Newcomer mit einem Schlag grossen Respekt. Die Youtube-Aufnahme wurde ein viraler Hit.
Noch im selben Jahr war Nemo «SRF 3 Best Talent» und bekam 2017 auch den Swiss Music Award in dieser Kategorie.
2018 dann schlug Nemo beim wichtigsten Schweizer Musikpreis zu. Nemo holte aus dem Stand vier Trophäen, unter anderem in der Kategorie «Best Hit» für «Du» und als «Best Live Act». «Das ist alles so crazy und geht so schnell – ich muss erst mal herausfinden, wohin ich eigentlich will», sagte er damals.
Lehr- und Wanderjahre
Von 2020 bis 2022 ging Nemo auf ausgedehnte Wanderschaft, die über Los Angeles in die neue Herzensstadt Berlin führte. «Ich habe mich noch nie so sehr in eine Stadt verliebt. An diesem Ort durfte ich mich selbst neu kennenlernen, auch ausserhalb der Musik», sagte er.
2023 outete sich Nemo schliesslich als non-binär. Der definitive Ausbruch und Befreiungsschlag, körperlich, mental, künstlerisch. Nemo knackte den ganz persönlichen «Code», also Basis und Inspiration für den Song, der am Samstagabend den ESC-Sieg brachte.
«Und i muss ja nid id Gschicht ihgah, doch wenns für mi stimmt, de hani aues richtig gmacht», sang Nemo im 2017 erschienenen Titel «Himalaya» schon beinahe prophetisch.
Am ESC hat der Schweizer ESC-Superstar nun beides erreicht: Für die eigenen Werte einzustehen und in die Geschichte einzugehen.