Regisseur Dani Levy erinnert sich an die ominöse «Motel»-Szene
«Der Kuss war schüchtern und unschuldig»

Dani Levy verkörperte 1984 den Küchengehilfen Peperoni in der TV-Serie «Motel». Diese Rolle machte den Basler schweizweit bekannt. Sie legte den Grundstein für seine Regie-Karriere in Deutschland mit Hits wie «Alles auf Zucker» oder «Mein Führer».
Publiziert: 04.07.2020 um 23:36 Uhr
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Regisseur Dani Levy in seiner Wohnung in Berlin. Er lebt seit mittlerweile 40 Jahren in der deutschen Hauptstadt, ist verheiratet mit Sabine Liedl und hat zwei Kinder, Hannah und Joshua. An der Schweiz vermisst er «vieles, von meinen Eltern bis zu Ragusa, von den Bergen bis zur Schweizer Lässigkeit».
Foto: Holger Talinski/laif
Jean-Claude Galli

Seit gestern wiederholt SRF 1 jeweils samstags die TV-Serie «Motel». 1984 lockte sie jeweils 820'000 Zuschauer vor die Bildschirme und warf hohe Wellen. Mit der Wiederholung geraten zwei Szenen wieder in den Mittelpunkt, die schweizweit für rote Köpfe sorgten: die Bettszene mit Silvia Jost (heute 75) als Erika Brunner und Jörg Schneider (1935–2015) als Koni Frei samt «Busenblitzer» sowie ein Kuss zwischen zwei Männern: Peter Freiburghaus (73) als schwuler Chef de Service und Dani Levy (62) als Küchengehilfe Peperoni.

Levy lebt mittlerweile seit 40 Jahren in Berlin und ist in Deutschland als Regisseur höchst erfolgreich. «Der Aufreger mit dem Kuss war natürlich ‹made by BLICK›. Dieser hat mit seiner Berichterstattung ja wirklich geholfen, dass ‹Motel› das ganze Jahr im Gespräch blieb. Der Kuss war eigentlich schüchtern und unschuldig – aber klar, heute wäre das ein Delikt. Ich denke, es war damals trotzdem wichtig, dass schwule Liebe oder Anmache im Haupt-Abendprogramm stattfand. Da hat ‹Motel› eine ganze Menge Themen stark bewegt.» 1984 stand Homosexualität durch die Aids-Epidemie gerade im Fokus der Öffentlichkeit und die Macher um Regisseur Thomas Hostettler (74) waren stets bemüht um grösstmögliche Aktualität.

«Offenbar war ich ziemlich frech»

Nach Abdrehen hat Levy keine Minute «Motel» mehr gesehen. «ich würde mir heute bestimmt in die Hose machen vor Lachen und dumme Sätze sagen wie: ‹Mensch, wie die Zeit vergeht.›» Nach der Ausstrahlung wurde er überall als «Peperoni» angesprochen. «Nach 36 Jahren ist es deutlich weniger geworden. Die unter 45-Jährigen können sich sowieso nicht erinnern, weil sie es gar nicht gesehen haben. Aber die Popularität von Peperoni war für meinen ersten Kinofilm ‹Du mich auch› 1986 und überhaupt für meine Bekanntheit hier entscheidend.»

Als «Motel» realisiert wurde, wohnte der gebürtige Basler bereits in Deutschland. «Ich fuhr für das Casting extra nach Zürich. Offenbar war ich ziemlich frech, aber das hat in diesem Fall geholfen. Peperoni war ja eigentlich eine Nebenfigur – ich hatte gar nicht so viele Drehtage. Aber für die Aufnahmen in Egerkingen bin ich jedes Mal von Berlin mit meinem VW-Käfer durch die Nacht gebrettert. Der Name Peperoni war übrigens Intuition – einfach eine witzige Idee. Und meine Haare waren echt, keine Dauerwelle.»

Levys letzter «Tatort» spaltete die Gemüter

Rückblickend taxiert Levy die Serie als bemerkenswert innovativ. «Das Schweizer Fernsehen hat mit ‹Motel› etwas riskiert und gewonnen. Es war thematisch mutig, technisch relativ neu, weil wir mit Video gedreht haben, und das Konzept einer Serie, die am Ende der Drehwoche schon ausgestrahlt wird, war ein echtes Risiko. Ich glaube nicht, dass das Fernsehen damals progressiver war, aber grundsätzlich möchte ich den Fernsehmachern immer zurufen: ‹Traut euch mehr!›»

Als Regisseur ist Levy selber immer zu Wagnissen bereit. Ein perfektes Beispiel war sein One-Take-«Tatort» von 2018, aufgenommen im KKL Luzern. Er könnte sich vorstellen, auch mit den neuen Schweizer «Tatort»-Kommissarinnen zu drehen: «Nicht nur, weil ich Fan von Carol Schuler bin.» Der Krimi wurde kontrovers aufgenommen, beim Publikum und bei den Journalisten. Kritik, die ihm immer nahegeht: «Weil hinter jedem Film jahrelange Arbeit steckt und unendlich viel Herzblut – und weil schlechte Kritiken leider tatsächlich viele Menschen abhalten, sich den Film anzuschauen.» Kritiker seien aber nicht per se böse, sondern allenfalls «schlampig und fantasielos».

Mit seinem jüngsten Film «Die Känguru-Chroniken» war Dani Levy punkto Kritiken gut unterwegs. Doch dann machte ihm beim Start Anfang März 2020 Corona einen dicken Strich durch die Rechnung. «Das war für unsere Firma und alle Verleiher ein Desaster. Der Film ist so sensationell gut gestartet, dass wir bestimmt zwei Millionen Zuschauer gehabt hätten. Das wird jetzt nicht mehr möglich sein.» Immerhin hat die Epidemie bisher keine kommenden Projekte tangiert oder verunmöglicht. «Ich hätte dieses Jahr sowieso nur geschrieben und nicht gedreht.» Zurzeit sitzt er an zwei Kinostoffen. Und an einer Serie. Womit sich der Kreis zu 1984 schliesst.

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