Auf seine Biografie haben die Fans lange gewartet. Gölä (52) zählt zu den erfolgreichsten Musikern hierzulande und ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, auch wenn es um Politik geht. Geschrieben hat das Buch sein Kollege, der Autor und Liedermacher Dänu Wisler (55), der Titel lautet ausgerechnet: «Gölä – Zigeunerherz».
Eine Bezeichnung, die in den sozialen Medien kritisiert wird, insbesondere nach der «Black Lives Matter»-Bewegung in den USA. Auch hierzulande löste das Diskussionen um rassistische Begriffe aus, und man reagierte umgehend. Seither sind «Mohrenköpfe» aus den Einkaufsregalen verschwunden, genauso wie die «Zigeuner-Cervelats», die die Migros aus dem Sortiment genommen hat. Auch die Marke Knorr hat nach jahrelangen Diskussionen die «Zigeunersauce» in «Paprikasauce ungarische Art» umbenannt.
Der Begriff Zigeuner ist diskriminierend
«Der Buchtitel ist ein absolutes No-Go», stellt Stefan Heinichen (57) fest, der Religionspädagoge sitzt für die Interessen der Roma und Sinti in der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus. «Im deutschsprachigen Raum ist der Begriff durch den nationalsozialistischen Völkermord geprägt, dem mindestens 500'000 Sinti und Roma zum Opfer fielen. Er gilt für Angehörige der Minderheiten als verletzende Fremdbezeichnung.» In der Schweiz war «Zigeuner» bis in die 1990er-Jahre eine Polizeikategorie. Hierzulande leben 50'000 Sinti und Roma. Heinichen: «Ihre Herkunft behalten sie aus Scham oft für sich und leben hier ganz normal, mit festem Wohnsitz und einer Ausbildung.»
Der Ton macht die Musik
Laut dem Autor Wisler macht der Ton die Musik: «Der Begriff ‹Zigeuner› wird im Gölä-Buch in keiner Weise diskriminierend verwendet, sondern ist positiv besetzt.» Laut Gölä gibt es «Zigeuner» in seinem Stammbaum, und er bezeichnet sich selber so. «Wenn er das diskriminierend meinte, dann diskriminiert er sich selber», so Wismer. «Das Reisen eines Weltenbummlers oder – wie wir heute machmal sagen – eines ‹Reisefüdle› wurde in Göläs Wanderjahren mit ‹Zigünere› bezeichnet. Das konnte wohlwollend oder anders gemeint sein. Das Wort ist meiner Meinung nach im Buch zeitgeschichtlich richtig angewendet.»
Für Heinichen ist das eine Verharmlosung und eine Negierung der Bedürfnisse der Sinti- und Roma-Gemeinschaften in der Schweiz: «Ich erwarte, dass Gölä, Herr Wisler und der Werd-Verlag sich ernsthaft mit den Anliegen dieser Gemeinschaften auseinandersetzen, statt mit überholten, rassistischen Klischees den Verkauf dieser Biografie anzukurbeln.»