Nicht nur als Pop-Legende und Queen of Rock 'n' Roll wird Tina Turner (†83) nach ihrem Tod in Erinnerung bleiben, sondern auch als Vorbild für Frauen weltweit. Ihre Lebensgeschichte, die die Sängerin einst als «Gift, das sich in Medizin verwandelt hat» beschreibt, ist die einer Afro-Amerikanerin, die sich aus ihrer missbräuchlichen Ehe befreit und mit Mitte vierzig zum Superstar wird.
Aufgewachsen ist Tina Turner als Anna Mae Bullock in den 1940er Jahren in bescheidenen Verhältnissen im US-Staat Tennessee. Als 18-Jährige lernt sie ihren zukünftigen Ehemann Ike Turner (1931–2007) kennen, mit dem sie in den 1960er-Jahren als «Ike & Tina Turner» erste Erfolge feiert.
Die Ehe ist jedoch geprägt von Gewalt und Psychoterror. 1976 verlässt Turner ihren Mann und reicht die Scheidung ein. Es folgt eine langjährige Odyssee, in der sich die Sängerin mit Essensmarken und Putzjobs über Wasser hält. Plattenfirmen-Chefs lehnen ihre Anfragen ab unter dem Vorbehalt, sie sei «zu alt», um als Solo-Künstlerin mit Ende 30 nochmals neu durchzustarten.
Durchbruch mit 45
Doch Tina Turner gibt nicht auf. Sie tritt in Hotels und TV-Varieté-Shows auf, bis es 1984 endlich klappt. Im Alter von 45 Jahren feiert die Sängerin mit ihrem Album «Private Dancer» ihren langersehnten Durchbruch. Die Single «What's Love Got to Do with It» führt die amerikanischen Billboard-Charts an und erobert kurz darauf die Welt.
Tina Turner wird zum grössten weiblichen Rockstar. Mit ihrer unverkennbar rauen Stimme, den wilden Haaren und ihrem selbstbewussten Auftreten entwickelt sie eine Bühnenshow, welche die Stadien wie kaum eine andere füllt. 1988 schafft sie es sogar ins «Guinness-Buch der Rekorde», als sie im Maracana-Stadion in Rio de Janeiro vor 188'000 Fans singt. Sie ist damit die erste Solo-Künstlerin, die vor so vielen Menschen auftritt.
«Ist Ihnen klar, dass Sie eine feministische Heldin sind?», fragt Kult-Moderator Larry King (1933–2021) Tina Turner 1997. «Ich fange an, es zu begreifen», antwortet sie. Dazu beigetragen hat auch, dass Turner nach ihrer Scheidung ihre traumatischen Erlebnisse nicht verschweigt, sondern sie 1986 in ihren Bestseller-Memoiren «I, Tina» an die Öffentlichkeit bringt.
Biografie inspiriert Film und Musical
Die dramatische Befreiungsgeschichte der Sängerin inspiriert den Kinofilm «What's Love Got to Do With It (1993) mit Angela Bassett (64) in der Hauptrolle, und die gefeierte Broadway- und West End-Produktion «Tina: The Tina Turner Musical» (2018-19). Turner selbst erklärt zur Eröffnung, sie brauche eigentlich kein Broadway-Musical über ihr Leben, sei aber froh, dass ihre Botschaft weitergetragen werde.
Und wie sie das wird: Jahrzehntelang erhält die Sängerin Briefe von Menschen aus aller Welt, in denen diese schildern, wie ihre Geschichte sie dazu inspiriert habe, in ihrem eigenen Leben etwas zu ändern.
Vorbild für andere Musikerinnen
Tina Turners Lebensgeschichte und ihre Musik inspiriert auch Generationen von jungen Sängerinnen. «Für mich wird sie immer eine Überlebende und eine Inspiration für alle Frauen sein», schreibt Mariah Carey (54) auf Instagram zu Turners Tod. «Meine geliebte Königin, ich liebe dich unendlich», trauert Beyoncé (41) um ihr grosses Idol.
Auf die Frage ihrer guten Freundin und Talkmasterin Oprah Winfrey (69) im Jahr 2013, was sie für ihr Vermächtnis halte, antwortet Tina Turner: «Ausdauer». Ihr Vermächtnis sei es, dass sie «von Anfang an bis zum Ende auf Kurs geblieben» sei. «Mein Vermächtnis ist die Geschichte einer Frau, die nach etwas Besserem strebte – und es bekommen hat.»
Im Verlauf ihrer über 60-jährigen Karriere gewinnt Tina Turner 8 Grammys und verkauft über 200 Millionen Tonträger. Mit ihrem Triumph über häusliche Gewalt und die sexistische Musikindustrie geht sie zudem als feministische Ikone in die Geschichte ein.