Die Temperatur ist minus zehn Grad, ein eisiger Wind pfeift um die Häuserschluchten von Kaliningrad (Rus). Nicht gerade Traumbedingungen, um stundenlang vor der Kamera zu stehen. Philippe Reinhardt (40) zieht sich den Kragen seines gefütterten Militärmantels hoch.
Der Zürcher dreht in diesen Wochen an der Ostsee zwischen Polen und Litauen den vierten Teil des Blockbusters «Diversant 4 – Ideal Storm». Der Film handelt von der dreitägigen Schlacht um Königsberg (Kaliningrad) im Jahr 1945.
Je 50 Millionen Zuschauer hatten die ersten drei Teile des russischen Kriegsepos im Fernsehen gesehen. Und der vierte Teil soll noch erfolgreicher werden. Reinhardt spielt eine der vier Hauptfiguren: einen Nazi, der trotz seiner Brutalität auch romantische Wesenszüge aufweist. «Die Rolle ist die grösste und vielseitigste, die ich je spielen durfte», erklärt er.
Doch wie kommt ein Schweizer Schauspieler überhaupt zu einer solchen Hauptrolle? «Mit Glück, harter Arbeit und noch mehr Durchhaltevermögen. Und mit jahrelangem Russischpauken!»
Komödie mit Til Schweiger
Vor 13 Jahren zog Reinhardt nach Berlin. Dort drehte er erst deutsche TV-Krimis («Alarm für Cobra»), dann hatte er einen kleineren Auftritt im Klamauk-Film «1½ Ritter» (2008) von Til Schweiger (57). 2012 erhielt er eine Anfrage aus Moskau: Ob er für eine Nebenrolle im Historien-Epos «Stalingrad» zur Verfügung stehen würde. «Ich sagte sofort zu, denn ich hatte nichts anderes in Aussicht.» Prompt wurde «Stalingrad» zum Kinohit.
Reinhardt bekam ein zweites Angebot aus dem Reich Putins, diesmal eine Hauptrolle in der Komödie «The Groom». Und damit ging es richtig los. Denn der Film wurde 2016 zur erfolgreichsten Komödie Russlands. Danach war er im russischen KZ-Drama «Sobibor» mit «Highlander» Christopher Lambert (64) zu sehen.
Gast im russischen Fernsehen
«Aber nichts von all dem toppt das, was ich jetzt machen darf», freut sich Reinhardt. Gegen hundert Szenen hat er in «Diversant 4». Und weil er inzwischen sehr gut Russisch spricht, ist er auch im russischen Fernsehen ein gern gesehener Gast.
Nur eines macht Reinhardt, der vor kurzem wegen des milderen Klimas zurück in die Schweiz gezogen ist, etwas zu schaffen: «Manchmal wünsche ich mir, ich hätte in einem Land so viel Erfolg, in dem es etwas wärmer ist.»