Als Tamy Glauser (36) an diesem sonnigen Nachmittag ins Zürcher Seebad Enge kommt, strahlt das Berner Model übers ganze Gesicht. «Hier bin ich tagsüber immer schwimmen gegangen und hab abends an meinen ersten Frauenpartys teilgenommen, als ich vor zehn Jahren von Bern nach Zürich kam», sagt Glauser und lacht. «Ich genoss mein Singleleben – genau so wie ich es heute auch wieder tue.»
Sie strahlen bei dieser Aussage. Single zu sein, scheint Ihnen gutzutun?
Tamy Glauser: Ja, mir geht es wirklich sehr gut. Als Single fühle ich mich wohl. Man muss keine Rücksicht nehmen, keine Kompromisse eingehen, sondern kann alles genau so machen, wie es für einen stimmt. Im Moment will ich noch so viel erleben und lernen, da hat eine Beziehung gar keinen Platz.
Trotzdem haben Sie vergangenes Wochenende an der Zurich Pride mit über 20’000 Menschen für die Ehe für alle demonstriert. Warum ist Ihnen der Bund fürs Leben so wichtig?
Ganz ehrlich: Ich glaube kaum, dass ich jemals heirate. Aber: Es geht hier auch nicht darum, was ich möchte, sondern, was wir in der LGBTQ-Community dürfen oder eben noch nicht. Und, dass wir vor dem Gesetz alle gleich sind. Aktuell sind wir das einfach nicht. Alle sollten das Recht haben zu heiraten, wenn sie das denn wollen.
Sie nahmen zum ersten Mal seit Ihrem Outing als non-binär am Zurich-Pride-Umzug teil, wie war das für Sie?
Es hat mich einmal mehr sehr berührt zu sehen, wie viele wir eigentlich sind. Und die Pride wird immer jünger. Als ich all die jungen Menschen aus der LGBTQ-Community sah, hatte ich kurz eine Träne in den Augen. Denn als ich ein Teenager war, hätte ich es nie gewagt, an eine Pride zu gehen. Jemand hätte mich schliesslich sehen und outen können. Auch wenn wir heute viel weiter sind, braucht es die Pride immer noch. Wir müssen uns zeigen, auf uns aufmerksam machen, aufklären. Das ist unsere Geschichte, und das sollten wir nicht vergessen.
Seit dreieinhalb Monaten sind Sie zurück aus Bali, wo Sie sich in Reiki und Musik-Heilkunde haben ausbilden lassen. Wie haben Sie sich hier wieder eingelebt?
Sehr gut. Ich habe den Bali-Lifestyle quasi nach Zürich mitgenommen (lacht). Ich meditiere jeden Tag, unterrichte regelmässig. Vor allem die Vollmond-Zeremonien laufen aktuell sehr gut. Beim dritten Mal waren wir fast 40 Frauen. Aber ich muss zugeben, dass ich schon wieder am Überlegen bin, wo es als Nächstes hingeht. Aktuell sind Costa Rica, Peru oder Mosambik in der Auswahl. Am liebsten würde ich allerdings nach Nigeria gehen und dort meinen Grossvater suchen. Doch leider ist das viel zu riskant.
Warum riskant?
Ich habe herausgefunden, dass, wenn ich in Nigeria als Member der LGBTQ-Community auffliege, mir als Tourist 14 Jahre Gefängnis drohen. Und bei mir braucht es bloss eine Person, die meinen Namen googelt. Das schreckt mich schon sehr ab und macht mich auch irgendwie traurig. Denn ich würde unglaublich gerne mal Fuss auf diesen Boden setzen und wissen, ob ich eine Verbindung spüre zu diesem Land und diesen Menschen. Aber im Moment geht das leider nicht, dafür bin ich als LGBTQ-Persönlichkeit leider zu bekannt.
Tamara «Tamy» Glauser wurde am 2. Januar 1985 in Paris geboren und wuchs bei Pflegeeltern in Stettlen BE auf. Mit 27 Jahren begann das Model eine steile Karriere, präsentierte Frauen- wie auch Männermode. Im Oktober 2018 erschien die Autobiografie: «Tamy. Das, was ich bin, kannte ich nicht». Von Ende 2016 bis Ende 2020 war Glauser mit Ex-Miss-Schweiz Dominique Rinderknecht (29) zusammen. Als Tamynique waren sie das bekannteste Frauenpaar des Landes. Im März 2021 outete sich Tamy Glauser als nonbinär.
Tamara «Tamy» Glauser wurde am 2. Januar 1985 in Paris geboren und wuchs bei Pflegeeltern in Stettlen BE auf. Mit 27 Jahren begann das Model eine steile Karriere, präsentierte Frauen- wie auch Männermode. Im Oktober 2018 erschien die Autobiografie: «Tamy. Das, was ich bin, kannte ich nicht». Von Ende 2016 bis Ende 2020 war Glauser mit Ex-Miss-Schweiz Dominique Rinderknecht (29) zusammen. Als Tamynique waren sie das bekannteste Frauenpaar des Landes. Im März 2021 outete sich Tamy Glauser als nonbinär.
Sie haben es gerade angesprochen: Sie waren vier Jahre lang als Tamynique mit Ihrer Ex-Freundin Dominique Rinderknecht Teil des berühmtesten Frauenpaars des Landes. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?
Sehr positiv. Ich habe es immer als meine Aufgabe angesehen, mich für die Gleichberechtigung unserer Community starkzumachen. Ich hatte selbst nie Vorbilder und hätte diese so dringend gebraucht. Vor Dominique war ich vor allem im Ausland bekannt. Mit Dominique zusammen wurde ich als Teil von Tamynique auch hier zum Thema und konnte helfen, die Akzeptanz von gleichgeschlechtlichen Paaren in unserem Land zu verbessern. Das bedeutet mir viel.
Stehen Sie mit Dominique noch in Kontakt?
Wir haben immer noch guten Kontakt – wir sehen uns einfach nicht mehr so viel wie früher, was ja klar ist (lacht). Nach der Trennung im letzten Herbst musste jede von uns erst ihr Leben wiederfinden, und das haben wir. Das Schöne ist: Auch unsere Verbindungen zu unseren Familien sind immer noch sehr eng, unsere Mütter sind gute Freundinnen.
Stört es Sie, dass Dominique bereits in einer neuen Beziehung und verlobt ist?
Nein, das ist jetzt ihr Leben. Und abgesehen davon freue ich mich, dass sie glücklich ist und ihren Weg geht. Das mache ich ja auch.
Sind Sie aktuell auch wieder verliebt?
Ja, verliebt ins Leben! Ich geniesse im Moment mein Single-Dasein (lacht). Ich habe gerade kein grosses Interesse an einer festen Beziehung. Ich weiss ja nicht einmal, wo ich als Nächstes hinmöchte, und will mich aktuell auch nicht in eine Beziehung stürzen. Ausserdem konzentriere ich mich sehr auf meine Arbeit in der spirituellen Heilung. Die Natur inspiriert mich. Es erfüllt mich, wenn ich einerseits die LGBTQ-Community unterstützen und andererseits Menschen mit meinen Lehren helfen kann.
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