Ex-Miss Laetitia Guarino (28) arbeitet als Ärztin auf der Corona-Intensivstation in Neuenburg
«Plötzlich sind alle Impf-Experten»

Eigentlich ist die Miss Schweiz von 2014, Laetitia Guarino, als Ärztin auf der Chirurgie-Abteilung im Einsatz. Für einen Erfahrungsaustausch arbeitet sie seit November aber auf der Corona-Intensivstation. Dort erlebt sie schwierige Zeiten.
Publiziert: 12.01.2021 um 02:10 Uhr
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Aktualisiert: 12.01.2021 um 16:52 Uhr
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Ex-Miss-Schweiz Laetitia Guarino arbeitet seit dem Abschluss ihres Medizinstudiums als Ärztin. Eigentlich ist sie auf der Chirurgie-Abteilung im Einsatz. Um Erfahrungen zu sammeln, arbeitet sie nun auf der Intensivstation der Covid-Patienten am Spital Neuenburg.
Foto: Jo Simoes PhotographerAvenue du Mont Blanc 311196 Gland
Michel Imhof

Während ihrer Amtszeit als Miss Schweiz von 2014 bis 2015 war Laetitia Guarino (28) gut beschäftigt, doch so ein Pensum wie derzeit hatte die eigentlich in der Chirurgie-Abteilung arbeitende Ärztin noch nie. Seit November 2020 ist sie zum Erfahrungsgewinn in der Corona-Intensivstation des Pourtalès-Spital in Neuenburg im Einsatz. «Oft denke ich auch nach dem Feierabend an meine Patienten und an ihre Familien. Manchmal kann ich deswegen nicht schlafen», erzählt sie. «Ich bin zwar Ärztin, aber auch ein Mensch.»

Die Tage sind lang: Rund 13 Stunden dauern die Arbeitstage von Guarino. «Ich habe etwa beim Start der zweiten Welle in der Intensivstation angefangen. Täglich musste man sich um immer mehr Menschen kümmern», sagt sie. Das schlage sich auch aufs Personal nieder. «Viele sind schon seit Beginn der Pandemie in dieser Abteilung. Ich merke, dass das Team müde von der Situation ist. Und es ist noch keine Besserung in Sicht.»

Immer wieder mit dem Tod konfrontiert

Schwierig sei für die Waadtländerin, in der herausfordernden Situation kühlen Kopf zu bewahren. Immer wieder wird sie mit dem Tod konfrontiert, viele der Patienten werden beatmet. «Oft zählt jede Minute. Die meisten benötigen Sauerstoff und intensive Betreuung. Einige Patienten sind nur fünfzig Jahre alt, wie meine Eltern. Das stimmt mich nachdenklich.»

Ans Herz geht ihr der Kontakt zu den Familien. Die Ärzte dienen wegen der Kontaktbeschränkungen auch als Vermittler zu den Angehörigen. «Wir tauschen uns über den Patienten und die gesundheitliche Situation aus. Besuche sind nur mit zusätzlichem Aufwand und Schutzmassnahmen vereinzelt möglich.»

Sie werde sich impfen lassen, es brauche Vertrauen

Die Ex-Miss ist sich bewusst, dass sie bei der Arbeit einem höheren Ansteckungsrisiko ausgesetzt ist. «Angesteckt habe ich mich zum Glück noch nicht, wir achten auf Handhygiene und haben gute Schutzmassnahmen, tragen die entsprechende Kleidung, Masken und Brillen.»

Sobald sie an der Reihe sei, werde sie sich auch impfen lassen. Skepsis sei hier für sie fehl am Platz: «Plötzlich sind alle auf sozialen Medien Impf-Experten. Klar wurde der Impfstoff in kurzer Zeit entwickelt, dafür hat aber auch die ganze Welt daran geforscht. Es braucht jetzt Vertrauen.»

Überraschung für Grossmami Ana

Zeit fürs Privatleben hat Guarino kaum. An Silvester hatte sie Dienst, an Weihnachten konnte sie im kleinen Rahmen mit ihrer Familie in Fraudeville VD feiern. «Meiner 75-jährigen Grossmutter Ana haben wir aber klargemacht, dass es keine gute Idee ist, dass sie mit uns mitfeiert», erzählt Guarino. «Also bin ich zu ihr gefahren und habe sie unter der Berücksichtigung aller Empfehlungen überrascht. Das war schön.»

Die Zeit auf der Intensivstation dauert für die Ärztin noch zwei Monate, danach gehts wieder zurück in die Chirurgie. «Ich hoffe, dass sich die Corona-Situation mit der Impfung bald beruhigt», sagt Guarino. Einen Plan, was sie danach macht, hat sie noch nicht. «Im März feiere ich mit meinem Freund Stefano das zehnjährige Beziehungsjubiläum», sagt sie. Und scherzt: «Vielleicht hat er sich bis dahin ja überlegt, ob er endlich um meine Hand anhalten will.»

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