Seit nunmehr zwei Monaten sind Züri West mit ihrem neuen Album «Loch dür Zyt» in den Top Ten der Schweizer Hitparade vertreten. Wer das Loch durch die Zeit ganz durchbohrt, landet im Fall der Berner Mundartband beim 9. Februar 1984. Dieser Tag markiert als Gründungsdatum die eigentliche Geburtsstunde der Formation. Von Beginn weg dabei waren Schlagzeuger Sam Mumenthaler (62), Gitarrist Peter von Siebenthal (65), Bassist Peter Schmid, Gitarrist Küse Fehlmann (60) und Sänger Kuno Lauener (62) – er und Fehlmann sind heute nach diversen Umbesetzungen die einzigen verbliebenen Gründungsmitglieder.
Lauener war anfangs 1984 noch Teil der Band «Body Lotion», konnte jedoch erfolgreich abgeworben werden. Gegenüber Blick erinnerte er sich schon früher an ein «wildes Brainstorming», was die Namensfindung der Band angeht. Wer die Idee dazu wirklich hatte, ist nicht mehr einwandfrei feststellbar. Mumenthaler schildert die Namensfindung im neuen Podcast «8424» als ein «Pingpong-Spiel mit möglichen Vorschlägen». Auch «Bern Ost» stand offenbar zur Debatte, «manche Ideen waren eher spätpubertierend». Lauener sagt, dass die Band mit ihrer Namenswahl eigentlich hätte provozieren wollen, aber dann mit offenen Armen empfangen worden sei. «Jedenfalls fielen wir auf. Bern/Zürich war damals ein Entweder/Oder-Ding. Und wir waren die Schnittmenge.»
Ein Spaghettiessen mit Folgen
Unausgesprochen schwang aber sicherlich auch dieses eigentümliche Minderwertigkeitsgefühl gegenüber Zürich mit, das fast jeden Berner plagt und ihn behaupten lässt, das Schönste dort sei der Wegweiser zurück nach Bern. Züri West als Umschreibung von Bern als westlichem Vorort der einzigen Schweizer Grossstadt. Ein tief verinnerlichtes Understatement, das jahrzehntelang auch den BSC Young Boys, dem Züri West stark verbunden ist, verkörperte und gleichzeitig lähmte.
Der eigentliche Gründungsakt von «Züri West» war ein unspektakuläres Spaghettiessen mit «einigem Alkohol» in der Wohnung von Sam Mumenthaler im Anschluss an eine Übungssession, wie sich die Gründungsmitglieder erinnern. Die erste Veröffentlichung der neu formierten Band folgte 1985 mit einem Mitschnitt des legendären Auftrittes im Kino «Splendid», 1986 erschien die EP «Kirchberg», 1987 das erste Album «Sport und Musik». Der Durchbruch gelang schliesslich 1989 mit dem zweiten Album «Bümpliz-Casablanca», weitere zwölf Studioalben folgten bis heute. Darunter 1994 das kommerziell erfolgreichste mit dem Überhit «I schänke dr mis Härz».
Live wird die Band aufgrund von Kuno Laueners MS-Erkrankung bekanntlich nie mehr spielen. So geht als allerletzter Auftritt jener vom 15. September 2018 bei den «Music Days» in Stäfa ZH in die Geschichte ein. Angesichts der grossen Resonanz und des Erfolgs des aktuellen Albums sowie der Stimmung in der Band sind weitere Studio-Produktionen jedoch nicht ausgeschlossen. «Züri West isch en auti Maschine, wo louft u louft u louft», hat Lauener bei Konzerten jeweils den Text des Songs «Blues» leicht abgewandelt. Es ist ein tröstliches Versprechen für die Fans, ohne absehbares Ende.