SRF-Wettermoderatorin Sandra Boner
«Der Ton ist rauer und politischer geworden»

Sandra Boner wird 50. Ein Gespräch mit der SRF-Moderatorin über Frisuren, runde Geburtstage – und natürlich das Wetter.
Publiziert: 02.06.2024 um 16:04 Uhr
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Aktualisiert: 02.06.2024 um 16:15 Uhr
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Aus Flucht vor dem Regen traf sich Blick mit Sandra Boner im Solothurner Kunstmuseum. Hier steht die SRF-Moderatorin vor «Die Bucht von Genf mit dem Mont-Blanc vor Sonnenaufgang» von Ferdinand Hodler aus dem Jahr 1918.
Foto: Thomas Meier
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Jean-Claude GalliRedaktor People

Zum Interview- und Fototermin erscheint SRF-Wettermoderatorin Sandra Boner (49) schwungvoll mit ihrem Klassiker-Fahrrad «Rakete». Noch vor dem ersten Bild beginnt es sintflutartig zu regnen. Doch im Kunstmuseum, einem ihrer Lieblingsorte in Solothurn, ist es warm und trocken.

Was uns brennend interessiert, Frau Boner: Wie wird der Sommer?
Es gibt sicher mindestens einen Hitzetag (lacht). Im Ernst: Wir erstellen bei «SRF Meteo» Drei-Tages-Prognosen und Fünf-Tages-Trendmeldungen. Alles andere wäre spekulativ.

Wieso reagieren die Menschen so emotional auf das Wetter?
Studien belegen, dass die Menschen bei Regen produktiver sind. Das Wetter beschäftigt uns, weil wir eine Freizeitgesellschaft sind und weil viele Menschen beruflich vom Wetter beeinflusst werden.

Und wie ist es bei Ihnen?
Wenn ich erwache und die Sonne scheint ins Zimmer, stehe ich lieber auf. Ich habe sehr schnell kalt, deshalb bevorzuge ich Wärme.

Sie stehen durch Ihren Job in der Öffentlichkeit. War das Ihr Ziel?
Ich bin sicher extrovertierter als der Durchschnitt. Und sehr gern um Menschen herum. Deshalb wollte ich zuerst Krankenschwester oder Lehrerin werden. Aber der Klassen-Clown war ich nie. Dazu wäre ich zu wenig lustig.

Sie arbeiten seit 2002 bei «SRF Meteo». Haben Sie manchmal auch auf fremde Formate geschielt?
Es gibt andere Bereiche, die mich interessieren und die ich mir auch zutrauen würde. Aber bisher hat sich nichts ergeben. Ich arbeite 60 Prozent für SRF, bin Mutter und leite daneben auch Podiumsgespräche und Ähnliches. Bei solchen Auftritten kommen oft Menschen zu mir und sagen, sie hätten gar nicht gewusst, dass ich solche Dinge könne. Bei manchen Leuten habe ich sicher einen Wetter-Stempel.

Was würde Sie denn noch reizen?
Damit wir uns richtig verstehen: Ich bin beim Wetter gut aufgehoben. Aber was ich mir vorstellen könnte, wäre eine Talk-Sendung, ganz auf mich zugeschnitten. Oder eine Alterssendung, das wird bei mir nun schon bald ein Thema (lacht).

Letzten Sommer gaben zu hohe SRF-Temperaturangaben zu reden. Ihr Chef Thomas Bucheli musste sich entschuldigen.
Das stimmt. Dabei waren die vollautomatisch berechneten Wetterprognosen für einige Orte in der Wetter-App betroffen, also nicht die manuell erstellten Prognosen im TV und im Radio.

Wie nehmen Sie solche Debatten wahr?
Der Ton ist rauer und politischer geworden. Wir konzentrieren uns jedoch darauf, Wetterprognosen nach streng wissenschaftlichen Kriterien zu machen.

Wie würden Sie reagieren, wenn sich einer Ihrer beiden Söhne als Klimaaktivist engagieren würde?
Ich würde mit ihnen diskutieren und versuchen, Verständnis für eine solche Einstellung aufzubringen. Und vor allem ihre Ängste ernst nehmen. Das Thema ist eine grosse Belastung für die Jungen. Und ich kann das gut nachvollziehen. Doch ich denke, es gibt auch andere Wege, seine Besorgnis auszudrücken, als sich am Boden festzukleben.

Wie reagieren Sie auf familiäre TV-Kritik?
Jede Kritik hat einen wahren Punkt, finde ich. Aber ich darf auch nicht alles zu ernst nehmen, sonst könnte ich abends nicht mehr einschlafen. Das Urteil meines Partners ist mir schon wichtig. Doch er hält sich da sehr zurück und hat noch gar nie eine meiner Sendungen von A bis Z geschaut. Ich habe es auch nicht so gern, wenn ich moderiere und er im Publikum sitzt. Denn ich bin dort in einer anderen Rolle als zu Hause. Obschon ich mich immer bemühe, authentisch zu sein.

Sind Sie besser geworden seit 2002?
Ich hoffe es. Gelassener, ruhiger, im Gesamtbild gestandener. Ich weiss, dass mich ein Fehler nicht das Leben kostet. Meine Stimme war früher viel höher. Ich bin froh, bin ich jetzt so, wie ich geworden bin. Aber ich habe auch noch extrem Luft nach oben, das weiss ich. Lampenfieber habe ich bis heute.

Bei TV-Frauen wird die Optik genau beobachtet. Wie gehen Sie damit um?
Ich würde nie ein Outfit anziehen, in dem ich mich nicht wohlfühlen würde. Wir werden vom SRF-Stylingteam zweimal im Jahr beraten, ein wenig Sandra Boner ist in meinem Tenue immer drin. Privat bin ich sehr einfach angezogen, Jeans und T-Shirt. Auf dem TV-Dach darf es schon etwas förmlicher, uniformer sein, gern auch auf höheren Absätzen, das wirkt sich bei mir positiv auf die Körperhaltung aus.

Ihre Frisur wird oft thematisiert. Ein Problem?
Als ich 2002 begann, hoffte ich, diese Fokussierung aufs Äussere würde irgendwann nachlassen. 2024 ist sie noch genau so da. Doch mir gehen ja auch Gedanken durch den Kopf, wenn ich fernsehe. Wenn ich nicht bei SRF arbeiten würde, wären meine Haare wohl noch öfter anders. Aber ich kann nicht mit grünen oder türkisblauen Haaren aufs Dach, obschon mich das ab und zu «gluschten» würde.

TV-Frauen werden stärker kritisiert wegen ihrer Optik, da sind wir uns einig?
Ja, weil die Optik von Frauen meistens spannender ist und auch mehr Angriffsfläche bietet als von Männern in solchen Positionen, die häufig unauffälliger daherkommen und sich ins Grau flüchten können. Eine bunte Bluse kann dagegen schon ein Thema werden und polarisieren.

Sie werden am 25. November 50. Macht Ihnen diese Zahl Angst?
Was mich am meisten beschäftigt: Ich weiss noch nicht, wie ich feiern will. Mein Partner Matthieu wird Anfang 2025 auch 50, wahrscheinlich machen wir etwas zusammen. Eigentlich macht mich die 50 stolz. Ich bin schon 50 Jahre auf dieser Welt und habe es überlebt.

Wo standen Sie bei Ihren früheren «Runden»?
Mit 20 war ich noch sehr unsicher. Die 30 war nicht angenehm. Ich war unentschlossen: Will ich Kinder oder nicht? Das war ein Megastress. Mit 40 waren die Kinder da, auch das war ein Stress. Mit 50 sind die Kinder nun gross, und das ist gut. Ich möchte nicht zurück und bin froh, 50 zu werden. Im Endeffekt ist es auch bloss ein Jahrring mehr.

Wollen Sie beim SRF pensioniert werden?
Im Moment gefällt es mir. Ich habe vor der Kamera sicher ein Ablaufdatum. Das klingt brutal, ist aber so. Und bei Frauen kommt es wahrscheinlich früher als bei Männern. Vielleicht sind Frauen kritischer oder einfach auch schlauer und hören darum früher auf.

Hat Ihre Brustkrebserkrankung vor fünf Jahren den Blick nach vorne verändert?
Ich bin gelassener und dankbarer geworden. Es gab für mich ein Leben vor und ein Leben nach dem Krebs. Zum Glück.

Konnten Sie sich nach einem so heftigen Schicksalsschlag überhaupt wieder auf den Alltag einlassen?
Für meine Verhältnisse dauerte es zwar ewig, nicht mehr jeden Tag an den Krebs zu denken. Aber meine Strategie war immer, konsequent vorwärtszudenken und nicht zurückzuschauen. In der ersten Phase nach dem Befund war es mir egal, wenn der Computer nicht aufstartete. Jetzt nerven mich Kleinigkeiten wieder wie früher. Und jeder findet, seine Probleme seien die wichtigsten. Davor bin auch ich nicht gefeit.

Wann und wo können Sie abschalten?
Beim Spazieren und Joggen der Aare entlang. Und mein Partner und ich besuchen Brockenstuben. Er sammelt und hat ein grosses Wissen. Und ich «händele» gern. Seit zehn Jahren führen wir mit Freunden im «Holzbau» am Solothurner Patriotenweg die Designbörse durch, heuer am 15. Juni. Mein Traum wäre ein ständiges «Lädeli», das einmal in der Woche offen ist. Und wir haben auch einen alten Renault 12 Baujahr 1972, mit dem wir am Sonntag oft ausfahren. Das ist verkehrstechnisch nicht superintelligent, ich weiss, doch ich liebe diese Touren.

So erklärt sich auch doppelt gut, weshalb das «Bildnis Gertrud Müller» von Ferdinand Hodler (1853–1918) eines von Sandra Boners Lieblingsgemälden im Kunstmuseum ist. «Sie war sehr sportlich, eine grosse Kunstkennerin und die erste Frau im Kanton, die Auto gefahren ist. Nach ihrem Tod ging die Sammlung ans Museum über und wir dürfen ihre Bilder nun hier bestaunen. Sie ist durchaus eine Art Vorbild.»

Schönwettertyp

Die 1974 in Grenchen geborene Sandra Boner absolvierte nach dem Gymnasium eine Ausbildung zur Ergotherapeutin und arbeitete während acht Jahren in einem Schulheim. Ihre Medienkarriere begann sie 1999 beim Solothurner Lokalfernsehen Intro TV als Wetter- und Newsmoderatorin. 2002 wechselte sie zu SRF Meteo, wo sie bis heute tätig ist. Boner lebt mit ihrem Partner, dem Architekten Matthieu Haudenschild (49), und den beiden Söhnen Nelson (15) und Miles (14) in Solothurn. 

Thomas Meier

Die 1974 in Grenchen geborene Sandra Boner absolvierte nach dem Gymnasium eine Ausbildung zur Ergotherapeutin und arbeitete während acht Jahren in einem Schulheim. Ihre Medienkarriere begann sie 1999 beim Solothurner Lokalfernsehen Intro TV als Wetter- und Newsmoderatorin. 2002 wechselte sie zu SRF Meteo, wo sie bis heute tätig ist. Boner lebt mit ihrem Partner, dem Architekten Matthieu Haudenschild (49), und den beiden Söhnen Nelson (15) und Miles (14) in Solothurn. 


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