Schlagersängerin Michelle (51) hat genug: «Es reicht. Ich höre auf». Mit diesen Worten hat die Deutsche vorgestern nach über dreissig Jahren auf der Bühne ihren Rücktritt bekannt gegeben. Das «vergiftete Umfeld» der Schlagerwelt sei für sie nicht mehr tragbar, erklärt die Sängerin im Gespräch mit «Bild». Sie sei während ihrer Karriere immer wieder auf Menschen gestossen, die ihr Vertrauen «auf massivste Art und Weise» missbraucht hätten, «die mich nur ausnutzten, um sich an mir zu bereichern».
Dass die 51-Jährige sich für immer von der Schlagerwelt verabschieden will, macht nicht nur Fans, sondern auch Schweizer Sängerinnen und Sänger aus der Szene tief betroffen. «Schade, die Schlagerwelt verliert mit Michelle eine sehr gute Sängerin und Entertainerin», sagt Monika Kaelin (69), Sängerin und Präsidentin der Show Szene Schweiz und des Prix Walo, auf Anfrage von Blick. In der Schweiz gäbe es diese Probleme nicht, hier singe eine kleine zufriedene Schlagerfamilie, bei der jede und jeder Platz hat. «In Deutschland ist es 180 Grad anders. Dort ist die Konkurrenz enorm gross und es wird mit ganz harten Bandagen um Erfolg gekämpft, aber das war immer schon so. Michelle ist eine sensible und sehr zerbrechliche Person und hielt dem anscheinend nicht mehr stand.»
«In der Musikszene wird es generell immer schlimmer»
Der Schweizer Schlagersänger Leonard (59) kennt Michelle seit ihren Anfängen. «Ich stand schon gemeinsam mit ihr auf der Bühne, als sie noch ganz neu in der Branche und noch unbekannt war.» Trotz ihres Erfolges sei sie immer eine sehr nette und liebenswerte Kollegin geblieben. «Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass sie durch ihre nicht leichte Kindheit, stets auf der Suche nach Liebe und Anerkennung war und daher oft an die falschen Menschen geraten ist.» Dass ihr das toxische Klima in der Schlagerszene zu schaffen gemacht habe, könne der Sänger verstehen: «In der Musikszene wird es generell immer schlimmer. Dies liegt auch daran, dass sich mittlerweile jeder, der 3 falsche Töne singen kann, auf eine Bühne stellt und meint, ein Sänger zu sein.» Dadurch werde die Luft für Engagements immer dünner, was auch zu mehr Konkurrenzkampf führe. «In der Schweiz ist die Küngelei sogar noch schlimmer als in Deutschland. Ich möchte auf jeden Fall nicht mehr am Anfang meiner Karriere stehen», so Leonard.
Am Samstagabend hat Michelle in Florian Silbereisens (42) Show «Schlagerboom» (ARD, 20.15 Uhr) ihr persönliches Abschiedslied gesungen. «Das wars für mich» heisst ihr neues, selbst getextetes, autobiografisches Lied. Doch Leonard macht allen Michelle-Fans Hoffnung: «Ich denke, dass sie es zwar momentan mit ihrem Rücktritt ernst meint, sie aber trotzdem schon bald wieder auf die Bühne zurückkehren wird, gerade, weil sie diese Anerkennung braucht.»