Sie gehört zu den bekanntesten Gesichtern der Schweizer Showbranche. Kenner schätzen ihre phänomenale Soul-Stimme und ihr Talent, damit verschiedenste Genres von Jazz über Soul bis Pop zu bedienen. Nubya (49) ist eine besondere Künstlerin. Kein Pop-Act mit Nummer-1- Hits, Skandalen und Schlagzeilen, sondern eine Frau für die Livebühne mit Stil und Charme. Das hat sie bei ihrem Auftritt an der Gala von «Auto des Jahres 2024» wieder eindrucksvoll bewiesen. Grund genug, mehr über die schöne Baslerin zu erfahren, die sehr viele spannende und unbekannte Seiten hat.
Nubya, wie würden Sie sich selbst beschreiben?
Nubya: Ich bin eine Frau aus der Schweiz mit Wurzeln in Nigeria. Auf meinen vielen Reisen durch die Welt merke ich immer, dass ich im Herzen sehr schweizerisch bin. Ich frage mich oft: Wo stehe ich im Leben? Was will ich, menschlich, beruflich, familiär?
Tun Sie das auch, wenn die Antworten schmerzen?
Auf jeden Fall. Denn zwischendurch frage ich mich: Wofür machst du das alles eigentlich? Am besten finde ich die Antworten in Metropolen. Ich liebe die Schnelligkeit von Grossstädten. New York etwa ist ein Ort, an den ich immer wieder gern zurückkehre. Ich liebe die besondere Energie dieser multikulturellen Stadt und verschmelze mit ihr. Wenn ich diese Inspiration brauche, reise ich am liebsten alleine. New York ist ehrlich, anspruchsvoll, fordernd, konfrontiert dich mit dir selbst. Aber es zeigt dir auch Wege auf. Diese Einsichten kann ich aber auch in Lagos haben, in meiner zweiten Heimat Nigeria. Der Überlebenskampf dort beeindruckt mich.
Mussten Sie auch schon ums Überleben kämpfen?
Nein. Wenn man in der Schweiz lebt, wäre es vermessen, das zu behaupten. Aber klar, auch ich habe meine Lebenskrisen, und das kann sich wie ein Kampf anfühlen. Ich habe darüber einen Song gemacht: «Storms Pass Over» – Augen zu und durch. Dann gehts wieder aufwärts.
Und künstlerische Krisen?
Ich habe eine Ewigkeit gebraucht, um den Menschen zu finden, mit dem ich beim Songschreiben perfekt harmoniere: Alan Glass. Zum Glück! Nach meinem letzten Album habe ich mit vielen tollen Leuten experimentiert. Doch beim Songwriting kamen wir nie richtig voran. Es war zum Verzweifeln.
Sie sind eine tolle Sängerin mit grossartiger Stimme. Trotzdem hatten Sie bis jetzt noch keinen Nummer-1-Hit. Warum?
Wüsste ich es, würde ichs ändern (lacht).
Setzen Sie sich unter Druck?
Nein. Ich glaube, wenn du einmal einen Nummer-1-Hit gehabt hast, dann hast du den Druck. Dann musst du wieder liefern. Ich habe immer von meinen Auftritten gelebt, davon, dass ich die Leute bei meinen Konzerten berühre.
Werden Sie manchmal unterschätzt?
Ich glaube schon. Nach einem Auftritt höre ich immer wieder den Satz: «Ich hatte ja keine Ahnung, was du mit deiner Band live ablieferst.» Und das nach 25 Jahren auf der Bühne! Ich schreibe meine eigenen Songs, schütte mein Herz aus, viele meiner Lieder sind sehr persönlich. Dennoch höre ich auch immer wieder mal die Aussage: Du bist so reserviert.
Und – sind Sie reserviert?
Nein, eigentlich nicht. Aber ich muss zu einem Menschen Vertrauen haben, bevor ich mich öffne.
Sind Sie vielleicht manchmal zu nett?
Vielleicht habe ich das Image von: Ah, das ist die im langen Kleid, die Balladen singt, gut aussieht und nett ist. Ja, ich bin eine nette Person. Ich mag Leute nicht, die andere respektlos behandeln. Das kann ich nicht ausstehen!
Dieser Artikel wurde erstmals in der der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.
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Wie wichtig ist Ihnen Authentizität in einem oft sehr oberflächlichen Business?
Sehr! Ich würde nichts machen, das mir nicht gefällt, keinen Song singen, hinter dem ich nicht 100 Prozent stehe. Ich will die Leute berühren, direkt im Herzen, sie zum Nachdenken anregen, ihnen Kraft geben. Dafür muss ich authentisch sein. Das klingt jetzt pathetisch. Aber es ist für mich wirklich so. Deshalb liebe ich LiveAuftritte so, es gibt nichts Direkteres.
Hadern Sie manchmal mit der Musikbranche, dem Showbusiness?
Ganz ehrlich: Ja, die Musikbranche kann manchmal tatsächlich ein Scheissbusiness sein. Statt um Emotion geht es um möglichst viele Follower. Umso wichtiger ist es, sich selber treu zu bleiben.
Sie sind eine öffentliche Person. Wie gehen Sie mit Meinungen von anderen über Sie um?
Ich wäge ab, wie viel ich von mir preisgebe. Ich verstehe zum Beispiel nicht, warum andere Bilder von sich beispielsweise aus dem Spital posten.
Worüber sprechen Sie öffentlich bewusst nicht?
Meine Eltern. Die habe ich von Anfang meiner Karriere an aus meinem öffentlichen Leben rausgelassen – oder jedenfalls fast komplett, weil ich auch ihre Privatsphäre respektiere.
Trotzdem, so viel weiss man über sie: Ihre Eltern haben sich getrennt, als Sie zwei Jahre alt waren. Ihre Basler Mutter hat Sie mit ihrer grossen Plattensammlung sehr geprägt. Ihr nigerianischer Vater ist zurück in seine Heimat und hat dort eine weitere Familie gegründet. Wie präsent war er in Ihrem Leben?
Er hat uns einmal pro Jahr besucht. Seine zweite Frau, mit der er 35 Jahre, bis zu seinem Tod, verheiratet war, hat mich früh in meine afrikanische Familie integriert. Sie liess mich von Anfang an wissen: Es ist wichtig, dass du auch deine afrikanische Seite kennenlernst. Du bist immer willkommen. Das war sehr wertvoll.
Welche Reaktionen erlebten Sie in der Schweiz auf Ihre afrikanische Herkunft?
Oft bin ich darauf reduziert worden. Dabei bin ich ja von hier, fühle mich hier zugehörig. Trotzdem bekam ich doch immer wieder das Gefühl vermittelt, hier nicht richtig hinzugehören. In Afrika wiederum hat man mich auf meine Schweizer Herkunft angesprochen. Besonders in jungen Jahren war auch das schwierig. Schlimm war für mich auch, dass mein Äusseres hier oft negativ bewertet wurde. Meine Haare, meine Gesichtszüge seien komisch, hiess es. Ein Gamechanger war für mich Whitney Houston. Ich war 14, als sie über Nacht berühmt wurde. Und plötzlich wurde auch ich anders, positiver, wahrgenommen. Sie wurde zu meinem Idol. Ich sah sie und dachte: Ich habe auch eine Stimme, ich will auch singen!
1999 sind Sie im Hallenstadion vor Whitney Houston aufgetreten. Dabei gabs ein technisches Problem. Sie sangen aber weiter – ohne Musik, vor 12'000 Menschen!
Die Anfrage kam einen Tag vor dem Konzert. Ich war sprachlos, aber habe mich natürlich auch extrem gefreut. Ich hatte einen Keyboarder dabei, mit dem ich schon eingespielt war, die restliche Musik sollte ab CD kommen. Ich brachte vier, fünf Songs mit, mit denen ich die halbe Stunde vor Whitney Houston füllen wollte – dann fiel die Technik aus. Ich dachte, wenn ich jetzt abwarte, bis das Problem gelöst ist, ist die halbe Stunde vorbei. Dann singe ich halt a cappella. Die Leute waren voll bei mir. Ein unglaublicher Moment.
Haben Sie Whitney Houston getroffen?
Sie war zu diesem Zeitpunkt schon sehr berühmt und eine Diva. Es hiess, bevor sie zur Bühne geht, müssten wir in unsere Garderoben und die Tür schliessen. Mit einer Freundin zusammen habe ich mich nicht an die Regeln gehalten. Als Whitney an uns vorbeiging, hat sie uns genervt angeschaut. Aber ich war meinem Idol auf einen Meter Abstand nah. Das war es wert.
Sehen Sie sich als Vorbild für andere, die ebenfalls zwei Kulturen in sich tragen?
Im Jahr 2000 habe ich die Sendung «Cinderella» auf TV3 moderiert. Ich war, glaube ich, die erste dunkelhäutige Moderatorin der Schweiz. Darauf werde ich bis heute angesprochen. Viele sagen, es hätte ihnen Mut gemacht, mich am Fernsehen zu sehen. Das war mir nicht bewusst und macht mich stolz. Gleichzeitig sind mir die Black-Lives-Matter-Unruhen in den USA vor drei Jahren sehr unter die Haut gegangen.
Was ging Ihnen da durch den Kopf?
Ich hatte früher auch Angst, wenn mir Skinheads begegnet sind. Wenn ich abends nach Hause gegangen bin, hat immer mindestens ein Auto angehalten, weil Männer dachten, ich sei eine Prostituierte. In jungen Jahren war ich bei Avancen von Männern vorsichtig, weil ich irgendwann merkte, dass manche nur darauf aus waren, mit einer schwarzen Frau zu schlafen. Das alles ging mir durch den Kopf, wie Menschen aufgrund ihres Aussehens herablassend behandelt werden. Aber mir wurde auch bewusst, dass ich einen Wert habe – genauso viel wie alle anderen auch. Diese Einsicht hat mich aber auch sehr gestärkt. Grundsätzlich lebe ich nach dem Motto, Probleme sind dazu da, um sie anzupacken. Deshalb stresst mich heute vieles nicht mehr.
Wohin geht die Reise musikalisch?
Im Februar erscheint mein neues Album, das ich in Belgien und England produziere. Ich freue mich darauf, es auf möglichst vielen Bühnen vorzustellen, in der Schweiz und im Ausland. Das Album wird «Coming Home» heissen.
Welche Bedeutung steckt dahinter?
Den Song «Coming Home» habe ich als Albumtitel gewählt, weil er mein aktuelles Gefühl ausdrückt. Je älter ich werde, desto mehr komme ich zu mir selbst heim. Ich glaube, das geht den meisten so. Ich bin zu Hause, ich bin in meiner Beziehung, in meinem Leben.
Sie haben 2018 den Bankier Johannes Barth geheiratet – ganz in Weiss.
Ich finde, Heiraten ist eine schöne Art, um sich gegenseitig zu sagen: Du bist es, mit dir will ich den ganzen Weg gehen. Die Zeremonie symbolisiert für mich ein innerliches Ankommen, ein Commitment zueinander. Aber es ist auch nicht so, dass nach dem Hochzeitstag plötzlich alles anders war. Ich bin die Gleiche geblieben –und meine Musik ebenso.
Wie werden Sie die Festtage verbringen?
Weihnachten sind wir mit der Familie zusammen.
Sie und Ihr Mann?
Genau. Für mich ist es die Zeit, die man mit Freunden und der Familie verbringt. Die ganze Schenkerei kann man sich von mir aus gern schenken.
Ihre Vorsätze für das nächste Jahr?
Mit meiner Musik möglichst viele Leute erreichen und berühren.