Die SRF-Sendung «Sternstunde Philosophie» vom 19. Juni 2022, geleitet von Moderator Yves Bossart (39) behandelt ein allgegenwärtiges Thema: Es geht um Influencerinnen und Influencer, um Selbstoptimierung und Narzissmus. Zu Gast sind Journalistin Anna Miller (35), ihres Zeichens ebenfalls Social-Media-Persönlichkeit, und der Youtuber Wolfang M. Schmitt (35). Nebst Beauty-Wahn und Reise-Blogs geht es aber auch um Aktivismus auf den sozialen Medien – hier kommt Anna Rosenwasser ins Spiel. Die Journalistin wird von Bossart als gutes Beispiel dafür genannt, wie man Instagram und Co. für politische Botschaften (in ihrem Fall die Anliegen der LGBTQ-Community) benutzen kann. Nur: Rosenwasser gefällt nicht, dass sie genannt wird, wie sie auf ihrem Instagram-Kanal preisgibt.
Der Zürcherin stösst sauer auf, dass die Redaktion «aus allen Aberdutzenden öffentlichen Bildern von mir das einzige, auf dem ich nichts anhabe», auswählte. Zur Erklärung: Auf dem Bild, das eingeblendet wird, ist der Ansatz von Rosenwassers Brust zu sehen. Es sei zwar durchaus Intelligentes zum Thema gesagt worden, findet die Aktivistin – ihr missfällt hingegen, dass «irgendein Philosoph» ihr «Nacktheit im Schweizer Fernsehen» vorwerfe. Dazu habe sie nie eingewilligt – ausserdem würde ihre Arbeit abgewertet. Mittlerweile habe sie das Bild archiviert, damit es nicht mehr für die Öffentlichkeit sichtbar sei, fährt sie fort. Und schliesst ab: «Mein Körper gehört mir, angezogen und ausgezogen, bezahlt und unbezahlt, mit Publikum oder ohne.» Ausserdem bemängelt sie, dass zwar über Influencerinnen und Influencer gesprochen werde, aber keine zugegen gewesen seien: «Offenbar traute man Influencerinnen nicht zu, selbst über ihre Arbeit zu philosophieren», wirft sie SRF weiter vor.
SRF reagiert
Dem Online-Lokal-Magazin «ZüriToday» erklärte die Leiterin der «Sternstunden»-Reihe Judith Hardegger, man könne nicht «verabsolutieren», dass bei bestimmten Diskursen jeweils immer Betroffene in den Sendungen vorkämen. Die «Sternstunde Philosophie» betrachte gesellschaftliche Phänomene jeweils mit einer gewissen Distanz, führt Hardegger weiter aus, ansonsten «müssten in einer Sendung über Populismus ja auch Populisten vorkommen.» Den Vorwurf, dass in der Sendung keine Fachkenntnisse gefragt gewesen seien, lässt sie genauso wenig auf sich sitzen. Die Gäste hätten eine ausgewiesene Expertise.
Auch den Vorwurf, SRF habe Rosenwassers Arbeit diskreditiert, kontert Hardegger gegenüber «ZüriToday»: «Sie wurde gerade als besonders positiv herausgehoben und es wurde betont, dass viele Aktivist:innen auf Social Media wichtige Arbeit machen», erklärt die Leiterin der «Sternstunden». Trotzdem entschuldigt sie sich im Namen des Senders für die Bildwahl – man habe die Influencerin damit nicht brüskieren wollen – «wir fanden das Bild passend, weil es ein wichtiges Anliegen thematisiert (Selbstbestimmung über den weiblichen Körper), was wiederum die Wichtigkeit von Rosenwassers Tätigkeit unterstreicht», erklärt sie die Entscheidung. Mittlerweile befände sich SRF mit der Zürcherin im Gespräch, erklärte die Aktivistin selbst. Aus diesem Grund wolle sie sich nicht weiter zur Thematik äussern. (las)
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