Vor einem Jahr nahm Beni Thurnheer (74) mit dem «Benissimo»-Revival Abschied vom SRF und von der Show-Welt. Umso interessierter verfolgte er das Finale von Thomas Gottschalk (73) bei «Wetten, dass..?» und dessen Kritik, er könne sich heute nicht mehr frei äussern und trete deshalb zurück.
Herr Thurnheer, wie haben Sie die letzte «Wetten, dass..?»-Show von Thomas Gottschalk verfolgt? Klassisch auf dem Sofa mit Ihren Liebsten?
Beni Thurnheer: Ich war stark erkältet und sass deshalb allein vor dem Bildschirm. Ich habe zwischen «Wetten, dass..?» und dem Super-League-Spiel Yverdon gegen Lugano hin und her gezappt. Beides war unterhaltend, beides hatte Längen.
Haben Sie sich dabei beim Gedanken «Nun ist der Thommy aber alt geworden» ertappt?
Gottschalk war so wie immer – und sah sehr gut aus für sein Alter!
Er ist nach mehreren Revivals abgetreten. War jetzt der richtige Zeitpunkt?
Sagen wir es so: Ich habe nach dem einmaligen «Benissimo»-Revival aufgehört.
Gottschalk übte in der Sendung heftige Kritik. Früher habe er im Fernsehen immer so geredet wie zu Hause, das könne er jetzt nicht mehr. Er wolle keinen Shitstorm «herbeilabern», deshalb trete er zurück. Wie sehen Sie das?
Die Zeiten ändern sich. Früher existierte punkto Korrektheit eine graue Zone, die man ungestraft betreten konnte. Heute gibt es eine scharfe rote Linie, an der die Fundis mit geladenen Waffen respektive Laptops und Handys stehen.
Mussten Sie sich beim «Benissimo»-Revival zurücknehmen?
Gottschalk hat recht: Heute muss man viel mehr aufpassen. Und gendern finde ich persönlich etwas umständlich. Aber einer Frau ans Knie zu greifen, war schon vor 30 Jahren verpönt.
«Benissimo» lief von 1992 bis 2012, zur selben Zeit wie «Wetten, dass..?» mit Gottschalk. Können Sie sich an Aussagen erinnern, die Sie heute so nicht mehr machen könnten und würden?
Es gab schon mal Vorwürfe, aber eher in Zusammenhang mit Sportreportagen. Und mangels Internet entfalteten sie keinerlei Breitenwirkung.
Haben Sie je einen Shitstorm erlebt?
Damals mussten die Journalisten den entfachen – und er dauerte meistens sehr kurz.
Wie müsste «Benissimo» angepasst werden, damit es auch in den nächsten Jahren Bestand hätte? Und gäbe es die Rolle Ihrer «Assistentin» Barbara Lustenberger noch?
Barbaras Rolle wurde schon im Revival aufgewertet. Die Fundis befürchteten eine Abwertung der Frau. Sie trug nun mit mir die Entscheidungsgewalt. Ich fand das cool. Wir sind eben beide Teamplayer und funktionierten wohl besser als das «Ego»-Duo Michelle Hunziker und Thomas Gottschalk.
Gottschalk sagte, Grund eins für seinen Rückzug sei gewesen, dass er sich vor der Show zum Teil erklären lassen musste, wer seine Gäste sein werden. Muss ein Moderator jeden kennen?
Gottschalk spricht vermutlich das Faktum an, dass die meisten Stars heute nur noch in «Bubbles» bekannt sind. Sie haben in Deutschland eine Million Superfans, aber die anderen 80 Millionen Deutschen haben noch nie etwas von ihnen gehört. Auch deshalb sind solche Sendungen etwas aus der Zeit gefallen.
Sie würdigten Gottschalk auf SRF Multimedia, indem Sie schrieben, eine solche Laufbahn sei heute «unmöglich geworden, weil alles durchgestylt und optimiert sei». Mussten Sie sich vor der Kamera je verstellen?
Ich musste mich nie verstellen! Ich durfte die Stars auch fragen, was ich wollte. Heute haben alle Moderatorinnen und Moderatoren einen Knopf im Ohr und werden von der Regie ferngesteuert. Sie machen dadurch weniger Fehler als früher, dafür bleibt die Persönlichkeit ein bisschen auf der Strecke.
Dazu kommen jetzt noch die Halbierungs-Initiative und die Sparpläne von Bundesrat Albert Rösti. Liegen wir mit der Annahme richtig, dass Sie gegen die Initiative stimmen werden?
Natürlich bin ich dagegen (lacht). Seit Budgetkürzungen drohen, gibt es eine grosse Priorität bei SRF: Nur keine Fehler machen! Dies tötet bis zu einem gewissen Grad Kreativität, Spontaneität, das Unvorhergesehene. Lauter Dinge, die das Salz in der Unterhaltungssuppe wären. Die Initiativen wirken also jetzt schon, und nicht zum Guten.
Beni Thurnheer (74) studierte an der Universität Zürich Rechtswissenschaften. Gleichzeitig wurde der Winterthurer an einer Talentschau für Sportreporter entdeckt. In den letzten 40 Jahren war Beni National für das Schweizer Radio und Fernsehen auch in der Unterhaltung tätig. Seine beliebtesten Formate waren «Tell-Star» (1980–1991) und «Benissimo» (1992–2012). Aus einer ersten Ehe hat Thurnheer zwei Söhne, seit 2018 ist er mit Kathrin Hildebrand (66) verheiratet.
Beni Thurnheer (74) studierte an der Universität Zürich Rechtswissenschaften. Gleichzeitig wurde der Winterthurer an einer Talentschau für Sportreporter entdeckt. In den letzten 40 Jahren war Beni National für das Schweizer Radio und Fernsehen auch in der Unterhaltung tätig. Seine beliebtesten Formate waren «Tell-Star» (1980–1991) und «Benissimo» (1992–2012). Aus einer ersten Ehe hat Thurnheer zwei Söhne, seit 2018 ist er mit Kathrin Hildebrand (66) verheiratet.
Wäre eine Sendung wie «Benissimo» heute noch realisierbar?
Dem Fernsehen wird empfohlen, bei einer Budgetkürzung auf Unterhaltung und Sport zu verzichten, also auf jene Sendungen, die Werbegelder einbringen. Die Einnahmeausfälle würden also noch viel grösser! Mal schauen, ob das Volk das auch so sieht.
Was gehört für Sie zum Service public?
Es braucht eine Berichterstattung, die auf Objektivität abzielt – und nicht bloss eine Ansammlung von Meinungen, die egoistische Interessen vertreten.
Wie geht es Ihnen in Ihrem TV-Ruhestand?
Gut. Aber so ruhig ist mein Leben auch wieder nicht. Ich werde nach wie vor zu TV-Sendungen eingeladen, halte Vorträge, moderiere Anlässe, schreibe über dies und das. Es lebe die stressfreie Abwechslung!
In einem Monat ist das Jahr um. Auf welche TV-Highlights freuen Sie sich über die Feiertage besonders?
«Dinner for One» ist Pflicht. Und zwischen Weihnachten und Neujahr ist Spengler-Cup-Zeit.
Feiern Sie Weihnachten im Kreis Ihrer Lieben? Eventuell sogar mit Schauspieler Anatole Taubman als Weihnachtsmann, der ja mit der Tochter Ihrer Ehefrau Kathrin verheiratet ist?
Bei gemeinsamen fünf Kindern, vier davon verheiratet und entsprechend mit Schwiegereltern, ist eine Koordination und damit ein klassisches Weihnachtsessen unmöglich geworden. Die Zeiten haben sich geändert, nicht nur beim Fernsehen!