SRF-Sendung wird 50
«Söll emol cho!» und neun weitere legendäre Teleboy-Fakten

Von 1974 bis 1981 war «Teleboy» ein Fixpunkt im Leben aller Deutschschweizer. 36 Mal lockte die TV-Quizshow mit Kurt Felix am Samstagabend bis zu zwei Millionen Zuschauer vor die Bildschirme.
Publiziert: 23.02.2024 um 18:05 Uhr
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Aktualisiert: 23.02.2024 um 18:21 Uhr
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Moderator und Format-Erfinder Kurt Felix mit dem Maskottchen der TV-Show «Teleboy», die von 1974 bis 1981 36 Mal im Schweizer Fernsehen lief.
Foto: SRF
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Jean-Claude GalliRedaktor People

Vor fünfzig Jahren, am 23. Februar 1974, lief die erste «Teleboy»-Ausgabe auf SRF, moderiert von Kurt Felix (1941–2012), der dieses TV-Monument zusammen mit Produzent Max Sieber (81) entwickelt hatte. «Teleboy» war das erste Schweizer Quizformat am Samstagabend und gilt heute als Kultsendung, die meisten Menschen erinnern sich vor allem an die Scherze mit der versteckten Kamera und an das Maskottchen mit der verzerrten Computerstimme.

Doch nicht die Sendung ist eigentlich Kult, sondern die Erinnerung daran. Der Kult entsteht rückblickend, weil man sich beim Wiedersehen in vergangene Zeiten und Moden zurückversetzt fühlt. «Teleboy» war damals ein stimmiges Abbild der Schweizer Gesellschaft und ein rares Highlight im noch mageren SRF-Programm. Das Zuschauen mit der ganzen Familie versammelt vor dem TV-Apparat wurde zum wiederkehrenden Fixpunkt und Ritual.

Die Erfindung

Foto: intern

Entstanden ist «Teleboy» laut max Sieber dank «Glück und Fleiss». «Stundenlang sassen wir in Kurts Büro. Wenn einer eine Idee hatte, spann sie der andere weiter. Wir planten eine Familienshow. Ehepaare sollten gegeneinander antreten, dazu gabs einen Pointenwettbewerb und eine versteckte Kamera. Am Ende entwarf Kurt mit einem Zeichner die wackelnde Figur. Die fand ich überhaupt nicht lustig. Doch zum Glück hat Kurt nicht auf mich gehört.»

Das Erfolgsrezept

Zwei ganz normale Ehepaare spielten gegeneinander und wurden dabei mit Problemen aus dem täglichen Leben konfrontiert. Die Gags mit der versteckten Kamera dienten der Auflockerung. Begleitorchester war die DRS-Bigband unter der Leitung des fingerschnippenden Hans Moeckel (1923–1983). Dazu kamen Sketch-Einlagen mit Stephanie Glaser (1920–2011) als Tante Elise und ihrem Goldfisch Traugottli, Fredy Lienhard (1927–2012) als Onkel Fritz, Ursula Schaeppi (83) als Göre Ursula und die Auftritte von Schweizer Acts wie Urs Kliby (73) mit seiner Bauchrednerpuppe Caroline oder dem Trio Eugster.

Höchste Quote und Wirkung

Die Ausgabe vom 13. September 1975 erzielte mit 2’073’000 Zuschauenden die höchste je gemessene Zahl in der Schweiz. Dieser Wert ist noch bemerkenswerter, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Schweiz 1975 erst rund 6,3 Millionen Einwohner hatte. «Wirte schlossen die Restaurants, Vereine verschoben ihre Jahresversammlung, weil alle zu Hause blieben und unsere Sendung schauten. ‹Teleboy› wurde zum echten Strassenfeger», so Max Sieber.

Die versteckte Kamera

Foto: SRF

Gags wie das in fremden Kaffee getunkte Gipfeli, das Seeungeheuer Urnie oder das unkontrollierbare Modellflugzeug sind ins kollektive Gedächtnis eingegangen. Der Satz «Söll emol cho!» gehört noch heute zum Wortschatz, derer, die die Sendung damals live sahen. Der Bauer, der die Fernbedienung hielt und das Flugzeug trotzdem nicht steuern konnte, hatte die Worte nur einmal gesagt. Der Satz wurde kopiert und in den Film geschnitten und wirkte so viel stärker.

«Teleboy» als Sprungbrett

Foto: STEFAN BOHRER

Zuerst war Kurt Felix skeptisch, ob Kliby und Caroline Erfolg haben würden. «Für die Bühne reicht es zwar, aber fürs Fernsehen bist du noch nicht gut genug», meinte er. 1977 holte er sie erstmals in den «Teleboy», das Echo war riesig. Heino Orbini (85, eigentlich Heinz Hürbi), war in über 80 Episoden der versteckten Kamera der Lockvogel. Als Witzeerzähler «Guschti Brösmeli» verkaufte er später rund 600'000 Tonträger und unterhielt ein kostenpflichtiges Witz-Telefon. Auch Ursula Schaeppi verdankt ihre Popularität dem «Teleboby». Von 1987 bis 1993 setzte sie ihren Erfolg in der Quizsendung «Traumpaar» mit Walter Andreas Müller (78) als «Adam und Eva Chifler» fort.

Der Lohn

Foto: Sobli

«Meine Frau Paola sang einmal ‹Blue Bayou› und erhielt dafür mehr Geld als ich in einem Monat als festangestellter TV-Mann bei der SRG. Mein Lohn als ‹Teleboy›-Erfinder und Moderator betrug rund 3500 Franken im Monat plus 15 Franken Kleiderentschädigung pro Sendung», erzählte Felix in einem Blick-Interview.

Das Erbe

36 Shows gab es insgesamt, 19 sind zum Teil erhalten geblieben. Die Aufzeichnungsbänder waren sehr teuer: Eine Rolle kostete 4300 Franken. Die Bänder wogen acht Kilo und beanspruchten viel Platz. Viele wurden mehrfach mit anderem Material überspielt. «Auch ich gehörte zu diesen Nullcheckern, die aus Sparwut die unsinnigen Vernichtungsaktionen mitmachten, und stampfte fünfzehn ‹Teleboy›-Sendungen ein», erinnerte sich Felix einmal.

Souvenirs

Bis am 3. März läuft auf ricardo.ch die Versteigerung eines fast drei Meter grossen Original-«Teleboys», der Einstiegspreis beträgt 9999 Franken. Regelmässig in den Verkauf gelangen auf einschlägigen Plattformen auch «Teleboy»-Sparkässeli, in die den Kandidaten damals bei richtigen Antworten Goldvreneli gesteckt wurden.

Keine Neuauflage

Ein Revival ist schwerlich möglich, jedenfalls nicht unter diesem Namen. Der Telekommunikationsanbieter Teleboy wurde 2002 gegründet und gehört zur Tom Talent Holding AG des Schweizer Internet-Pioniers Thomas Sterchi (54). Ausserdem könnte die Show im Gegensatz zu «Benissimo» kaum recycelt werden, ohne dass sie ihren Charme und ihre Wirkung verlöre, nur schon, weil Kurt Felix schmerzlich fehlt.

Das Ende

Foto: Sobli

Die letzte Sendung lief am 31. Dezember 1981. Felix hatte von der ARD das Angebot bekommen, «Verstehen Sie Spass?» zu moderieren. Sein Abgang bedeutete das Ende von «Teleboy», mehrere wichtige Mitarbeiter wie Heino Orbini folgten ihm nach Deutschland.

Jubiläumssendung am Samstag, 24. und Sonntag, 25. Februar (23.35 resp. 18.15 Uhr, SRF1) mit Paola Felix, Max Sieber, Kliby und Caroline sowie Heino Orbini. 

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