Hellste Freude trotz trübem Himmel gestern in Bern bei der Pressekonferenz zum 74. Locarno Film Festival. «Es gab das Wunder von Bern, und es gibt das Wunder von Locarno», schwelgt Festival-Präsident Marco Solari (77) in Superlativen. «Wir kommen gestärkt aus der Krise hervor, auch dank dem Enthusiasmus unseres Teams.» Nach der hybriden Version 2020 ist dieses Jahr wieder eine physische Austragung mit Publikum möglich.
«Ein Online-Festival interessiert uns nicht», sagt COO Raphaël Brunschwig (37). «2020 mussten wir unsere Reserven nicht angreifen, auch dank öffentlicher und privater Unterstützung.» Für 2021 rechnet er allerdings mit einem grösseren Defizit, weil die Zuschauerkapazität durch die Corona-Auflagen reduziert ist.
Weltpremiere von «Monte Verità» auf der Piazza Grande
Ganz besonders nervös ist Giona A. Nazzaro (56), der als neuer künstlerischer Leiter sein erstes Programm vorstellt. «Ich fühle mich wie Romy Schneider als Sissi vor dem grossen Kaiserball», scherzt der in Zürich aufgewachsene Filmkritiker. Sein Credo ist klar: «Langeweile verboten. Wir wollen die Rückkehr ins Kino feiern. Ohne Publikum gibt es kein Festival und auch keine Filme.»
Seine Auswahl für die Piazza Grande unterstreicht das. «Beckett» von Ferdinando Cito Filomarino (34) mit Alicia Vikander (32) eröffnet am 4. August das Festival. Am 7. August folgt die Weltpremiere von «Monte Verità» von Stefan Jäger (51) mit den Schweizer Jungstars Joel Basman (31) und Max Hubacher (28). Daneben sind aber auch moderne Klassiker wie «Heat» und «Terminator» oder «Animal House» von John Landis (70) zu sehen, der gleichzeitig den Ehren-Leopard erhält.
Ins Rennen um den Goldenen Leopard gehen im internationalen Wettbewerb 17 neue Filme. Darunter so unterschiedliche Werke wie «Zeros and Ones» von US-Starregisseur Abel Ferrara (69) oder das isländische Drama «Leynilögga». Es stammt von Hannes Halldórsson (37), dem Torhüter der isländischen Fussball-Nati, der auch Filmemacher ist.