Silvia Jost und die SRF-TV-Serie «Motel»
Die Busen-Szene erregte eine ganze Nation

Ab Samstag, 4. Juli, wiederholt SRF 1 die 40-teilige Kultserie «Motel». Zwei Szenen gaben bei der Erstausstrahlung 1984 besonders zu reden. Ein Kuss zwischen zwei Männern und die Bettszene mit der Gouvernante (Silvia Jost) und dem Küchenchef (Jörg Schneider).
Publiziert: 03.07.2020 um 23:23 Uhr
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Aktualisiert: 28.11.2020 um 20:08 Uhr
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Silvia Jost im Juni 2020 bei der Bundesterrasse in Bern, im Hintergrund das Bundeshaus, das Bellevue und der Münsterturm.
Foto: Remo Eisner Photographie
Jean-Claude Galli

«Es ist furchtbar: Bleibt das ewig an mir hängen?», fragt Silvia Jost (75). «Da will man eine gute Schauspielerin sein, und dann heisst es bloss, das ist doch die mit dem Busenblitzer aus ‹Motel›.» 1984 verkörperte die Berner Schauspielerin in der ersten vom Schweizer Fernsehen selber produzierten Soap die Gouvernante Erika Brunner, die dem Küchenchef Koni Frei, gespielt von Jörg Schneider (1935–2015), näherkommt.

SRF 1 zeigt die 40-teilige Reihe ab heute jeweils am Samstagnachmittag als Reprise. Gedreht im Solothurner Motel Egerkingen an der Autobahn A 1, war das Format ein Gassenräumer. Durchschnittlich 820'000 Zuschauer waren jeden Sonntag dabei. Und über die Bettszene mit Jost und Schneider in Folge 17, in der kurz die Decke verrutscht, sprach deshalb die ganze Schweiz. «Von heute aus gesehen lächerlich, was das für eine Aufregung auslöste.»

Ziel der TV-Macher war es nicht, zu schockieren, sondern dem Publikum einen Spiegel vorzuhalten, als eine Art zeitgenössische Chronik, die ein ganzes Jahr abbildet. «Wir wollten unser Land darstellen, wie es wirklich ist. Mit aktuellen Themen und gewöhnlichen Leuten», so Jost. Drehbuchautoren waren u. a. Klaus Merz (74) und Lukas Hartmann (75), der heutige Ehemann von Bundesrätin Simonetta Sommaruga (60).

Nach anfänglichem Lob wurde in den Medien rasch scharfe Kritik laut. Die Serie sei zu trist und trostlos, es fehle der Glamour. «Dieser Druck war nicht einfach», erinnert sich Jost, «doch wir haben als Team zusammengehalten.»

In der Garderobe von Sir Alec Guinness

Aus der zeitlichen Distanz ist sie überzeugt: «‹Motel› war stilbildend und Regisseur und Erfinder Thomas Hostettler ein Visionär. Wir waren sogar früher dran als die ‹Lindenstrasse›, die erst ein Jahr später kam.»

Jost wurde als bereits äusserst profilierte Darstellerin ohne Casting engagiert. Ihr Leinwanddebüt gab sie 1970 in Kurt Frühs (1915–1979) «Dällebach Kari»-Verfilmung. Und auch 1978 bei «Die Schweizermacher», dem noch heute erfolgreichsten einheimischen Kinowerk, war sie dabei. 1982 wirkte sie sogar in der BBC-Serie «Smiley's People» mit Sir Alec Guinness (1914–2000) mit. «Ich war vor Ehrfurcht sprachlos, als ich ihm in der Garderobe die Hand schütteln durfte.»

Ein Leben für die Schauspielerei

Später konzentrierte sich Jost wieder vermehrt aufs Theater. Seit 2006 unterhält sie mit Ehemann Andreas Berger (61) in Messen SO eine Produktionsgemeinschaft und liest Hörbücher ein, so für die Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte. Heute aber sitzt sie vor dem Fernseher: «Ich bin höchst gespannt, wie ‹Motel› auf mich wirken wird und freue mich jetzt schon darauf, wenn im Intro dieser Dire-Straits-Song kommt.»


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