Das Haus etwas ausserhalb der Stadt Zürich ist karg eingerichtet. Nur wenige Gegenstände stehen herum. Andres Andrekson (44), besser bekannt als Stress, hats daheim gerne ordentlich. Das Leben sei turbulent genug, sagt der Musiker, der sich mit dem Hit «Bye» nach schweren persönlichen Krisen zurück in die Hitparade singt. Am Freitag, 25. Februar, erscheint sein achtes Album «Libertad».
Vor drei Jahren machten Sie publik, dass Sie an Depressionen leiden. Wie geht es Ihnen heute?
Stress: Sehr gut. Ich habe die Balance wieder gefunden. Ich war in einem tiefen Loch gefangen. Durch die Therapie konnte ich mich aus diesem Loch befreien. Sie half mir, meine Emotionen in eine konstruktive Richtung zu leiten. Zu gewissen Dingen im Leben auch mehr Distanz zu schaffen. Jetzt stehe ich wieder mit beiden Beinen im Leben und habe einen klaren Kopf.
Mehr Distanz zu schaffen – wie meinen Sie das?
Ich hatte sehr viel Ballast von früher, den ich mit mir herumschleppte. Dieser hat mich fast erdrückt. Die Therapie half mir, den Ballast neu zu ordnen, mich auch von vielem zu trennen. Meinem Vater beispielsweise.
Zu ihm hatten sie ein sehr schwieriges Verhältnis.
Ja. Wir hatten über 30 Jahre lang kein Wort gewechselt. Er war so gewalttätig, ständig betrunken, hat alle terrorisiert. Wegen ihm flüchtete meine Mutter mit mir und meiner Schwester 1989 in die Schweiz. Vor eineinhalb Jahren reiste ich nach Estland. Als ich dort war, rief ich ihn an. Ich wollte Frieden machen mit ihm, weil ich nicht weiss, wie lange er noch zu leben hat.
Was passierte dann?
Er nahm den Hörer ab und begann mich zu beschimpfen, weil ich nicht mehr so gut Estnisch sprach. Dann hörte er plötzlich auf und sagte überhaupt nichts mehr. Endlose Minuten war der Hörer einfach stumm. Ich rief ihn noch fünf Mal an, aber er blieb weiterhin still. Es war völlig absurd, ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.
Was machten Sie?
Ich reiste wieder nach Hause. Lass gut sein, dachte ich mir. Ich habe versucht, das Richtige zu tun und ihm die Hand zu reichen. Vergeblich. Seine Ablehnung soll mich aber nicht mehr kaputtmachen, ich habe lange genug unter ihm gelitten. Ich realisierte, dass man nicht alles kontrollieren kann. Jeder tut das, was für ihn oder sie richtig ist. Ob ich das nun nachvollziehen kann oder nicht, ist egal. Diese Anrufe waren gut für mich, um definitiv abschliessen zu können mit ihm. Vater belastet mich heute nicht mehr.
Wie ist das Verhältnis zu Ihrer Mutter?
Sehr eng. Es gibt nicht viele Menschen, zu denen ich mit meinen Problemen gehen kann und die mich immer akzeptieren und unterstützen. Meine Mutter ging durch die Hölle, eben auch wegen des Vaters. Sie riskierte so viel für uns Kinder. Eine wirklich bewundernswerte Frau.
Nach neun Jahren haben Sie sich im Sommer 2021 auch von Model Ronja Furrer getrennt. Warum eigentlich?
Meine Einstellung zu einer Fernbeziehung hat sich in neun Jahren einfach verändert. Ich habe erkannt, dass wir uns als Paar wegen dieser Beziehungsform nicht gross weiterentwickeln konnten. Am Ende haben wir beide realisiert, dass der andere glücklicher ist mit dem, was er tut. Ronja ist sehr erfüllt von ihrer Karriere in New York. Und ich bin sehr erfüllt von meiner Karriere in der Schweiz. Jeder hätte für den anderen sehr viel aufgeben müssen. Dazu waren wir nicht mehr bereit.
Sie machten nie ein Geheimnis daraus, dass Sie eine Familie gründen möchten.
Genau. Je länger, desto mehr merkte ich aber, dass Ronja für Kinder noch nicht bereit ist. Was ich natürlich verstehen kann, sie ist noch jung. Menschen ticken anders, Menschen stehen manchmal auch an unterschiedlichen Punkten im Leben. Und irgendwann verliert man sich in einer Beziehung. Dann ist es Zeit, dass man allein weitergeht. Ich sah einfach keine Perspektiven mehr.
Andres Andrekson kam 1977 in der estnischen Hauptstadt Tallinn zur Welt. Mit zwölf Jahren zog er nach Lausanne. Er studierte Wirtschaft, wurde dann unter dem Namen Stress als Rapper bekannt. Er war Jurymitglied der Castingshow «The Voice of Switzerland», spielte auch in mehreren Filmen mit. Von 2008 bis 2012 war er mit Ex-Miss-Schweiz Melanie Winiger (43) verheiratet, von 2012 bis 2021 mit Model Ronja Furrer (30) liiert. Heute lebt er ausserhalb von Zürich. Nächste Woche erscheint sein Album «Libertad».
Andres Andrekson kam 1977 in der estnischen Hauptstadt Tallinn zur Welt. Mit zwölf Jahren zog er nach Lausanne. Er studierte Wirtschaft, wurde dann unter dem Namen Stress als Rapper bekannt. Er war Jurymitglied der Castingshow «The Voice of Switzerland», spielte auch in mehreren Filmen mit. Von 2008 bis 2012 war er mit Ex-Miss-Schweiz Melanie Winiger (43) verheiratet, von 2012 bis 2021 mit Model Ronja Furrer (30) liiert. Heute lebt er ausserhalb von Zürich. Nächste Woche erscheint sein Album «Libertad».
Ronja hat Sie einst betrogen. Konnten Sie ihr diesen Seitensprung je verzeihen?
Ich konnte es. Ich brachte sehr viel Verständnis dafür auf. Weil ich vor vier Jahren nicht der Mann war, der ich hätte sein sollen. Ausserdem gab es ja Zeiten, in denen wir uns vier, fünf Monate lang nicht sahen. Ich glaube, es ist sehr egoistisch, vom Partner immer Exklusivität einzufordern.
Sind Sie noch befreundet?
Wir haben keinen Kontakt mehr. Ich bleibe nie befreundet mit meinen Ex-Freundinnen. Sind zwei Menschen zusammen, haben sie eine gemeinsame DNA. Gehen sie auseinander, erlischt diese DNA. Was nicht bedeutet, dass man nicht weiterhin okay miteinander umgehen kann.
Haben Sie auch mit Ihrer Ex-Frau Melanie Winiger keinen Kontakt?
Doch. Mit ihr ist alles easy, ich sehe auch ihren Sohn Noel noch oft. Aber ich bin vom Typ her halt schon eher ein Mensch, der einen sehr engen Freundeskreis hat. Bist du mal draussen aus diesem Kreis, sehe ich keinen Sinn darin, mich weiter für diesen Menschen zu interessieren. Was aber nicht bedeutet, dass ich diesem Menschen nicht auch in Zukunft das Beste wünsche.
Reden wir von der Musik: 25 Jahre sind Sie schon als Rapper unterwegs. Nie Zweifel an Ihrem Job gehabt?
Doch, natürlich. Ich erlebte kommerziell ja nicht immer rosige Zeiten. Bei meinem letzten Album «Sincèrement» konnten wir unsere Arbeit nicht so weiterführen wie geplant, wir mussten die laufende Tour abbrechen wegen des Lockdowns. Das frustrierte mich, ich war schlecht drauf, das strahlte ab auf meine Musik. Ist ein Tier in einer Horde krank, wird es ausgestossen. Ich war krank, also wurde ich gemieden. Jetzt geht es mir wieder gut, und so töne ich auch. Viele sagen: «Hey, Stress könnte auch tot sein. Oder keine Musik mehr machen. Jetzt ist er zurück, das ist grossartig.»
Was hätten Sie sonst machen können?
Vieles. Mein Gott, es gibt leichtere Wege, in der Schweiz Geld zu verdienen, als Musik zu machen. Ich habe studiert, mein Kopf ist voller Ideen, ich bin kreativ und ehrgeizig. Ich bin für die Gesellschaft also nicht nutzlos. Ich könnte vieles machen. Aber Musik ist nun mal meine grösste Leidenschaft. Und um die am Leben zu erhalten, muss man halt manchmal auch hartes Brot fressen.
Das haben Sie auch im Herbst, als Sie sich mit Konzerten für die Impfkampagne des Bundes engagierten. Würden Sie da wieder mitmachen?
Sicher. Die Kritik hat mich nicht gross berührt. Ich habe mich schon früher für Sachen eingesetzt, die ich für richtig empfunden habe, egal, ob ich dafür kritisiert wurde oder nicht. Als Künstler muss man Verantwortung übernehmen. Die Corona-Krise hat uns allen aufgezeigt, wie gefährlich es ist, wenn Falschinformationen verbreitet werden. Meine Mutter hatte Corona, ich hatte nie so grosse Angst um sie wie in jener Zeit. Und um genau das ging es bei der BAG-Kampagne: möglichst viele Leute über die Impfung zu informieren, damit sie sich schützen können gegen das Virus.
Sie hätten sich nur wegen des Geldes engagiert, lautete ein Vorwurf.
Unsinn! Ich tat es, weil ich zutiefst überzeugt bin, dass sich eine Gesellschaft auch darüber definiert, wie sie die schwachen Menschen verteidigt, in diesem Fall eben die Älteren und jene mit Vorerkrankungen. Und die Verteidigung funktioniert in diesem Fall am besten mit der Impfung. Wenn ich den Vorwurf höre, dass ich mich für den Staat vor den Karren spannen lasse, antworte ich: Ich lasse mich nicht für den Staat vor den Karren spannen, sondern für das Wohl der Gesellschaft, denn ich bin Teil dieser Gesellschaft. Zudem: Ich war es leid, nur noch in Trainerhosen zu Hause herumzusitzen, wie das alle Musiker in den letzten zwei Jahren tun mussten. Wir wollen wieder touren, dem Publikum unvergessliche Abende bescheren.
Was macht Sie heute glücklich?
Hier zu sein, mich wohlzufühlen. Ich war verloren während ein paar Jahren, doch ich habe mich wieder gefunden. Zu einem aufgeräumten Leben braucht es einen klaren Kopf. Den habe ich endlich.
Sie kiffen nicht mehr. Trinken Sie noch Alkohol?
Ja, ab und zu, wenn ich mit Kollegen unterwegs bin. Ansonsten lasse ich es bleiben. Das Leben ist schöner, wenn man es mit vollem Bewusstsein betrachten kann.
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