Er gehört zu den erfolgreichsten Musikern der Schweiz: Ritschi (44), Hit-Sänger und Frontmann der legendären Mundartpopband Plüsch. Doch trotz Super-Hits wie «Heimweh» sieht Ritschis Abrechnung auf Spotify alles andere als beeindruckend aus. Ganze 0,04 Franken hat er für die Abrufe eines seiner Alben auf dem Streaming-Giganten verdient. Dies gibt der Musiker selber mit einem Screenshot auf Instagram preis.
«Yes… Gerade meine Spotify-Abrechnung bekommen! Der Ferrari ist bestellt», scherzt Ritschi im Kommentar unter dem Bild, das die Abrechnung zeigt, die nicht mal auf 10 Rappen kommt. «Ach und an alle Unwissenden, das bedeutet nicht, dass es nicht gestreamt wurde», erklärt der Sänger weiter. «Das ist 2023.»
«Spotify vernachlässigt Schweizer Musikmarkt»
Auf Anfrage von Blick präzisiert er: «Grundsätzlich ist zu sagen, dass in dieser Abrechnung weder mein aktuelles Album ‹Irgendöppis isch immer› noch meine ganz grossen Hits erfasst sind», stellt er klar. Es beziehe sich ausschliesslich auf eines seiner früheren Alben und auch auf einen Zeitraum, den er «ehrlich gesagt» nicht wisse. «Diese Abrechnungen sind meist sehr unübersichtlich, da es sich um seitenweise Streams handelt», fügt er an. Unklar sei für ihn, ob dies Kalkül sei, damit sich die Künstler nicht damit beschäftigen, meint er mit einem Lachen.
Mit dem Post wollte er zeigen, «wie wenig wir Musiker noch für unsere Arbeit bekommen», so Ritschi. «Nur der Aspekt, dass ich eine Abrechnung über vier Rappen erhalte, war für mich doch sehr skurril. Und ich denke, die Reaktionen auf meinem Post sprechen für sich.»
Anteil gestreamter Mundart-Musik ist klein
Die Mundartproblematik in der Schweizer Musikszene ist nicht neu. Bereits im Juli machte eine Auswertung des US-Datenerhebungsunternehmens «Luminate» klar: In der Schweiz macht der Anteil Schweizerdeutscher Musik auf Streamingdiensten lediglich 1,1 Prozent aus. Mundart rangiert damit sogar hinter Albanisch (1,2 Prozent), Italienisch (2,1 Prozent) und Spanisch (4,4 Prozent). Am meisten gehört wird Musik auf Englisch (60 Prozent), Hochdeutsch (15 Prozent) und Französisch (8 Prozent). Dass Mundart so schlecht abschneide, habe ganz klar mit dem marktführenden Musikstreaming-Portal Spotify zu tun, erklärte Philipp Truniger (42) vom Branchenverband Schweizer Musiklabels IFPI damals in einem Blick-Interview: «Spotify vernachlässigt, diskriminiert und behindert den Schweizer Musikmarkt seit Jahren», sagt er.
Die Schweizer Musikbranche poche seit Markteintritt auf eine lokale Kuratierung für Wiedergabelisten: «Die Verantwortlichen vertrösten uns aber immer wieder und weisen auf fehlende Ressourcen hin. Dies, obwohl Spotify in der Schweiz jährlich schätzungsweise über 120 Millionen Franken umsetzt. Das passt nicht zusammen.»
Ritschi will über das Thema aufklären
Ritschi will weiterhin auf dieses Problem aufmerksam machen und kündigt weitere Inhalte auf sozialen Medien und Referate zu diesem Thema an. «Es ist kaum möglich, als Mundartkünstler in der Schweiz noch rentabel Musik zu produzieren. Das Geschäftsmodell geht immer mehr in Richtung Influencer oder Kooperationen mit Firmen, die das fehlende Geschäft mit den Tonträgern auffangen», erklärt er. «Dies funktioniert vor allem bei etablierten Künstlern gut. Newcomer oder Independent-Künstler haben es hingegen sehr schwer im Jahr 2023 noch von Musik leben zu können.»
Für ihn sei es «Pflicht, als etablierter und erfolgreicher Künstler auf diese Tatsachen aufmerksam zu machen», sagt er. Und fügt an: «Dies soll weder jammernd noch frustriert klingen. Dennoch ist es oft schwierig, ohne einen gewissen Unterton diese Thematik zu beleuchten. Das Ungleichgewicht von Mundart-Musik zu englischer oder internationaler Musik ist sehr gross.»
Der Streamingdienst Spotify liess eine Anfrage von Blick unbeantwortet.